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[Game / PC] Chrome (2003) / Mace Griffin: Bounty Hunter (2003)

Deathmatch der 3D-Shooter

Doppeltest: Die neuen 3D-Shooter CHROME und MACE GRIFFIN: BOUNTY HUNTER im Vergleich. Wer mag da wohl besser abschneiden?

Schwere Zeiten für First-Person-Shooter-Freunde: Zunächst diktiert uns das Fest der Liebe freundlichere Kommunikationsprinzipien als Mündungsfeuer und Menschenjagd, dann werden auch noch die heißersehnten Favoriten allesamt auf ungewiß verschoben: HALF-LIFE 2, DOOM 3 und WOLFENSTEIN 4D (Moment – ach nein, wir warten ja eigentlich auf DUKE NUKEM 4EVER) werden allesamt erst im Laufe dieses Jahres das Licht der Softwarewelt erblicken.

Buddha sei Dank gibt es ja noch schätzungsweise dreizehnhundertsieben andere Softwarehäuser, die uns mit 3D-Shootern beglücken – und weil die Freizeitrambos eh alle gleich aussehen, bemüht sich zumindest Fritz! um Innovation und läßt zwei Neuerscheinungen zum Deathmatch antreten. In der linken Ecke: CHROME, in der Nobelbox, direkt aus den Werkstätten der polnischen Firma Techland. In der rechten Ecke: der Underdog, MACE GRIFFIN: BOUNTY HUNTER, mit unscheinbarerer Verpackung, aber definitiv ambitioniert, dem Chromkollegen die Käuferschaft streitig zu machen.

CHROME weist freilich gleich mit einem gezielten Upper Cut den Gegner in die Schranken: Ein schöner Plot, in dem ein Söldner, der von seinem Freund & Kollegen verraten wird, sich bald als Spielball zweier Multikonzerne wiederfindet, punktet mindestens so stark wie die gefällige Grafik, die mit diversen Augenschmankerln aufwarten kann. Die Geschichte zieht sich via Cutscenes durch 14 Missionen, in denen recht schlichte Aufträge gegeben werden: Finden, Fahren, Flüchten.

Freilich gibt es diverse Waffen, die unterschiedlich eingesetzt werden können, und da das Inventory des Helden begrenzt ist, darf geplant werden, mit welchen Geräten man sich am besten durchschlagen kann. Die üblichen Health-Packs sowie tonnenweise Munition werden am Wegesrand aufgesammelt oder erlegten Gegnern abgenommen. Es gibt auch Gelegenheiten zum Aufrüsten: Mit einem Speed-Boost läuft man schneller, mit einem anderen Bonus erhöht sich die Zielgenauigkeit, und der C-Knopf verwandelt den schneidigen Trans-Am in ein geschmeidiges Cabriolet. Letzteres war glatt gelogen, aber hin und wieder darf unser Söldner sich tatsächlich hinter das Lenkrad eines Fahrzeugs schwingen.

Aber schon strauchelt der vermeintliche Favorit: Der vermeintliche Taktik-Shooter bietet in etwa so viel Taktik wie ein Faustkampf mit Bud Spencer. Die Gegner sind – drücken wir es mal freundlich aus – dumm und können den erfahrenen Schützen nicht wirklich einschüchtern. Insgesamt fällt selbst der höchste Schwierigkeitsgrad viel zu einfach aus, so daß CHROME ein gutaussehendes, aber sehr kurzes Vergnügen bietet.

Und schon kann MACE GRIFFIN: BOUNTY HUNTER seinen Widersacher mit einem gezielten Magenpunch zum Straucheln bringen. Das Spiel sieht nicht ganz so toll aus wie CHROME (was bedeutet, daß es sehr gut aussieht), ist aber spielerisch herausfordernder und interessanter. Zwischen den Einzelmissionen darf man das Raumschiff des Helden steuern (und sich bei kurzen, irgendwie niedlichen Weltraumkämpfen vergnügen), was bedeutet, daß die Geschichte weniger linear ist – auch wenn man trotzdem fixe Missionen zu erfüllen hat.

Interessiert jemanden die Story? Na schön, der gute Mace Griffin (in der Originalfassung von Henry Rollins gesprochen, schahaha) ist ein zu Unrecht eingeknasteter Kopfgeldjäger, der sich seinen Weg zur Freiheit bahnt. Da gibt es natürlich noch finstere Organisationen, freundliche Helfer und so weiter – aber es geht ja eigentlich um das Gameplay. Das ist schwieriger als bei CHROME, aber ähnlich aufgebaut – sieht man von den Weltraumsequenzen ab, die sich übrigens sehr schön in das Geschehen einbetten.

Okay, bevor sich die beiden Spiele jetzt bis zur Besinnungslosigkeit prügeln, gebieten wir ihnen Einhalt. Es sind ja beide ganz fein: CHROME sieht fantastisch aus, ist aber recht leicht. MACE GRIFFIN ist nicht ganz so schmuck, aber spielerisch herausfordernder. Der Gewinner des Kampfes? Der Käufer natürlich, denn der liegt in beiden Fällen nicht wirklich falsch.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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