[Game / PC] Bruce Lee II (2013)

Games / Uncategorized / 4. August 2013

Der kürzlich hier wiedergespielte C64-Jump’n’Run-Klassiker BRUCE LEE von 1984 ist trotz seines im Computerspielbereich mittlerweile biblischen Alters von 29 Jahren immer noch ein vergnügliches und durchaus beliebtes Spiel – und so erschien vor kurzem ein inoffizielles Fan-Sequel, das zwar unter Windows läuft, aber in Präsentation und Gameplay direkt an das Original anknüpft. Genaugenommen geht der Retrofaktor hier so weit, daß man anfangs einstellen kann, ob man Grafik und Sound à la C64 genießen will oder doch lieber eine der CPC-Version nachempfundene Fassung spielen mag.

In der Tat sind beide Versionen sehr dicht am Originalspiel dran – es gibt nur ein paar geringfügige Änderungen: Bruce fällt schneller als im alten Game, er pausiert nach einem Flugtritt nicht mehr, und er verhakt sich nicht mehr an leicht unebenen Plattformen. Ansonsten aber spielt sich BRUCE LEE II, als hätte Datasoft 1985 eine Zusatzdiskette mit neuen Levels veröffentlicht: Noch immer steuert man die Martial-Arts-Legende durch Räume mit Plattformen, Leitern sowie diversen Fallen und versucht, die herumhängenden Laternen einzusammeln, damit sich Türen und Wände zu neuen Arealen öffnen. Und nach wie vor wird Bruce dabei von lästigen Gegnern bedrängt, die immer wieder auftauchen.


Besagte Gegner sind diesmal etwas vielfältiger als im Original, wo der Spieler dauerhaft von einem kleinen schwarzen Ninja und einem großen grünen Sumo-Ringer drangsaliert wurde. Diesmal gibt es drei Hauptfeinde: Neben einem Samurai greifen kleine Versionen von Kareem Abdul-Jabbar (aus BRUCE LEE – MEIN LETZTER KAMPF) und Chuck Norris (aus DIE TODESKRALLE SCHLÄGT WIEDER ZU) an. Später taucht auch der Ninja wieder auf, und selbst der Ork-hafte Sumo-Ringer kriegt einen kleinen Gastauftritt. Durch die größere Vielfalt an Gegnern können hier auch bis zu drei Fieslinge auf einmal Unmut verbreiten.

Auch im Leveldesign hat sich der für die Fan-Fortsetzung verantwortliche Programmierer Bruno R. Marcos einige Neuigkeiten ausgedacht, die sich problemlos ins existierende Spielprinzip einfügen. In manchen Räumen gibt es Wasser, durch das Bruce schwimmen und tauchen kann – und so kann es auch passieren, daß dem Spieler die Luft ausgeht. Es gibt bewegliche Plattformen, die man erwischen muß, um nicht in den Tod zu stürzen; an einer Stelle muß man an einem Hebel ziehen, um eine Brücke herabzulassen, über die man einen Abgrund überqueren kann.

Weil sich das Game fast genauso wie das Original spielt, findet man schnell ins Spiel hinein – und darf sich aber schon bald einem erhöhten Schwierigkeitsgrad stellen. So wie damals gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Leben – auch wenn heutzutage im Vorfeld eingestellt werden kann, daß man über unendliche Leben verfügt (was der Retrozocker natürlich indigniert ablehnen wird). Auch wenn das Spiel von der Spieldauer her nur unwesentlich über dem Erstling liegt, gibt es doch hier einige Räume und Fallen, die schlichtweg in Frust ausarten – allen voran ein Raum, dessen Boden unter Strom gesetzt wurde. Auch im Original gab es so eine Sequenz, die aber mit etwas Übung gemeistert werden konnte – hier läuft alles viel schneller, und selbst, wenn man schon eine Strategie zum Springen hat, beißt man immer wieder ins Gras, weil man nicht flink genug war. Dennoch ist ein Durchkommen machbar – und der Endkampf gegen den finsteren Zauberer, der Lees Schwester entführt hat, bietet im Gegensatz zum alten C64-Game tatsächlich eine nette Herausforderung.

So bietet BRUCE LEE II eine unterhaltsame Zusatzherausforderung für Freunde des Originals, die mit dieser Pseudo-Fortsetzung einige vergnügliche Stunden verbringen dürften. Noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn das Spiel tatsächlich auf dem C64 spielbar gewesen wäre – aber dem geschenkten Martial-Arts-Künstler schaut man ja bekanntlich nicht unter den Fuß … oder so.

Das Spiel kann auf der Homepage des Programmiers heruntergeladen werden: hier.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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