Death by Stereo: Death for Life (2005)

Uncategorized / 15. August 2005

Tod wie gehabt

Mit ihrem vierten Album DEATH FOR LIFE kloppen sich Death By Stereo wieder durch
ihre Metal-Hardcore-Mischung. Unterhaltsam, aber entbehrlich.

Es ist ganz leicht, Verrisse zu schreiben. Der innewohnende Sarkasmus formuliert die Entrüstung über die Frechheit von Album eigentlich von alleine, und da Schadenfreude bekanntlich die reinste Freunde ist, macht es auch noch Spaß, etwas in die Tonne zu treten. Minimal schwieriger gestalten sich Kritiken zu CDs, die man wirklich mag, die wirklich groß sind, weil man da mit so vielen schnuckeligen Superlativen um sich wirft und doch immer Angst hat, dem Meisterwerk nicht gerecht zu werden. So richtig biestig sind aber die Kritiken zu Alben, die weder gut noch schlecht sind – irgendwie „nett“, wie die Tapete in den Heinz-Erhardt-Filmen, irgendwie „unterhaltsam“, wie so eine Kasperl-Talkshow, irgendwie „okay“ – und doch vollkommen entbehrlich.

Aber hallo! Greifen wir mal nicht zu weit nach vorne und stellen lieber die heutige Band vor, die uns mit neuem Material umwirbt: Death By Stereo nennen sich die Burschen, weil der kleine Corey Haim das in dem 80er-Jahre-Vampirfilm THE LOST BOYS sagt, als einer der Blutsauger durch einen Kurzschluß in der Stereoanlage gegrillt wird. Derart elektrisiert wird beim vorliegenden Album DEATH FOR LIFE vielleicht niemand, aber Strom haben die Todesmannen nicht nur in den Gitarren. Mit einer adrenalinstarken Mischung aus Metal, Hardcore-Punk, Thrash und viel Gebrüll scheppert sich das Quintett durch unsere Trommelfelle, und das jetzt schon im vierten Anlauf.

Das hat viel Zack und wenig ruhige Momente, und unterhält über die Länge von 40 Minuten ganz anständig. Es hilft durchaus, dass Death By Stereo stromlinienförmiger und melodiöser sind als vergleichbare Kapellen. Auf zwei Tracks taucht Avenged-Sevenfold-Frontmann M. Shadows auf (deren neues Album bei allem überfrachtetem Bombast dann doch viel faszinierender ist als das vorliegende Album) – aber wie das meist so ist bei dem ganzen Geschrei: Man muss schon sehr genau hinhören.

Klingt doch alles ganz schmuck, oder? Doch, doch. Aber es lässt einen dann doch über weite Strecken einigermaßen kalt. Und irgendwann ist dann die Luft raus, weil eben doch nicht genug passiert, um wirklich zu fesseln. Es bleiben „I Give My Life“, ein Fuß-aufs-Pedal-Song mit einem Refrain, der wirklich im Ohr bleibt, und das etwas ruhigere „Forever and a Day“ – die Ballade quasi. Nehmen wir mal an, es gäbe diese beiden Songs als Single für eine Handvoll Euro – da könnte man glatt eine richtige Empfehlung aussprechen.


Dieser Text wurde am 15. August 2005 geschrieben und erschien zuerst am 23. August 2005 bei Fritz!/Salzburger Nachrichten.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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