CAT FIGHT WRESTLING: Furiose Frauenzimmer in leeren Lagerhallen

Film / Wühlkiste / 10. Juli 2016

Man kommt kaum umhin, den Themenkomplex von Bill Oscos Gesamtwerk als uramerikanisch zu bezeichnen. Pornofilme, Sex-Musicals, Outlaws, Serienkiller, Monster, Cheerleader, Stand-Up-Komiker, explodierende Toiletten, furzende Zwerge, wüste Provokationen: Wenn irgendwo von den Zwängen des guten Geschmacks befreit Geld zu machen war, war Produzent Osco flugs gestiefelt und gespornt. Und man muß es ihm lassen: Nicht jeder würde so stolz seinen Namen einsetzen, um ein Spektakel wie CAT FIGHT WRESTLING zu präsentieren.

Mit Catfights, also Kämpfen zwischen kratzbürstigen Damen, hat Osco ja schon gewisse Erfahrung: Schon in dem von ihm produzierten NACHTAKADEMIE zofften sich Barbara Carrera und Susan Tyrell so vehement, daß die Fäuste flogen. Und weil sich viele harte Kerle in ihrer Freizeit gerne raufende Xanthippen ansehen, stellte Osco ein einstündiges Sportevent auf die Beine, in dem acht rabiate Frauenzimmer um die Siegerkrone ringen und dabei, nunja, das eine oder andere Kleidungsstück verlieren.

Kämpferin Jen X (Angela Smith) gibt ihr letztes Hemd für den Sieg.

Gedreht wurde CAT FIGHT WRESTLING (das DVD-Cover zieht das erste Wort zusammen: CATFIGHT WRESTLING) im schönen Arizona, und das sorgt sofort für einen gewissen Dissonanzeffekt: Wir sehen eine mit schwarzen Tüchern abgehangene Lagerhalle, in der ein Kampfring aufgebaut wurde. Ich persönlich habe mir Arizona ja immer so vorgestellt, dass da weite Wüstenlandschaften und faszinierende Felsformationen zu sehen sind, und irgendwo oben lungert der Grand Canyon herum. Aber sind wir mal nicht so: Die staubige Steppe kann man in jedem Western sehen, anonyme Betonhallen eben nur in CAT FIGHT WRESTLING. Und glücklicherweise stören auch nur sechs Zuschauer den Ausblick auf die adäquat tristen Wände.

So stürzen sich die Damen also aufeinander und machen alles, was ein ordentlicher Catfight bieten muß: Sie kratzen und beißen, nehmen sich in den Schwitzkasten, ziehen sich an den Haaren, rollen engumschlungen über die Matte und werfen sich Unflätigkeiten an den Kopf. Sie tragen wohlklingende Namen wie Scarlett, Moonface oder The Bitch, und wie bei jeder anständigen Erwachsenenunterhaltung stellen sie einen Querschnitt dar, der jeden nicht vorhandenen Geschmack bedient: Die eine ein liebliches Schulmädchen, die nächste eine tätowierte Amazone, danach ein schwarzhaariger Goth, eine feurige Latina, eine dunkelhäutige Dampfwalze.

Die Berufsehre gebietet es Kommentator Kris Kloss, sich nach den Bißspuren an Ryans Brust zu erkundigen.

Begleitet werden die Kämpfe von zwei Kommentatoren: einer gewissen Pamela, die sich eher zurückhält, und Kris Kloss, der seinerzeit Ansager bei Xtreme Pro Wrestling war und immensen Enthusiasmus an den Tag legt. Er sagt oft „Oooh!“, manchmal auch „Uhhh!“, und einmal informiert er seine Ko-Moderatorin: „I’m getting aroused, Pam“. Bei einer Kämpferin kommt er glatt ins Grübeln: „I think I recognize Madelyne from somewhere. I may have gotten a lapdance from her somewhere.“

Als Running Gag fragt er übrigens nach jedem Kampf eine der Damen, ob er ihre Telefonnummer haben kann. Sie lehnen alle lachend ab oder marschieren brüskiert hinfort. Ob das wohl der Grund ist, daß die am Ende des Turniers angekündigte Fortsetzung CAT FIGHT WRESTLING II nie erschien?

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Cat Fight Wrestling (USA 2002)
Alternativtitel: Catfight Wrestling
Regie: Bill Osco
Produktion: Bill Osco
Darsteller: Kris Kloss, Elishia Smith, Angela Smith, Robbie Lidstone, Yvonne Mabott, Patrick Hernandez, Madelene Farfan, Sylvia Romo, Sylvia Welch, Sara Pickering






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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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