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DER SOHN DES ROSAROTEN PANTHERS: Das traurige Ende der alten Pink-Panther-Reihe

Roberto Benigni als Clouseau-Sohn Jacques Gambrelli

„The real curse of the Pink Panther series“, schrieb Roger Ebert 1983 in seiner Kritik zu DER FLUCH DES ROSAROTEN PANTHERS, „seems to be Blake Edwards’s compulsion to continue the series long after any real occasion for it.“ Nachdem Peter Sellers 1980 gestorben war, ließ Edwards gleich zwei Fortsetzungen folgen, DER ROSAROTE PANTHER WIRD GEJAGT und besagter FLUCH – und beide wurden sowohl von der Kritik als auch vom Publikum abgelehnt. Das ließ Edwards‘ Interesse an der Filmreihe aber keinesfalls abflauen: Er verklagte das Studio, die Veröffentlichung von DER FLUCH DES ROSAROTEN PANTHERS falsch gehandhabt zu haben, die antworteten mit einer Gegenklage wegen Budgetüberziehungen bei beiden Filmen. Edwards wiederum klagte wegen übler Nachrede.

Kein Wunder eigentlich, daß das Studio MGM zunächst nichts von seinem geplanten Projekt DER SOHN DES ROSAROTEN PANTHERS wissen wollte – sie gaben lieber einen TV-Film in Auftrag, THE NEW PINK PANTHER, in dem ein TV-Journalist im Stil von ROGER RABBIT zusammen mit dem aus den Filmvorspännen bekannten Cartoon-Panther ermitteln sollte, aber der von Gary Nelson inszenierte Streifen mit Charlie Schlatter in der Hauptrolle wurde nie ausgestrahlt. Edwards hielt derweil an seinem SON OF THE PINK PANTHER fest, zunächst mit Kevin Kline als Protagonist – der aber dann nach Studium des Drehbuchs befand, daß die Sache einfach nicht funktionieren würde (diese weise Voraussicht verließ ihn leider 2006, als er als Inspektor Dreyfus im Remake von DER ROSAROTE PANTHER auftauchte). Dann wurde Rowan Atkinson gefragt, den Edwards schon für den FLUCH haben wollte – damals war der Brite zu unbekannt, diesmal urteilte er (ebenso korrekt), daß niemand Peter Sellers ersetzen könne. Nachdem eine Zeitlang noch Gérard Depardieu im Gespräch war, erhielt letztlich der Italiener Roberto Benigni die Hauptrolle, der 1991 in Italien mit ZAHNSTOCHER JOHNNY einen Hit gelandet hatte.1993 kam also DER SOHN DES ROSAROTEN PANTHERS – 30 Jahre nach dem ersten Film.

Der Titel läßt auch schon ahnen, in welche Richtung die Geschichte weitergehen wird: Statt des verschwundenen Inspektors Clouseau steht nun sein Sohn im Mittelpunkt. Der entstand aus einer kurzen Liaison zwischen Clouseau und der Tatverdächtigen Maria Gambrelli (siehe EIN SCHUSS IM DUNKELN) – aber der Sohnemann Jacques weiß gar nicht, wer sein Vater ist, weil seine Mutter es vor ihm geheim hält. Jacques arbeitet als einfacher Streifenpolizist in einer kleinen französischen Stadt – und wird in die Entführung der Prinzessin Yasmin aus Lugash hineingezogen, die von Söldnern geschnappt wurde, damit ihr Vater abdankt. In den Ermittlungen ist auch der alte Chefinspektor Dreyfus tätig, der von der Ungeschicktheit von Jacques Gambrelli nervlich fast ebenso in Mitleidenschaft gezogen wird wie seinerzeit von der von Clouseau …

Burt Kwouk als Cato
Burt Kwouk noch einmal als Cato – eine Rolle, die er 29 Jahre vorher
in EIN SCHUSS IM DUNKELN zum ersten Mal gespielt hat.

Ich habe eine gewisse Faszination für solch späte Fortsetzungen, bei denen eigentlich jeglicher narrativer Impuls schon längst abhandengekommen ist: Man sieht den liebgewonnenen Schauspielern in ihren Rollen beim Altern zu, was sie sehr menschlich macht, und kann gleichzeitig den Bemühungen folgen, wie wider jeder Vernunft einfach weitergemacht wird – im marktorientierten Filmschaffen sind es dann ausgerechnet diese dem Erfolg der früheren Werke geschuldeten Fortführungen, die sich irgendwie querstellen.

Man merkt es schon an der Zusammenfassung, daß der Geist von Peter Sellers wie schon bei den vorigen beiden Filmen auch schwer über DER SOHN DES ROSAROTEN PANTHERS hängt. Nach Clifton Sleigh aus DER FLUCH DES ROSAROTEN PANTHERS ist Jacques Gambrelli der nächste Clouseau-Klon: ein tolpatschiger Polizist, der seine Mission nur durch Zufall und Glück schafft. Auch er darf durch die altbekannten Stationen des Pink-Panther-Kosmos stapfen: Die Auseinandersetzungen mit Chefinspektor Dreyfus, der von Jacques‘ Unglück immer wieder in Mitleidenschaft gezogen wird; die Begegnung mit Clouseaus altem Diener Cato, der noch einmal als Gehilfe mitreisen darf; der Besuch bei Verkleidungskünstler Auguste Balls, der wieder absolut haarsträubende Kostüme beisteuert (und ein tatsächliches Clouseau-Outfit!). Maria Gambrelli wird nicht wie in EIN SCHUSS IM DUNKELN von Elke Sommer, sondern von Claudia Cardinale gespielt, die im allerersten Panther-Film als Prinzessin von Lugash dabei war – die Kombination aus Figur und Schauspielerin verweist also gleich auf zwei alte Filme.

Clouseau-Sohn Jacques Gambrelli als Frauenschwarm
Wie Papa Clouseau ist auch Jacques Gambrelli (Roberto Benigni) ein Frauenschwarm –
zumindest für Prinzessin Yasmin (Debrah Farentino).

Es wäre halb so tragisch, wenn der Film wenigstens Vergnügen bereiten würde. Aber Edwards‘ Einfälle sind mittlerweile verbraucht, seine Slapstick-Szenen haben – von zwei, drei kurzen Sequenzen abgesehen – wenig Inspiration und keinen Biß mehr. Der Plot um die Palastrevolte zieht meilenweit am Zuseher vorüber, die Verstrickungen bleiben uninteressant. Und auch das wäre noch zu verkraften, wenn nicht Benigni in der Hauptrolle völlig fehlbesetzt wäre: Er ist ein Clown, der wenig Ähnlichkeit mit einem tatsächlichen Menschen hat. Benigni hampelt wie ein Alien durch die Szenerie und bittet förmlich um jeden Lacher, und er hält den Zuseher damit auf allerhöchster Distanz. Sellers‘ Witz entstand unter anderem dadurch, daß er so unscheinbar wirkte – so solide und bodenständig, wenn man ihn nur ansah, und auf gewisse Weise vertrauenswürdig; dazu kam die Gelassenheit, die er selbst angesichts größter (und meist von ihm selbst ausgelöster) Katastrophen an den Tag legte. Benigni ist ein Nervenbündel mit aufgesetzten Ticks und Manierismen, und seine Figur ist nicht mehr als eine Idee.

Die Traurigkeit, die über dem Sellers-Tribut DER ROSAROTE PANTHER WIRD GEJAGT hing, ist hier wieder allzu greifbar: Jede Sekunde des Films macht klar, warum einem Peter Sellers fehlt. DER SOHN DES ROSAROTEN PANTHERS mag als „Reboot“ intendiert gewesen sein, als dieser Begriff noch nicht in Mode war, aber stattdessen sieht man zu, wie der alte Blake Edwards die Erfolge seiner früheren Tage nochmal zu fassen versucht und kläglich scheitert. Es war sein letzter Kinofilm – und ebenso der letzte Kinofilm von Panther-Stammkomponist Henry Mancini, der 1994 starb.

Dreyfus verliebt sich in Maria Gambrelli
Für seine ganzen Qualen darf sich Chefinspektor Dreyfus (Herbert Lom)
im achten und letzten Panther-Film in Claudia Cardinale verlieben.

Eine Prise Herz bringt ausgerechnet Herbert Lom in den Film, dessen Dreyfus hier gewissermaßen altersmilde geworden ist. Er wird von Clouseau Junior nicht mehr in den Irrsinn getrieben, sondern muß nur noch diverse Unfälle über sich ergehen lassen, für die er einem irgendwie leidtut. Dann verliebt er sich in Maria Gambrelli und muss damit klarkommen, vielleicht der Stiefvater dieses Clouseau-Nachwuchses zu werden. Der 75-jährige Lom hat sichtliche Freude daran, einmal eine herzliche Seite ausspielen zu können. Vielleicht muß man es also so sehen: Wenn DER SOHN DES ROSAROTEN PANTHERS sonst schon nichts war, dann wenigstens ein kleines Geschenk an Lom. Es ist wohl der Gedanke, der zählt.

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Der Sohn des rosaroten Panthers (USA/Italien 1993)
Originaltitel: Son of the Pink Panther
Regie: Blake Edwards
Buch: Blake Edwards, Madeline Sunshine, Steven Sunshine
Kamera: Dick Bush
Musik: Henry Mancini
Darsteller: Roberto Benigni, Herbert Lom, Claudia Cardinale, Burt Kwouk, Debrah Farantino, Jennifer Edwards, Robert Davi, Graham Stark

Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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