Genzel träumt!

Buch / Uncategorized / 27. Juli 2005

Heute nacht, hinter geschlossenen Augenlidern, passierte folgendes: Ich hatte eine neue LOST-Folge, und die war urkomisch. Hat zwar nix weitererzählt, aber gelacht habe ich viel. Dann habe ich Schwarz angerufen, der die Folge auch hatte, aber er hatte sie noch nicht angeschaut, weil er gerade dabei war, ein steiles Album von irgendeinem ausgefallenen Free-Jazzer herunterzuladen, das ich ihm empfohlen hatte. Entzückt ob dieser überraschenden Wendung in Schwarzens Musikkonsum habe ich mich gleich an mein eigenes CD-Regal geworfen und festgestellt, daß ich ein Buddy-Miles-Album namens SACHERTORTE habe. Das hatte übrigens ein grünes Cover, und in der Band war Stanley Turrentine. Dann wies mich Schwarz noch auf einen neuen Blog einer anonymen Person hin, der da „graesslicheschmerzen.blogspot.com“ lautete („Das ‚p‘ und das ‚m‘ sind vertauscht“, so Schwarz), und in dem der erste Eintrag aus vier Worten bestand: „Genzel, es ist aus!“.

Bin ich froh, daß ich meinen Drogenkonsum mittlerweile unter Kontrolle habe. Schwarz, get out of my dreams, get into my car.

Gestern: Seit langer Zeit mal wieder durch Rosenheim geschlendert und ins dortige Müller geschaut. Mann, ich scheine mich wirklich an die kleine Auswahl vom Freilassinger Müller gewöhnt zu haben, aber in Rosenheim gibt’s so viel mehr … Jedenfalls habe ich mir das neue Bob-Mould-Album BODY OF SONG gekauft, wie ich’s mir vorgenommen habe (sowie ein paar DVDs, of course). Und bei der Heimfahrt habe ich dann festgestellt, daß ich gar nicht gewußt habe, wie sehr mir Mould abgegangen ist. Aber der Sound war gleich wieder da, die Erinnerung, die Begeisterung. Hey, ich gehöre schließlich zu den paar Leuten, die sich selbst in sein verwurschteltes 2002er-Album MODULATE reingehorcht haben (in einer Kritik schrieb ich damals, daß MODULATE ein Album sei, das man trotzdem mag). Die Flipperautomaten sind weg, die Elektronik-Spielereien noch durchzuhören, aber viel besser im Zaum gehalten. Es sind wieder ein paar andere Musiker dabei – darunter David Barbe von Sugar! – und der Sound ist ein wenig aufgeräumter: wenig Gitarrenwände, kein exzessiver Reverb, keine zigfach überlappenden Stimmen. THE LAST DOG & PONY SHOW mag Klang und Wut sein, BODY OF SONG atmet mehr durch. Das bedeutet freilich, daß es nicht mehr die verzweifelten Kanten von damals hat. Egal: Mit Mould kann man ruhig alt werden. Guter Kauf.

NATION OF REBELS ist fertig, jetzt folgt William Faulkners THE SOUND AND THE FURY. Damit die Laune nicht zu gut wird. Morgen hat übrigens mein Darben ein Ende, da kommt Sibille zurück in die Zivilisation, und ich werde pünktlich um 18:10h am Flughafen stehen und sie empfangen. Wie im Kino.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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