Interview: Ronald Mayer über seine C64-Listinggames

Games / Interviews / 13. Januar 2015

Wer mit einem der klassischen 8-Bit-Heimcomputer aufgewachsen ist, hat potentiell viele fröhliche Stunden mit dem Abtippen von Listings verbracht. Die Programme waren seinerzeit kompakt genug, daß man den kompletten Programmcode eines kleinen Spiels oder einer Anwendung abdrucken konnte – weshalb es eine ganze Reihe von Zeitschriften gab, in denen monatlich neue Software zu finden war, die der geneigte Leser in mühevoller Kleinarbeit abtippen durfte. Internet hatte noch keiner, Disketten wären zu teuer als Beigabe zu den Magazinen gewesen – also tippte man. Das war vor allem bei den Programmen biestig, die nicht nur in Basic geschrieben waren: Hier durfte man kilometerlange Zahlenkolonnen abtippen – und wer sich da mal vertippte, mußte am Ende feststellen, daß das Programm nicht lief, und durfte viele tausend Zahlen nochmal Korrektur lesen. Ja, wir frühen Computerfans waren hart im Nehmen.

Einer der fleißigsten Programmierer, der regelmäßig mit neuen Spielen in den entsprechenden Zeitschriften auftauchte, war der Österreicher Ronald Mayer, Jahrgang 1961. Er bot Jump’n’Runs, Rennspiele, Denkspiele, Baller-Action und Geschicklichkeitsgames – und das auf hohem Niveau. Nicht jedes seiner Spiele war großartig, aber viele davon waren schöne Games für Zwischendurch, originelle Knobeleien und liebevoll gemachte Software, die die Abtipparbeit belohnte. 1985 verlieh ihm die Zeitschrift Homecomputer sogar den ersten Preis in einem Wettbwerb als „Software-Champion“. Einige von Ronalds Spielen hätten das Zeug zu schönen Budget-Titeln gehabt.

Irgendwann verschwanden die Listing-Zeitschriften wie Computronic, Compute mit und Homecomputer vom Markt, stattdessen kamen Diskettenmagazine: Die Magic Disk 64 und die Game On. Auch hier war Ronald noch eine Zeitlang vertreten. Anfang der Neunziger wurde es dann still um ihn, 1999 trat er nochmal mit einer Neuauflage eines Spiels in Erscheinung. Dann ließ Ronald die Spielewelt hinter sich und arbeitet seitdem bei einer österreichischen Firma, die Kupplungen, Schläuche, Armaturen und diverses Hydraulikzubehör vertreibt.

Das Cover der Computronic 1/87, mit einem passenden Motiv
zu Ronald Mayers TAXI DRIVER (von Fischer, Bad Hersfeld).

Damals freute ich mich immer auf Ronalds neueste Spiele und tippte beinahe jedes fleißig ab. In meiner kindlichen Phantasie – ich war damals zwischen 8 und 10 – stellte ich mir vor, später einmal mit Ronald zusammen Spiele zu entwerfen. Beim Durchblättern alter Magazine stieß ich nun wieder auf seinen Namen und nahm mir vor, ihn zu seinen damaligen Games zu interviewen. Das war gar nicht so leicht: Es war zunächst etwas Detektivarbeit nötig, um Ronald überhaupt ausfindig zu machen. Nachdem ich ihn aufgestöbert hatte, konnten wir aber schnell eine Vereinbarung für ein Interview treffen, das ich euch hier präsentieren will. Das volle Gespräch dauerte zwei Stunden, von daher seien trotz Kürzungen Tee und Gebäck zur Lektüre empfohlen. Es ist nicht nur eine höchst interessante Unterhaltung über Ronalds Spiele, sondern auch eine faszinierende Zeitreise in eine längst vergangene Heimcomputer-Ära …

Ronald Mayer: Wie komme ich überhaupt zu diesen Ehren?

Christian Genzel: Ich war damals sehr fleißig, was die ganzen Listingzeitschriften angeht. Ich hab‘ die Computronic und die Compute mit immer brav gelesen. Und die Magic Disk usw., wo die Spiele nicht mehr zum Abtippen waren, kenne ich auch noch. Ich hatte mir von all diesen Sachen deinen Namen immer gemerkt. Wahrscheinlich, weil auch MR. POSTMAN das erste Spiel war, was ich abgetippt hatte, und der Name tauchte ja dann auch immer wieder auf.

Ja, wenn ich das so nachvollziehe, dann war ich da schon ziemlich oft dabei, das ist wahr.

Ja, es war wirklich fast in jeder Ausgabe ein neues Spiel von dir drin.

Ja (lacht).

Ich hab‘ als Vorbereitung die alten Ausgaben, die ich noch habe, nochmal durchgeblättert, und ich habe gesehen, daß du beinahe der einzige bist, bei dem auch öfter mal der Name erwähnt wird – wo dann also dabeisteht: „Wir haben wieder ein neues Spitzenspiel von Ronald Mayer“.

Ja, das stimmt. Das habe ich auch immer mit großer Freude gelesen. Das war immer ein kleiner Erfolg für mich, wenn ich’s wieder geschafft hab‘, daß da ein Programm von mir abgedruckt wird. Ich war immer ein kreativer Mensch, und das war etwas, wo man sich verwirklichen konnte. Wo man einfach die Möglichkeit hatte, etwas zu machen, das andere sehen können.

Die Beschreibung zu JOE aus der Computronic 2/87: „Immer häufiger
steht bei uns der Name Ronald Mayer für sehr gute C-64-Software.“

Um vorwegzugehen, wie ich dazu gekommen bin – ich hab‘ dir jetzt wahrscheinlich die Frage aus dem Mund genommen …

Genau die wäre jetzt gekommen!

Ich hab‘ damals im Verkauf gearbeitet bei einer – ich will den Namen nicht sagen, aber es war so eine Multimedia-Kette, die es jetzt auch noch gibt, und die damals auch Schallplatten verkauft hat. Schallplatten, das sind die runden schwarzen Dinger, die du vielleicht noch kennst (lacht) … Unter anderem hatten sie auch diese neuen Computer, die damals auf den Markt kamen – also als „Homecomputer“ bezeichnete Geräte.

Da gab es zuerst diesen Commodore VC-20 … und so richtig wußte eigentlich keiner, was das jetzt sollte. Es gab ja Spielkonsolen zu dieser Zeit auch schon, wie ich mich erinnern kann – ganz einfach aufgebaut nur, mit Steckmodulen und so weiter, wo man selber nicht eingreifen konnte. Das heißt, man hat ein Spiel gekauft, das eingesteckt, und das mußte man dann spielen – oder konnte man spielen. Und dieser Computer konnte grundsätzlich erstmal überhaupt nichts. Den hast du eingeschaltet und dann stand da – ich weiß nicht mehr, „Basic Ready“ oder so etwas.

Genau, und dann hat er drauf gewartet, daß man etwas macht.

Da war dann ein Handbuch dabei, und dann mußte man sich damit auseinandersetzen, daß man irgendetwas damit macht.

Wann war das, daß du den VC-20 gekriegt hast?

Das war 1983. Da war der VC-20, glaube ich, auf den Markt gekommen. Wann genau, kann ich jetzt nicht mehr sagen, aber irgendwann im Laufe des Jahres.

Ja, dann probiert man eben aus, was da im Handbuch steht. Erstmal Basic gelernt – das war einfach zu lernen, mit Befehlen, die man verstanden hat. Und so hat man dann angefangen, irgendwas zu machen – und dann eben auch diese Zeitschriften zu kaufen. Für den VC-20 gab es damals ganz wenig abzutippen, weil es fast kein Jahr gedauert hat, daß der Commodore 64 herausgekommen ist – und das war natürlich dann gleich das nächste Ding, was ich mir zulegte. Mit dem VC-20, muß ich jetzt ehrlich sagen, hab‘ ich kein einziges Programm geschrieben, was man wirklich als Spiel oder als sinnvolles Programm bezeichnen könnte (lacht). Das war einfach nur versuchsweise. Ich hab‘ ausprobiert, was passiert, wenn ich dies mache und das mache.

Hast du dir den VC-20 zum Experimentieren und Probieren gekauft, oder hattest du auch Spiele oder Software im Auge, die dich interessiert hat?

Nein, eigentlich nicht. Das war aus keinem bestimmten Grund, sondern einfach, weil ich ein Technikfreak bin, und Computer waren eben damals neu für den Heimanwender. Große Maschinen gab es natürlich auch, aber da konnte ein Privater ja nicht ran. Ich weiß, damals hatten wir auch richtige PCs, die für Firmen eingesetzt wurden – die gab’s da auch zu kaufen, und die hatten damals so um die 100.000 Schilling gekostet – laß mich rechnen, das waren ungefähr 7.000 Euro.

Ja, das ist privat nicht erschwinglich.

Für damalige Verhältnisse waren das für mich ungefähr zwei Jahresgehälter (lacht). Und das waren Geräte, die hatten gerade mal 16 Farben und eine Auflösung von 640×480, das damalige VGA oder was das war … 4 Megaherz Taktfrequenz, und ich weiß nicht, wieviel Speicher … minimal. Und Festplatte 5 oder 10 MB – wenn überhaupt. Und Riesendinger natürlich! Und wie gesagt, für Privatanwender unerschwinglich. Da habe ich mir natürlich gar keine Gedanken gemacht, so etwas zu kaufen – wobei ich dazusagen muß: Der Commodore 64 hat auch 10.000 Schilling damals gekostet, also auch 700 Euro. Für heutige Verhältnisse natürlich … wenn man heute um 700 Euro einen Computer kauft, dann kriegt man schon was Ordentliches (lacht).

Gut, aber das war für die damalige Zeit ja auch fast das High-End-Gerät – zumindest im Heimbereich.

Ja, das kann man so sagen. Ich hab‘ mich damals für den Commodore entschieden – es gab ja auch andere: Apple hat einen gemacht, von Texas Instruments gab’s diesen TI-99, da waren auch Spiele drin in den Zeitschriften. Und einige andere Hersteller gab’s auch von diesen 8-Bit-Computern.

Und da habe ich mir dann auch das erste Homecomputer gekauft, die Erstausgabe, wo ich mit großer Freude endlich Programme gefunden habe, die ich abtippen kann oder wo ich mal ausprobieren kann, wie das aussieht. So ging’s dann eigentlich los. Dann hab‘ ich angefangen, die Programme zu modifizieren – mal zu sehen, was passiert, wenn ich jetzt dies oder das ändere – und so habe ich dann langsam gelernt, das in den Griff zu bekommen.

Und dann habe ich in der Computronic gelesen, „Programme gesucht“. Da dachte ich mir: Versuch’s doch einfach mal. Da habe ich dann ein ganz einfaches Spiel gehabt, das hieß ROADPAINTER – das war das allererste. Das muß Anfang ’84 gewesen sein.

ROADPAINTER, Ronald Mayers erstes Spiel,
erschienen in der
Computronic Juni 1984.

Da ist dann wirklich dein erstes Spiel gleich in der Zeitschrift gelandet?

Ja, genau, zu meiner Überraschung – da kam nur so eine Postkarte, und da stand: „Ihre Software ist bei uns eingelangt“, Tronic-Verlag. Da war ich mir gar nicht sicher – sie haben ja nur geschrieben, es ist eingelangt, da wußte ich nicht, was jetzt passiert. Und so 2 Monate später war es dann drin – da habe ich dann auch ein bißchen Geld geschickt bekommen, das war auch nicht schlecht. Ich glaube, 40 oder 60 Mark pro Seite waren das, so in der Richtung. Also nicht wirklich viel, man konnte nicht reich werden damit (lacht). Aber immerhin – wenn man ein Hobby hat und das gerne macht, und dann bekommt man auch noch Geld dafür, dann ist das natürlich ein Anreiz.

Ja, und so habe ich dann eben weitergemacht. Das nächste war dann, glaube ich, SPIDERS, wenn mich nicht alles täuscht – da gab’s eine ganze Reihe, SPIDERS, CONCENTRATION … dann weiß ich die Reihenfolge gar nicht mehr, das ist ja jetzt 30 Jahre her. Aber ich hatte nie ein Programm, das sie nicht genommen hätten (lacht).

Nachdem du ja dann auch sehr oft drin warst in den Zeitschriften, kam dann auch der Punkt, wo die auf dich zugegangen sind und gefragt haben, „Ronald, hast du was für uns für nächsten Monat?“ Oder: „Ronald, wir brauchen ein ARKANOID-Spiel“?

Nein, eigentlich nicht. Es wurde mir nie vorgegeben, was ich zu machen hatte. Oder wann ich was bringen mußte. Ich wurde einmal gefragt von Thomas Brandt, mit dem habe ich mal telefoniert – aber das war schon Ende der Achtziger, ziemlich zum Schluß. Wir haben ja kaum Kontakt gehabt. Ich bin ein ziemlich verschlossener Mensch … ich stehe nicht gern im Mittelpunkt, sagen wir mal so. Allerdings: Sowas wie jetzt freut mich schon, wenn ich indirekt im Mittelpunkt stehe – nicht als Person, sondern mit den Sachen, die ich gemacht habe. Das ist ein Erfolgserlebnis. Aber sonst … das fängt schon mit Geburtstagsfeiern an – mit mehr als drei Leuten ist das schon ein Horror für mich. Aber das ist die ideale Gelegenheit mit solchen Spielen, da ist man ziemlich anonym und kann dann irgendwo genießen, daß man da erfolgreich ist – für meine Verhältnisse erfolgreich.

Es war eine schöne Zeit irgendwo. Man hatte ja am Anfang nicht viel Möglichkeiten – dadurch, daß die Spiele abgedruckt wurden und abgetippt werden mußten, konnten die nicht so aufwendig gemacht werden. Sonst würde die kein Mensch mehr abtippen, wenn die halbe Zeitschrift mit einem Spiel voll ist.

Das wäre auch eine Frage von mir: Ob es da Spiele gibt, wo du das Gefühl hattest, die könnten größer werden oder besser werden, aber du hast den Platz dafür nicht?

Genau, das war oft der Fall. Es ist auch oft so gewesen, daß man das Spiel noch hundertmal umgeändert hat und immer wieder probiert … ich konnte auch meine Spiele nachher nicht mehr sehen – wenn die mal veröffentlicht waren, konnte ich die selber nicht mehr spielen. Du mußt immer wieder ausprobieren und alles durchspielen, damit möglichst wenig Fehler drin sind, und wenn was nicht so paßt, wie es sein sollte … dann kannst du das irgendwann nicht mehr sehen (lacht).

Wie lange bist du ungefähr an einem Spiel gesessen?

Das ist verschieden. Zum Beispiel CONCENTRATION – das war ein Sonntag. Das war aber auch das einfachste Spiel, das war so ein Verschiebe-Puzzle. Aber da war keine große Grafik oder irgendwas. Und sonst – 3 bis 4 Wochen, würde ich sagen. Allerdings nicht jeden Tag und nicht den ganzen Tag, immer stundenweise. Kann man schwer sagen. Das ist wie bei einem Schriftsteller, stelle ich mir vor, der ab und zu mal weiterschreibt an einem Buch.

CONCENTRATION, eine Memory-Variante,
erschien in der
Homecomputer 1/85.

Das Ende war dann später, als die Zeit vorbei war für so einfache Sachen. Als es zu kompliziert wurde, so daß ein Mensch alleine kein Spiel mehr machen kann – oder das mußte schon wirklich ein Genie sein. Manche gab es, die trotzdem noch gute Spiele programmiert haben, im Alleingang. Aber es waren dann die großen Softwarefirmen, die gute Programmierer hatten, wo dann mehrere Leute an einem Spiel gearbeitet haben. Und im Team arbeiten, das konnte ich eigentlich nicht – ich hatte auch keinen, der da mitgeholfen hätte. Das war auch nicht so mein Ding.

Hattest du mal einen Plan, daß das zu etwas Größerem wird, daß du in größeren Teams arbeitest oder für Firmen Spiele entwickelst?

Eigentlich nicht. Einmal, das war 1987 – da bekam ich einen Anruf aus der Schweiz, Firma Linel … keine Ahnung, ob’s die noch gibt. Die hatten eine Softwarefirma gegründet und hatten mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mal ein Spiel für sie zu schreiben. Sie würden das vermarkten. Ja, irgendwo will man die Chance nutzen – das habe ich dann auch gemacht, auch auf dem C64. Das war ein bißchen aufwendiger – das Ganze war im Assembler geschrieben, nicht nur in Basic. Bei den anderen Spielen – beim ersten noch nicht, aber danach – waren immer so kleine Assembler-Routinen dabei, damit das Spiel ein bißchen flüssiger lief. Heutzutage programmiert keiner mehr so, weil es viel zu kompliziert wäre für die Maschinen, die es jetzt gibt. Damals war das noch recht übersichtlich – du hast einen Prozessor, und den konnte man schön programmieren. Das war recht einfach und primitiv mit den Maschinen damals.

Das habe ich also komplett in Assembler geschrieben, ein Titelbild dazu gemalt – sehr aufwendig, wochenlange Arbeit, und es ist eigentlich nichts dabei herausgekommen. Das war eigentlich das einzige Spiel, das nie veröffentlicht wurde. MAZE PATROL hieß das, kennt kein Mensch … das war sicherlich eines von den aufwendigsten. Das war eine Enttäuschung. Das war auch das einzige, was ich für diese Firma gemacht habe. Nachdem es nie veröffentlicht wurde und ich es auch nie ins Netz gestellt habe, überlege ich mal, wo ich das jetzt finde …

Das wäre jetzt meine nächste Frage!

Da muß ich irgendwann meinen C64 wieder aktivieren und mal sehen, ob der noch funktioniert … der ist jetzt sicher 20 Jahre außer Betrieb.

Das war die erste größere Enttäuschung. Da habe ich geglaubt, das könnte was werden. Die haben damals mit Codemasters, glaube ich, zusammengearbeitet, dann hieß es, das wird bei denen veröffentlicht … und dann ist nichts rausgekommen.

Hast du Geld gekriegt von denen oder haben die einfach gesagt, „Mach mal“, und beim fertigen Spiel dann abgelehnt?

Ich wäre dann beteiligt gewesen am Umsatz. Nachdem es nie veröffentlicht wurde, haben die natürlich auch nichts damit verdient, aber trotzdem hat es mich geärgert. Dann war irgendwann natürlich auch die Zeit vorbei, so ein Spiel auf den Markt zu bringen – das war sehr schnellebig, das hat man jedes Jahr gemerkt bei den Spielen. Wenn ein Spiel ein bißchen älter war, dann war das nicht mehr up-to-date, weil das immer schneller und aufregender sein mußte.

Ein Update von Ronalds INTRUDER:
ELECTRA, veröffentlicht auf der
Magic Disk 12/89.

Dann gab es eben noch diese Magic Disk, die du schon angesprochen hast, und die Game On. Da waren auch einige Spiele drauf … ELECTRA war eines von den aufwendigeren.

Wobei ELECTRA ja eigentlich INTRUDER ist, vom Jahr davor?

Ja, ganz genau. Aber für einen anderen Verlag. Da habe ich mir gedacht … andere machen auch irgendwelche Spiele, verändern die ein bißchen und verkaufen das, dann probierst du das eben auch. Das ist das gleiche Spiel – den Namen geändert und ein paar Kleinigkeiten … es war eigentlich nur schnell verdientes Geld, ehrlich gesagt (lacht). Aber es war ja auch ein anderer Verlag.

Das ist mir aufgefallen bei den letzten Spielen, die ich von dir auf der Liste habe – die letzten Sachen waren Neuauflagen von Spielen, die man von dir schon kannte. Da gab es TANK ACTION, was im Endeffekt wie HUNGRY HOODLUM funktioniert hat, nur eine andere Grafik hatte …

Ja, ja, richtig.

… dann ELECTRA, was INTRUDER ist, und dann gibt’s noch HYPER SNAKE, was einfach neue Levels für ROWLY bietet.

Ja, richtig. Oh ja, das sind Namen, die ich jetzt schon ganz vergessen hatte. ROWLY, genau. (lacht) Stimmt, da gab es einige solche Sachen.

Es war auch einfach so – das waren die Spielklassiker, die man von früher her schon kannte. Ich wollte da überall mal durch, alles mal machen … JACK THE PAC, das war mein PAC-MAN …

Ja, JACK THE PAC hab‘ ich auch damals recht ausführlich gespielt. Das gehört auch zu deinen sehr guten Spielen, weil die Idee sehr originell ist, daß man dem Pac-Man den Weg bauen muß.

Ja, das war mal ein anderer PAC-MAN. Hunderttausend normale PAC-MANs gab’s ja schon, und dann dachte ich mir, probier mal sowas aus. Das war auch sehr interessant – aber irrsinnig schwer zu spielen, wie ich mich erinnern kann.

JACK THE PAC aus der Compute mit 1/88: Hier steuert man
nicht den Pac-Man, sondern muß ihm seinen Weg bauen.

Das stimmt. Ich bin auch nie sehr weit gekommen, muß ich gestehen.

(lacht) Und DIAMOND FEVER war dann eins von den letzten, glaube ich. Das war auch auf einer Magic Disk, ich glaube ’89. Und dann kam der Amiga – ich glaube, ’89 habe ich den Amiga gekauft.

Da gab es dann noch ein Casino-Spiel, das am Amiga herausgekommen ist – CASINO 3000. Aber das ist dann das letzte, was ich gefunden habe, bis die Neuauflage von DIAMOND FEVER nochmal herauskam.

Ja, genau, für den Amiga. Das war eigentlich dann der Schluß. Das wurde dann noch auf der Amiga Plus veröffentlicht, 1999 – da wurde ich gefragt, ob die das haben können. Da habe ich nichts dafür gekriegt – mir wurde zwar auch was versprochen, aber die waren ja selber schon pleite zu der Zeit, wie ich mich erinnern kann.

Und dann hab‘ ich’s endgültig aufgegeben. Wenn ich dann am Amiga die professionellen Spiele mit meinen verglichen habe, dann habe ich natürlich absolut keine Chance mehr gehabt, da irgendwo reinzukommen, oder nachzukommen. Weil ich ja auch nur Learning-By-Doing gemacht habe – ich hatte zwar Bücher, die ich mir für den C64 und auch für den Amiga zugelegt hatte, aber das wirklich alles selber zu lernen … irgendwann stößt man an seine Grenzen, und dann ist Schluß. Das ist das Schwierige daran. So habe ich das dann noch ein bißchen als Hobby gemacht, aber eigentlich nichts mehr programmiert.

Also, du hast keine angefangenen Spiele, die dann nicht mehr weitergekommen sind?

Nein, eigentlich nicht. Irgendwo ist es schade, aber irgendwo war auch der Lauf der Zeit zu … ja, zu hektisch. Vielleicht bin ich dann auch schon zu alt dafür gewesen (lacht). Da ist dann einfach nichts mehr gegangen.

Aber du hattest während dieser Zeit deinen normalen Job behalten, oder? Oder hast du eine Zeitlang wirklich nur als Programmierer gearbeitet?

Den Job habe ich ziemlich früh verloren, das war Mitte der Achtziger Jahre. Da war ich dann ohne Job und habe von dem gelebt, was ich da so bekommen habe. Ich weiß nicht, ob du das gesehen hast – 1985 habe ich ja diesen Preis gewonnen mit den 5000 DM, und dann bei Magic Disk oder Game On auch noch mal – 1987, glaube ich, das waren auch noch mal 5000. So bin dann einigermaßen über die Runden gekommen – ich hab‘ keine hohen Ansprüche gestellt, und so bin ich halbwegs durchgekommen.

Jetzt fehlen mir natürlich die Jahre für die Pension (lacht). Aber zu dieser Zeit denkt man an solche Sachen natürlich zu wenig. Da sieht man das einfach ein bißchen lockerer. Aber was soll’s, halb so wild.

Und mittlerweile bin ich jetzt auch schon fast 15 Jahren bei der Firma, wo ich jetzt arbeite – da mache ich was komplett anderes, da habe ich mit Hydraulik zu tun … und ärgere mich über das ganze Windows-System (lacht), weil ich jetzt zuhause nur mit Apple arbeite.

Juckt es dich manchmal, mal wieder was zu machen?

Oh ja! (lacht) Aber momentan fehlt mir einfach die Zeit, daß ich irgendwas in Angriff nehme. Ich hab‘ mich schon informiert und geschaut, wie das Ganze läuft – aber von Grund auf wieder anzufangen … Ich glaub‘, das wird noch ein langer Weg. Aber irgendwann wird es sicher nochmal irgendwas geben … und wenn’s nur für private Zwecke ist, für die Kinder oder irgendwas (lacht). Irgendwas muß ich da schon noch mal aus dem Boden stampfen, und wenn’s nur eine blöde App für’s iPhone ist (lacht).

HYPER SNAKE, ein Update von Ronalds ROWLY: Die Schlange
wird immer länger und kommt sich irgendwann selbst in die Quere.

Das fänd‘ ich natürlich cool. Ich hab‘ mir auch bei einigen deiner Games gedacht, daß das heutzutage teilweise gute Handy-Games wären. Sowas wie ROWLY zum Beispiel – am Handy hat ja dann sowieso irgendwann jeder SNAKE gehabt …

Stimmt, die ersten Nokias …

… und ROWLY gefällt mir ja zum Beispiel auch sehr gut, weil das diese Knobel-Komponente hat. Es ist ja relativ schnell so, daß man schauen muß, wie man überhaupt durch die Levels durchkommt, ohne sich selbst aufzufressen. Und das ist ja auch die Art von Spiel, wo du nicht den Riesen-Aufwand brauchst. Du brauchst nicht die Mega-Grafik dafür, und als Sound gibt’s eh nur klack-klack-klack, wenn man Punkte sammelt, mehr passiert ja da nicht – es geht wirklich nur um das Leveldesign. Genauso DIAMOND FEVER, das fände ich auch ein schönes Handy-Game. Das ist etwas, was man immer schön zwischendurch spielen kann. Total easy zu verstehen, braucht keinen großen Aufwand … ich glaube, da ist die Zeit jetzt wieder da, daß es einen Markt gibt für solche Spiele für Zwischendurch.

Ja, das könnte ich mir gut vorstellen. Wie gesagt, ich hab‘ mir das schon ein bißchen angeschaut, wie das läuft, aber es ist auch nicht so einfach, wie man sich das vorstellt … da muß das Ganze über Apple laufen, das muß dann erst von Apple freigegeben werden, und dann mußt du dich als Entwickler registrieren, aber da zahlst du Gebühren. Und das wollte ich eigentlich nicht, weil ich ja kein professioneller Entwickler bin.

Aber es würde mich schon reizen. Immer wieder mal habe ich so eine Phase, wo ich mir denke, jetzt probierst du’s einfach mal … dann fehlt einfach die Zeit. Es ist schwierig.

Wirst du sonst noch angesprochen auf deine alten Spiele?

Ende der Neunziger, als das Internet für uns Private ziemlich aktuell war – als das richtig losging, ’97, ’98 … da hab‘ ich relativ viel Mail bekommen: „Bist du der, der damals dieses Spiel programmiert hat?“ Zu DIAMOND FEVER habe ich damals mit einem Amerikaner aus Connecticut geredet. Das war zur Amiga-Version. Der kam bis, glaube ich, Level 99 – eines der letzten Levels hatte einen Fehler, und das konnte man gar nicht schaffen. Man konnte es gar nicht durchspielen bis 100 (lacht). Da mußte ich dann ein Update schreiben, damit das überhaupt spielbar war. Das war aber schon einige Jahre, nachdem es veröffentlicht wurde – ich hab‘ also gesehen, es hat nie einer durchgespielt (lacht).

Der hatte dann auch die Idee mit diesen Paßwörtern – alle paar Levels gab’s ein Paßwort, das man dann verwenden konnte, damit man nicht immer bei 1 anfangen mußte. Das habe ich dann eingebaut. So sind solche Sachen entstanden, das war ganz interessant.

DIAMOND FEVER in der Amiga-Variante.

Hast du davor auch Kontakt mit den Leuten gehabt? Du hast ja in den Listings auch immer deine Adresse mit angegeben. Haben dir da mal Leute geschrieben?

Ja, das war allerdings noch guter alter Briefverkehr. Da habe ich, würde ich sagen, 30, 40, 50 Briefe … die hab‘ ich sogar noch! Die unterschiedlichsten Sachen …

Waren das Spieler, die dir gesagt haben, daß sie die Spiele ganz toll fanden? Oder gab’s Verbesserungsvorschläge? Oder Leute, die was mit dir zusammen aufbauen wollten?

Das eher weniger. Es gab Verbesserungsvorschläge, es gab Vorschläge für Spiele … der eine wollte nur das Spiel auf Diskette zugeschickt haben, weil ihm das Abtippen zuviel war (lacht). Das habe ich sogar gemacht, ich war da nicht so kleinlich.

Aus der ehemaligen DDR hatte ich dann zwei Freunde, die da anscheinend auch miteinander programmiert haben. Die haben sich immer wieder Tips geholt und haben gefragt, wie macht man das am einfachsten, daß sich die Punkte am Bildschirm erhöhen, und so habe ich ihnen gewisse Kleinigkeiten verraten, wie man das effektiv lösen kann. Die waren da recht dankbar, nachdem es damals in der DDR ja recht schwierig war, überhaupt einen C64 zu kriegen. Die Dinger haben ja da ein Vermögen gekostet. Und da haben wir uns immer unterhalten, auch politische Sachen, wie es ihnen da geht und so weiter … meine Frau ist auch aus der ehemaligen DDR, zufälligerweise.

Kennt die deine Spiele?

Ja, das war allerdings nach dieser Zeit. Sie weiß schon, daß es die Spiele gibt und daß die in den Zeitschriften waren. Aber so richtig „live“ hat sie das nicht mitbekommen.

Du hast ja vorhin gesagt, daß du gelernt hast, indem du die Spiele abgetippt hast in diesen ersten Homecomputer-Ausgaben. Hast du später, als du selber auch immer Programme drin hattest, die anderen Spiele auch noch abgetippt, oder hattest du dafür keine Zeit?

Ich hab‘ ganz wenig abgetippt – nur ganz am Anfang, als ich noch keine Spiele selber gemacht habe, als ich noch am Lernen war. Irgendwann hab‘ ich mal ein Adventure abgetippt, das war irrsinnig lang und aufwendig abzutippen – und wenn du da einen Fehler gemacht hast, dann hat der ganze Grafikaufbau nicht mehr gestimmt. So habe ich durch das Abtippen auch gelernt, wie man manche Sachen besser machen kann und wie man es nicht macht (lacht).

Ein Teil des Listings für Ronalds TAXI DRIVER,
abgedruckt in der Computronic Januar/Februar 1987.

Es hat ein paar Spiele gegeben, die ich nicht eingeschickt habe – die ich nur für mich oder für meine Mutter damals gemacht habe. Die hat mal so ein Bomberspiel gespielt (lacht) … das war wirklich ganz primitive Grafik – überhaupt keine Grafik, mehr oder weniger. Das waren nur Vierecke, die da geflogen sind. Ganz, ganz einfach. Nur, um die Funktion auszuprobieren, wie man diese Sachen machen könnte. Erst, als ich soweit war, daß ich eben wußte, wie man Grafik vernünftig darstellt – man mußte ja beim C64 den Zeichensatz ändern. Das war nicht ganz so einfach, wenn man das nicht wußte. Da mußte man erstmal rauskriegen, wie das funktionierte. Mehrfarbige Grafiken und so, das war gar nicht so einfach. Es gab ja auch nicht wirklich Bücher, die einem das gezeigt haben. Es gab dieses Standardbuch – C64 INTERN hieß das, glaube ich. Da war das ganze Betriebssystem und alles beschrieben, aber so richtige Anleitungen zum Programmieren waren da auch nicht drin.

Ich habe ja sogar mal versucht – es gab ja dieses SIMON’S BASIC, das kennt eigentlich jeder, der einen C64 hatte. Eine Programmerweiterung war das, mit Grafikbefehlen und so weiter. Und da habe ich dann auch mal eine Basic-Erweiterung geschrieben. GAME BASIC hieß das.

Die hast du nur für dich geschrieben?

Die wurde auch veröffentlicht, bei Markt & Technik. Die war in einem 64’er-Sonderheft drin, und dann gab es noch so ein kleines 64’er-Büchlein, da war es auch nochmal drin, mit Diskette dabei. Das war 1986. Da habe ich mal versucht, ein seriöses Programm zu schreiben (lacht).

Offensichtlich erfolgreich!

Ja … das war das einzige, was ich an Markt & Technik geschickt habe. Dafür gab’s dann aber auch nur 100 Mark. Das war nicht wirklich viel, und es war eines von den aufwendigsten Programmen, die ich je gemacht habe.

Bei Spielen ist man immer ein bißchen flexibel, da kann ich sagen: Okay, wenn das nicht so funktioniert, dann kann ich’s ein bißchen verschieben und dann funktioniert’s eben irgendwo anders. Aber bei einem Betriebssystem habe ich Vorgaben – wenn ich sage, das muß blau sein, dann muß es blau sein, da kann ich nicht sagen, es wird nur hellblau oder irgendwas anderes. Das muß so funktionieren, wie es eben erwartet wird. Es ist schwer zu erklären – wenn beim Spiel das Raumschiff blau ist, ist es blau, und wenn’s rot ist, ist es rot. Das ist jedem egal. Aber bei einem Betriebssystem müssen die Befehle das bringen, was man erwartet. Die sind genau an Vorgaben gebunden.

Gerade beim C64 war es immer schwierig, eine Erweiterung zu programmieren, weil der Speicher ja sowieso schon so knapp war. Durch diese Erweiterung wurde es dann noch weniger, und dann hatte man schon fast keinen Platz mehr, noch ein Programm zu schreiben. Nicht wirklich sinnvoll. Damals gab es ja auch keine Speichererweiterungen für diesen Computer – man kann sich das heute kaum vorstellen, daß man da wirklich nur 38 KB für Programme frei hatte.

Stimmt, das Basic hat dann den Rest eingenommen. Es gab ja dann noch den 128er, aber das war ja keine Erweiterung, sondern ein eigenständiger Computer.

Richtig, ja. Als der auf den Markt gekommen ist, war das der logische Nachfolger für mich. Der war aber damals natürlich noch zu teuer für mich. Dann gab es ja noch diesen 116 und wie die alle hießen …

Ja, C-16, C-116 und den Plus-4.

Genau, lauter verschiedene wurden da auf den Markt geworfen, und alle wieder ein bißchen anders vom Aufbau her. Das hat mich etwas verwirrt, da wußte ich nicht, wie ich weitermachen soll (lacht). Dann irgendwann wurde der Amiga spruchreif, das war dann natürlich der Traumcomputer damals. Den hatten wir auch im Verkauf, ich hab‘ das Ding live gesehen und das war einfach Wahnsinn. Dieser Sprung vom C-64 auf den Amiga, das war wie ein Kulturschock. Unvorstellbare 512 KB Speichererweiterung! (lacht) Ein halbes Megabyte. Man kann sich das kaum vorstellen.

Man hat ja damals auch immer gedacht, das kann man nie ausschöpfen.

Ja, ein paar Jahre später kamen dann die Daten-CDs, da hat auch jeder gesagt: Da hast du 700 Megabyte Speicherplatz – welches Spiel wird das jemals benötigen? Das gibt’s gar nicht. Man kommt mit einem halben Megabyte für ein Spiel aus und hat plötzlich 700.

Und wenn ich mir jetzt Spiele anschaue für die Playstation 4, dann schlage ich mir das mit dem Programmieren sofort wieder aus dem Kopf. Da liegen einfach Welten dazwischen, daß man so etwas auf die Beine stellen kann.

Aber das sind ja auch andere Arten von Spielen. Die haben eine Million Budget, und wie bei einem Hollywood-Film ein Riesenteam von 150 Leuten dahinter.

Ja, und richtige Schauspieler, echte Hollywood-Größen teilweise, die den Charakteren dann die Stimmen verleihen.

Genau, und eigene Komponisten …

Das ist natürlich schon frustrierend – ich mach da ein SNAKE, 95. Version, und die machen lebensechte Grafik.

SMASH, ein ARKANOID-Clone aus der Compute mit 2/88.

Aber es sind einige bei deinen Spielen dabei, wo ich mir denke: Das Coole ist, dass sie etwas Originelles haben, was man noch nicht gesehen hat. Es gibt zwar auch immer wieder welche, wo man sagt: Das kennt man schon – du hast so einen ARKANOID-Clone, SMASH. Das war halt wirklich der 150. Clone.

Ja, da wollte ich auch einfach mal sowas machen. Das war auch ein Anreiz: Ich wollte jedes Genre, das es von diesen Klassikern gab, selber mal machen. SMASH ist auch nicht wirklich gelungen … das hätte ich vielleicht sein lassen sollen.

Ja, es hat nicht so das Tempo. Welches von deinen Spielen magst du am liebsten? Und bei welchem denkst du dir, daß es nicht aufgegangen ist, was du machen wolltest?

Am liebsten mag ich … ich glaube, XAMA. Das war eins, wo ich mich etwas mehr austoben konnte. Das war auf einer Magic Disk. Da konnte ich das Titelbild malen, das war schon mal etwas, was ich bei den Zeitschriftenspielen nie machen konnte. Da habe ich mich mit Koala-Paint ausgetobt (lacht). Auch unvorstellbar, da habe ich mit dem Joystick Punkt für Punkt gemalt. Wenn mir jetzt einer sagen würde, mach das nochmal, würde ich sagen, du spinnst ja. Aber wenn man’s nicht anders kennt … auch die ganzen Levels, das wurde ja Zeichen für Zeichen zusammengesetzt und dann als Matrix gespeichert, damit das scrollen kann. Und das hat wirklich so funktioniert, wie ich’s mir vorgestellt habe, deshalb ist das eines von meinen Lieblingsspielen. Gar nicht vom Spielablauf her, aber ich finde es gelungen. Es hat keine Fehler … zumindest keine bekannten (lacht).

TURBO RACER aus der Computronic Mai/Juni 1987.

Was mir gar nicht gelungen ist, ist das Autorennen … Autorennen kann man das gar nicht nennen. TURBO RACER. Da kommt eben das zum Tragen, wo man einsparen muß vom Speicherplatz her, damit das Game noch abgedruckt werden kann. Die ganzen Animationsphasen vom Auto, das mußte alles eingespart werden. Das hätte man sicher viel schöner machen können, wenn man da mehr Möglichkeiten gehabt hätte. Vielleicht auf einer Magic Disk später … ich wollte einfach mal so ein 3D-Autorennen ausprobieren, ob ich das hinkriege. Das ist nicht so gelungen, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich habe mir auch zu viel vorgenommen mit Drehzahlen und allem Möglichen. Irgendwann habe ich dann aufgegeben und hab’s so abgeschickt, wie es war.

Es ist anstandslos veröffentlicht worden … Ich muß auch gestehen, das mag ich am allerwenigsten – das ist eins, das ich gar nicht richtig spielen kann, weil mich das mit dem Schalten total narrisch macht, daß das in die andere Richtung gehen muß.

(lacht)

Da passiert dann auch nichts Großartiges, was faszinierend wäre oder eine große Herausforderung – außer, daß mich halt die Steuerung nervt.

Ja, da war einfach der Anreiz, so ein Spiel zu machen, aber vielleicht hat auch das Know-How gefehlt, das richtig ansprechend hinzukriegen.

JOE aus der Computronic März/April 1987.

Was ich sehr originell finde, was auch damals schon sehr cool war, ist JOE.

Ja, das fand ich auch lustig. Da gab’s auch eine ganz komische Situation mit dem JOE … JOE war ja für Homecomputer oder Computronic, auf jeden Fall für den Tronic-Verlag. Und es gab ja zwei Versionen vom C-64, also zwei verschiedene C-64. Wenn man den Bildschirm löschte, hat der eine die Farbe mitgelöscht, der andere nicht – um es ganz primitiv zu sagen. Das war einfach eine Änderung in der Hardware. Der Tronic-Verlag hatte anscheinend einen, wo das der Fall war, und bei meinem nicht, weil ich noch einen ganz alten hatte. Deswegen sahen die Bilder dann teilweise so komisch aus. Ich hab‘ das nie in dieser Fehler-Grafik gesehen, aber die Photos, die in der Zeitschrift waren, haben mir gezeigt, daß die auf diesem Computer gemacht wurden. Das sah gräßlich aus.

Aber das nur nebenbei. Dieses Spiel wurde ganz normal veröffentlicht, und irgendwann, Monate oder Jahre später, war das auch nochmal auf einer Game On oder Magic Disk

Ich habe das hier: Magic Disk, Mai 1988. Es heißt dort auch JOE. Es hat ein neues Titelbild spendiert gekriegt. Als Autoren stehen ein Schuster und ein Mieslinger da.

Ich hab‘ mir diese Diskette gekauft und schau mir das an – JOE, so ein Spiel hab‘ ich ja mal für den Tronic-Verlag gemacht. Ich starte das Spiel, dann kommt das Titelbild – da hab‘ ich mir nichts gedacht, das ist nicht von mir. Und dann startet das Spiel selbst, und es ist genau mein Spiel.

JOE auf der Magic Disk vom Mai 1988:
Zwei „Autoren“ geben Ronalds Spiel JOE als das ihrige aus.

Ich hab‘ denen geschrieben, daß es mein Spiel ist, das sie da veröffentlicht haben, und ich hab‘ auch diesem Herrn Schuster geschrieben. Der hat mir dann geantwortet und gesagt, er hat ja dieses schöne Titelbild dazu gemalt und das dann eingeschickt. Ich hab‘ dem Verlag erklärt, daß das mein Spiel ist, und hab‘ dann auch das Geld für die Veröffentlichung komplett erhalten – wobei dieser F. Schuster mich dann verklagen wollte: Er wollte mindestens die Hälfte haben, weil er das Titelbild dazu gemalt hat (lacht).

Das ist ja dreist.

Ich hab‘ gesagt, er soll’s lieber lassen, den Rechtsanwalt einzuschalten, weil das wohl nicht so gut war, was er gemacht hat. Seine Mutter hat mir dann noch geschrieben – den Brief hab‘ ich, glaube ich, auch noch irgendwo liegen: In Rammstein waren sie damals nur ganz knapp dem Tode entkommen. Die hat dann gebettelt, daß ich ihr das halbe Honorar überweise für den armen Jungen. Aber das habe ich dann auch nicht eingesehen – ich finde das nicht so gut, wenn man Software von anderen nimmt und drin herumfuhrwerkt. Er hat im Spiel selber gar nichts geändert. Ich weiß nicht mal, ob er den Namen im Spiel selber herausgelöscht hat – das „MR-Soft“ war ja nach wie drin, glaube ich.

Aber solche Versuche müssen öfter mal vorgekommen sein. Ich habe beim Durchblättern in der Compute mit eine Nachricht gefunden, wo es hieß: Wir merken das, wenn Spiele irgendwoher geklaut sind. In der Computronic habe ich auch so ein Editorial gefunden, wo es hieß, da wäre so ein Fall gewesen. Sie nennen keine Namen, aber die Tatsache, daß das öfter erwähnt wird, zeigt mir, daß das offenbar mehrere Leute probiert haben.

Mir ist es auch insofern aufgefallen, wenn ich jetzt so ein bißchen im Netz nachschaue, was mit meinen Spielen passiert ist. Da gibt es ja diese Gamebase 64. Wenn ich da meinen Namen eingebe, listet er mir ja einige Spiele auf. Und da findet man die seltsamsten Sachen – da steht dann „cracked by soundso“, oder irgendeine Softwarefirma, die ich nicht mal kenne, die sich da reingeschrieben hat. Obwohl: Zum Cracken war ja da eigentlich nichts, die Spiele waren ja nicht kopiergeschützt.

Manche haben einen Trainer dazugekriegt, wo man dann unendlich Leben oder so hat. Aber manches ist wirklich dreist. Als ich den Text über MR. POSTMAN geschrieben hatte, habe ich im Netz nur einen Screenshot gefunden, wo jemand deinen Namen herausgenommen hat – stattdessen steht da ein „Michael B.“, der das Spiel angeblich gemacht hat.

Ja, das habe ich auch gesehen. Aber es ist zu lange her, daß ich mir da noch Gedanken gemacht oder das weiter verfolgt habe.

Ich habe aber auch ein paar Public-Domain-Compilations für den C64. Das sind so Disketten, wo jeweils ein paar Spiele drauf sind. Die kommen von Boeder, glaube ich. Interessanterweise sind das alles Spiele aus der Computronic und der Compute mit und so weiter. Und da sind auch jede Menge von deinen Spielen dabei.

Aha. Da habe ich nie was von erfahren und auch nichts bekommen. Naja, Public Domain …

Aber deine waren ja nicht Public Domain, oder? Die Tatsache, daß es abgedruckt war, heißt ja nicht, daß du es hergibst.

Das ist richtig, genau. Ich habe mich nicht bereiterklärt, daß das irgendwo kostenlos zur Verfügung steht. Denen hab‘ ich auch nie was geschickt.

Pro Compilation – zum Beispiel „Actionspiele“ – waren das vier oder fünf Games, und da ist zum Beispiel INTERCEPTOR BASE drauf, oder vom Ulrich Mühl – der hat ja auch für die Computronic und Compute mit Sachen geschrieben – war RAID, so ein Ballerspiel, drauf.

Keine Ahnung, vielleicht lief das irgendwie über den Verlag. Der Tronic-Verlag hat ja irgendwann dicht gemacht, oder?

Ja, die waren irgendwann pleite, Mitte der Neunziger. Die ASM wurde dann zu der PC Spiel, und die haben dann noch ein Jahr oder so durchgehalten. 1996 haben die dann Konkurs gemacht. Hast du das eigentlich mitgekriegt, daß die Listingzeitschriften eingehen? Es sind in den letzten Ausgaben ja immer noch neue angekündigt.

Ja … da kann ich mich selber nicht mehr erinnern, wie das lief. Irgendwann war einfach Schluß. Die Game On und die Magic Disk haben ja länger überlebt – das war die Zeit, wo Zeitschriften mit Diskette auf den Markt gekommen sind.

Das Cover des C64-Diskettenmagazins Game On, Ausgabe 5/89.
Ronalds TANK ACTION wird als „Pac-Panzer auf Punktejagd“ beworben.

Hast du im Kontakt mit dem Tronic-Verlag immer nur telefoniert, oder warst du auch mal da?

Nein, wir haben nur einmal telefoniert – das war für das Interview für den Gewinn damals. 1985 für UFO, glaube ich.

Es war Manfred Kleimann, der das Interview geführt hat – ein legendärer Redakteur von damals.

Stimmt, ja, Manfred Kleimann, der hatte alles im Griff. Ich kenne ihn aber nur einmal vom Telefon her und natürlich aus der Zeitschrift, da war ja immer vorne das kleine Photo drin.

Hast du sonst auch gespielt? Also, hast du auch „normale“ Spiele gespielt und gekauft?

Ja. Wir waren damals mehrere in diesem Alter, die da immer ein bißchen bei mir zuhause gezockt haben, nachdem ich der einzige war, der so ein Gerät hatte und damit etwas anfangen konnte. Es war ja nicht so am Anfang, daß man sowas gekauft hat und gleich wußte, was man damit tun konnte – es war wirklich schwierig, es war auch kaum was zu kriegen. Da gab es diese Steckmodule von Commodore, aber das waren ja nur ganz einfache Spiele, nichts Aufwendiges. Mit den besseren Sachen ging es erst später los.

Da haben wir dann zu fünft, sechst, siebt gespielt, immer abwechselnd – jeder wollte mal drankommen. LEADERBOARD GOLF war eins von den Lieblingsspielen, was viel gespielt wurde bei uns. Am Amiga war’s dann natürlich um Häuser besser, aber wir waren mit dem C-64 damals auch zufrieden – wo man den ganzen Bildaufbau noch beobachten konnte, wie sich der Hintergrund aufgebaut hat (lacht). Das war ganz normal. Wenn die 3D-Grafik heutzutage ein bißchen ruckelt, wird man schon nervös. Und damals hat’s eine Minute gedauert, bis das Spiel soweit war.

Man hat ja auch zehn Minuten gewartet, bis das Spiel geladen hatte. Die Zeit hatte man einfach.

Das stimmt. Da hatte man mehr Zeit.

Die Beschreibung zu Ronalds COPTER DUEL aus der Compute mit 3/88 –
inklusive kleinem Comic von Donald-Bug-Zeichner Stefan Bayer.

Spielst du heute auch noch?

Nein, eigentlich nicht mehr. Das einzige, was ich ab und zu spiele, ist WOW. Immer, wenn’s neue Erweiterungen gibt, ist das wieder interessanter, und dann wird ein bißchen gezockt. Aber auch nicht so, daß ich stundenlang vor der Kiste sitze. Vielleicht eine Stunde am Tag im Durchschnitt, nicht mal. Ab und zu am Wochenende etwas länger, da sind’s dann ein paar Stunden. Aber auch nur, wie es die Zeit erlaubt. Ich bin da kein Freak bei WOW, der die aktuellen Raids und die beste Ausrüstung braucht. Es ist einfach nur lustig, wenn man ein bißchen die Welt erkundet und seine Quests macht. Und fasziniert ist von der Programmierung – wenn man hört, die Grafik sei nicht so gut und anderswo viel besser, dann sag ich den Leuten: Programmier mal sowas und dann beschwer dich. Man kann das heutzutage gar nicht mehr abschätzen, wieviel Arbeit und Aufwand da dahinter steckt.

Ronald, vielen Dank für das Interview – und vielen Dank für Jahre voller Datazeilen, die ich abtippen durfte!

(lacht) Es ist eine Ehre für mich, daß ich zu dieser Ehre gekommen bin. Ich finde es toll, daß es Leute gibt, die sich noch daran erinnern.

Hier das Interview, das Manfred Kleimann für die Februar/März-Ausgabe der Homecomputer 1986 mit Ronald Mayer führte, als der für sein Spiel UFO als „Software-Champion 1985“ ausgezeichnet wurde:

 

Und hier noch die vollständige Ludographie von Ronald. Die Jahreszahlen orientieren sich am (C) im Listing bzw. im Spiel selber, nicht am Zeitpunkt der Veröffentlichung.

1984
ROADPAINTER (Computronic, Juni 1984)
SPIDERS (Computronic, Oktober 1984)
CONCENTRATION (Homecomputer 1/85)

1985
ALIEN DESTROYER (Homecomputer 4-5/85)
GRAND PRIX (Computronic, Juli/August 1985)
UFO (Homecomputer 12/85 – 1/86)
ROBO (Compute mit 2/86)

1986
INTERCEPTOR BASE (Computronic, März/April 1986)
MR. POSTMAN (Computronic, September/Oktober 1986)
DEADLY MISSION (Computronic, November/Dezember 1986)
TAXI DRIVER (Computronic, Januar/Februar 1987)
JAC THE PAC (Compute mit 1/88)

1987
JOE (Computronic, März/April 1987)
TURBO RACER (Computronic, Mai/Juni 1987)
ROWLY (Computronic, Juli/August 1987)
HUNGRY HOODLUM (Compute mit 7/87)
SMASH (Compute mit 2/88)
COPTER DUEL (Compute mit 3/88)
MAZE PATROL (unveröffentlicht)

1988
INTRUDER – THE GAME (Compute mit 8/88)
XAMA (Magic Disk 64 2/89)
DIAMOND FEVER (Magic Disk 64 1/89 & Amiga Fun 1/90)
TANK ACTION (Game On 5/89)

1989
ELECTRA (Magic Disk 64 12/89)
HYPER SNAKE (Game On 4/90)
CASINO 3000 (Amiga Fun 2/90)

1999
DIAMOND FEVER – AMIGA PLUS EDITION (Amiga Plus 3/99)
GREENHORN PUZZLE (Public Domain, Aminet)

Die Screenshots aus den Spielen stammen aus der Gamebase 64 (www.gb64.com). Der Scan des Homecomputer-Interviews wurde vom User cbm-warrior aus dem Forum-64 (www.forum64.de) beigesteuert. Die anderen Cover- und Zeitschriftenscans stammen von mir. Das Photo von Ronald Mayer wurde von Ronald selbst zur Verfügung gestellt.






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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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