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Berlin: The Metro (1982)

Berlin sind eine der Achtziger-Popbands, die eher in Vergessenheit geraten sind: Ihr Vermächtnis ist hauptsächlich der Hitsong „Take My Breath Away“ aus TOP GUN; das dazugehörige Album, ihr drittes, verkaufte sich allerdings eher schäbig und somit löste sich die Gruppe kurz darauf auf. Durchaus schade, da ihre Mixtur aus Blondie-eskem New-Wave-Rock und kühlem Synthpop einige famose Songs hervorbrachte.

„The Metro“ ist vom ersten Album PLEASURE VICTIM, wo sich die Band anstrengte, ihre Frontfrau Terri Nunn als Sexgöttin zu verkaufen: Terri posiert auf suggestiven Photos und wird in den Credits mit „Vocals & BJs“ gelistet; auch die Texte hauen mitunter in die gleiche Kerbe – vor allem auf der Single „Sex (I’m a …)“, wo Terri Zeilen wie „I’m a toy, come and play with me, say the word now / Wrap your legs around mine and ride me tonight“ schnurren darf. Und obwohl die Ironie von Blondie fehlt, reihen sich auf dem recht kurzen Album (7 Tracks) einige Killersongs aneinander: Neben „Sex“ auch „Tell Me Why“ und „Masquerade“ – und eben „The Metro“, das lässig genug ist, um Jahre später von System of a Down gecovert worden zu sein. Das zugrundeliegende Sequencer-Pattern ist wunderbar klar und hakt sich fest, Terri gibt ihre beste unnahbare Debbie-Harry-Coolness, und obwohl eine Gitarre nur im Refrain zu hören ist, ist der Song doch von vorn bis hinten eine straighte Rocknummer.

Ich mag auch den Text von „The Metro“, der aus kurzen Details eine Geschichte baut – da fährt die Erzählerin offenbar nach Paris, um jemanden zu besuchen, der sie wohl gar nicht mehr sehen will („I was on a Paris train / I emerged in London rain / And you were waiting there / Swimming through apologies“). Die etwas fragmentarischen Einzelheiten werden schön widergespiegelt, indem Zeilen immer wieder mit den Worten „I remember“ anfangen: Vielleicht geht es mehr darum, wie wir unsere Erinnerung aus einzelnen Momenten zusammenfügen. Und das Gefühl „I remember hating you for loving me“ ist letztlich um einiges komplexer als das naheliegendere „I hated you for loving me“ (System of a Down ändern die Zeile in ein eher plumpes „Fuck you for loving me“).

Hier das Video dazu, mit einigen schön stilisierten Sets und Farbkompositionen (dafür gehen leider einige Ambiguitäten des Textes durch die Bebilderung flöten):

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    2 Comments

    1. jetz hör ich da auch eine melodie…..die war bei system of a down eher verschwunden….

    2. Ja, bei Süssem wird der geschmeidige Refrain ja in einem kurzen Punkausbruch abgehandelt. Die System-Variante hat mir damals besser gefallen, als ich das Original noch nicht kannte.

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