4Lyn: Hello (2008)

Uncategorized / 30. Januar 2008

Das fünfte Album der Hanseaten: Besser und trotzdem nicht gut.

Die werden ja echt nicht müde. 4Lyn haben schon seit ihrer Entstehung immer die große Zäsur zwischen Ansehen und Erfolg erbracht: von den Kritikern ungeliebt, quer durch die Foren verspottet, und doch immer mit dicken Verkaufszahlen und vollen Hallen gesegnet. Die Hamburger Gruppe tauchte Anfang des neuen Millenniums auf, als NuMetal gerade weltweite Erfolge feierte, und sie klangen sicherheitshalber genau wie Papa Roach, Korn und Limp Bizkit zusammen. Mittlerweile liegt NuMetal ja weit in der Vergangenheit, die Hundertscharen von Bands haben sich größtenteils aufgelöst oder anderen Gefilden zugewendet. Papa Roach machen mittlerweile punkigen Hardrock, und es gibt keine Preise für diejenigen Leser, die jetzt schon wissen, was 4Lyn mittlerweile machen.

HELLO ist das mittlerweile fünfte Album der Band. Fürwahr, es ist besser als die vorangegangenen, aber es ist gleichzeitig auch nicht wirklich gut. Die Band brettert durch eine Reihe von fett produzierten Rockern mit punkigem Einfluss und hymnischen Stadionrefrains, hier und da bleibt mal ein Hook hängen, aber dann hört man auch leider immer wieder hin und bekommt die Texte mit: „Love starts with a smile / And grows with a kiss / It always ends up in tears / And someone to miss“, erläutert uns die Band im Titeltrack, und wir wissen gar nicht, wohin mit soviel Weisheit.

Doch doch, die Band ist durchaus professionell. Sie ist leider auch durchaus austauschbar und gesichtslos. Herausstechen, aber nicht zwangsläufig im positiven Sinne, tut wie gehabt nur der Sänger, der seine beste Jacoby-Shaddix-Impression zum Besten gibt und dabei immer mit der etwas weinerlichen Stimme kämpft. Weiter hinten sind zwei bessere Songs, das flotte „Lovemaker/Soulshaker“ und das intensivere „The Jumpoff“, aber dann hört man die bemüht balladesken Songs „Nostalgia“ und „This Heart“, und hernach ist man eigentlich sehr froh, daß die Gruppe für den letzten Track ein paar Jahre zurückdenkt und im straighten NuMetal-Stil das Western-angehauchte „Cowboys“ spielt. Das macht wenigstens Spaß.

„Das ist eine Band, die man ruhig ignorieren kann und nicht unbedingt rezensieren muß“, schreibt ein Musikfreund in einem Forum. Wie wahr. 4Lyn sind nicht grausam, nur überflüssig. Und HELLO ist vielleicht nicht wahnsinnig gut, aber dafür auch nicht sehr lange schlecht: Nach 35 Minuten ist das Album auch schon wieder aus. Hello, goodbye.

Dieser Text erschien zuerst am 30.1.2008 bei Fritz!/Salzburger Nachrichten.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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