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Avenged Sevenfold (2007)

Das vierte Album von Avenged Sevenfold fällt ein wenig auseinander.

Ihr letztes Album – CITY OF EVIL aus dem Jahre 2005 – resultierte für Avenged Sevenfold in Preisen, Ruhm und Umsätzen. Einige Fans der ersten Stunde waren seinerzeit gar nicht glücklich, wo sich das ambitionierte Metalepos doch klanglich sehr von den härteren und aggressiveren Vorgängern unterschied – aber umso mehr sprang die übrige Hörerschaft auf das energiegeladene Werk an, das irgendwo (bedeutet: Autor ist zu bequem, die korrekte Quelle zu recherchieren) als „das beste Iron-Maiden-Album seit PIECE OF MIND“ bezeichnet wurde. Mit so viel Aufmerksamkeit liegt natürlich ein gewisser Druck auf der Band, einen entsprechend großen Nachfolger zu produzieren, und die Band reagierte, indem sie sich ohne Produzenten im Studio einfand und so viel mit verschiedenen Ideen und Stilen herumspielte, daß das Ergebnis – ein selbstbetiteltes, also quasi die Band definierendes Album! – mit fortlaufender Spielzeit immer zerfahrener klingt.

Dabei beginnt ja alles sehr ansprechend. Die ersten drei Songs schnurren mit blitzschnellen Gitarrenläufen und feinen Hooks aus den Boxen; Frontmann M. Shadows, dem zuletzt die Stimmbänder operiert werden mußten, merkt man das Training unter einem Vocal Coach deutlich an: Seine schnarrende Stimme sitzt, klingt müheloser als auf dem Vorgänger, beweglicher. Und dann zeigt sich nach und nach das, was man gemeinhin als Studiokoller bezeichnet: Die Band setzt in jedem Song ein neues Gimmick ein und packt einfach alles in die Tracks, was ihnen eingefallen ist. Vier der Songs haben ein Streichorchester, bei „Gunslinger“ ertönen Westerngitarren, auf „Unbound“ singt tatsächlich ein Kinderchor, und über den Refrain von „Lost“ haben die Jungs einen Cher-ähnlichen Vocoder geklebt. Es gibt epische Balladen („Dear God“) und eine Tom-Waits-inspirierte (bzw., im größeren Bild gesehen, Kurt-Weill-angelehnte), mit Bläsersätzen instrumentierte Nummer („A Little Piece of Heaven“).

Je länger man also zuhört, desto mehr Ideen werden in den Topf geworfen – prinzipiell ja eine lobenswerte Angelegenheit, wenn eine Band experimentiert und versucht, ihr musikalisches Vokabular zu erweitern. Aber irgendwann wird dann klar, daß der rote Faden einfach nicht mehr kommen wird, daß sich die einzelnen Teile nicht mehr zu einem schlüssigen Ganzen zusammenfügen werden. Dazu wäre eben auch ein Produzent hilfreich gewesen, der die ganzen Ansätze bündelt und mit nüchternem Blick dafür hätte sorgen können, daß nicht jeder Gedanke auch gleich untergebracht werden mußte.

Natürlich liest sich das problematischer, als das Album in Wirklichkeit ist – für sich genommen sind die Songs fein. Gelegentlich ein wenig zu sehr gewollt episch, zu wenig ausgeführt packend vielleicht, aber insgesamt durchaus ansprechend. Es passiert genug auf dem Album, daß man es mehrfach hören und immer wieder interessante Aspekte dabei entdecken kann. Nur als Gesamtwerk genommen fällt die Angelegenheit etwas zu kunterbunt aus. Das ist nicht unbedingt tragisch: Manchmal kann ein Album ja auch einfach nur Spaß machen.

Dieser Text erschien zuerst am 20.12.07 bei Fritz!/Salzburger Nachrichten.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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