[Musik] Zwei wahnsinnig starke Typen/Stir Crazy – The Original Soundtrack from the Motion Picture (1981)

Uncategorized / 8. Januar 2013

Die Soundtrack-LP zur Gene-Wilder-/Richard-Pryor-Komödie ZWEI WAHNSINNIG STARKE TYPEN habe ich vor vielen Jahren – ca. 1996 oder 1997 – zufällig in einem Photoladen entdeckt, und natürlich mußte ich die Platte als Wilder-Fan unbedingt mitnehmen – vor allem, weil Gene Wilder höchstselbst den Titelsong des Films singt! „Crazy“ nennt sich das Stück, das wie ein Broadway-Tune den Film einleitet, und man kann Wilder sehr viele Talente attestieren, aber Gesang gehört keinesfalls dazu. Wobei der schiefe Singsang absolut zum Charme des Songs gehört: Wilder spielt hier mit seiner unverkennbaren Stimme einmal mehr den verträumten Exzentriker („They say I’m crazy / Just a little bit out of whack / ‚Cause I always like to act my dreams out / They call me a maniac“), der zum Ende des Songs auch prompt abtransportiert wird („I’m just singing a song! Is it a law? Am I breaking a law?“). Es ist ein putziges Liedchen, das mit professionellem Sänger eine recht fade Angelegenheit geworden wäre.

Der Rest des Albums bietet ein bißchen was hiervon und ein bißchen was davon. Das paßt ja auch irgendwie zum Film, der genauso mehrere Felder gleichzeitig bedient. Dabei wäre das Album sogar weniger willkürlich zusammengestellt, als es bei vergleichbaren Soundtracks der Fall ist: Funk-Jazz-Saxophonist Tom Scott, der den Score des Films schrieb, steckt nämlich auch als Komponist und Produzent hinter diversen Songs. Nur drei Stücke (darunter „Crazy“) stammen von Produzent Michael Masser (der später für Whitney Houston „Didn’t We Almost Have It All“ schrieb), der diese Tracks zusammen mit Songwriter Randy Goodrum komponierte.

Dennoch: Hier paßt wenig zusammen. Da folgt auf eine triefige Ballade („Love“) ein grandios funkiger Disco-Track („Watch Her Dance“ von Leroy Gomez – der zuvor mit Santa Esmeralda den Hit „Please Don’t Let Me Be Misunderstood“ sang), und später gibt es Country-angehauchten Pop („The Love of a Cowboy“ von Mary Gregoriy). Am besten funktionieren die beiden Disco-Kracher: Das angesprochene „Watch Her Dance“ auf Seite A, das nicht minder treibende „Eat Your Heart Out“ auf Seite B, das von Leata Galloway wunderbar unterkühlt gesungen wird. Und der Abspannsong „Nothing Can Stop Us Now“ von Elton-John-Entdeckung Kiki Dee bietet freundlichen Seventies-Pop, der leicht ins Ohr geht.

Tom Scott selber steuert zwei Pop-Jazz-Instrumentals bei, von denen vor allem „Got ‚Em Where You Want ‚Em“ einen angenehm relaxten Groove besitzt. Schade, daß sich die Albumcredits über die beteiligten Musiker ausschweigen – könnte das Eric Gale sein, der auf „Got ‚Em“ so dezent bluesig die Gitarre zupft? Und spielt womöglich Richard Tee das weiche E-Piano auf „We Belong Together“? Wer weiß. Weiter hinten gibt es zwei Stücke aus dem tatsächlichen Score von Tom Scott zu hören: „Stir Crazy“ (stimmungsvoll und spannend, mit Mundharmonika-Flair und dickem Bass) und „Rodeo Day“ (das mit großem Orchester nach Fernsehshow klingt). Schade, daß nie mehr von Scotts Score veröffentlicht wurde.

Echten Wiedererkennungswert hat dann aber erst wieder der allerletzte Song: „Down in the Valley“, ein traditioneller amerikanischer Folksong, der hier von Dorian Holley ohne Begleitung gesungen wird. Im Film singt den Song ein furchteinflößender Gefangener (Erland Van Lidth) in einer merkwürdig rührenden Szene – auf dem Album wirkt der Song vor allem deshalb, weil er so ein leises Schlußlicht setzt.

Schade, daß auf dem Soundtrack nichts so recht aneinanderpaßt – abgesehen von den beiden Schmachtfetzen („Love“ und „The Love of a Cowboy“) sind viele der gebotenen Songs nämlich durchaus lohnenswert. Und deshalb darf das Album auch ohne den Gene-Wilder-Bonus gelegentlich auf den Plattenteller. Man stelle es sich dann einfach nicht als Einheit, sondern als Abfolge einzelner Songs vor. Is it a law? Am I breaking a law?

Mehr über Gene Wilders Filme und Bücher auf Wilsons Dachboden:
CHARLIE UND DIE SCHOKOLADENFABRIK (1971)
ZWEI WAHNSINNIG STARKE TYPEN (1980)
DER GEISTERFLIEGER HANKY PANKY (1982) DIE GLÜCKSJÄGER (1989)
DAS ANDERE ICH (1991)
KISS ME LIKE A STRANGER – MY SEARCH FOR LOVE AND ART (2005)
MY FRENCH WHORE – A LOVE STORY (2007)

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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