Bottoms Up (2006)

Uncategorized / 13. Februar 2009

In der IMDB schneidet der Film mit einer Durchschnittswertung von 1,9 ab (wobei 10 die höchst- und 1 das niedrigstmögliche wäre). In den wenigen Kritiken, die im Netz dazu verstreut sind, tut man sich schwer, auch nur ein einziges positives Wort zu lesen, und liest mitunter auch die Worte „Der schlechteste Film aller Zeiten“ – eine Phrase, die gerne weniger komparatistisch als einfach nur emphatisch verwendet wird, wenn sich ein Zuseher quasi persönlich beleidigt fühlt von der Qualität eines Films. Auf dem Cover prangt groß Paris Hilton, was freilich auch nur als Caveat verstanden werden kann, weil ihre Präsenz ja bislang noch nie auf einen sehenswerten Film schließen ließ, sondern vielmehr eine impulsartige Abwehrreaktion in sofortige, indiskutable Ablehnung münden läßt. Bei so wenig Liebe für einen Film regt sich in mir doch tatsächlich ein kleiner Beschützerinstinkt.

Aber mal langsam. In BOTTOMS UP geht es um den jungen Owen, der nach Los Angeles reist, um dort bei einem Barkeeper-Wettbewerb einen Geldpreis abzustauben, um die Schulden seines Vaters bezahlen zu können, der mit seiner kleinen Bar in Minnesota rote Zahlen schreibt. Den Wettbewerb verliert er leider, aber zusammen mit seinem Onkel Earl heckt er einen Plan aus, die Freundin eines jungen Hollywood-Superstars zu erpressen, um in dessen engeren Kreis aufgenommen zu werden und dort nach Material für einen Enthüllungsreport suchen zu können – den die beiden dann teuer ans Fernsehen verkaufen würden. Freilich bandeln Owen und Lisa, besagte Freundin, irgendwann miteinander an.

Die größte Überraschung von BOTTOMS UP ist vermutlich, daß Paris Hilton bei weitem nicht die schlechteste Darstellerin im Ensemble ist. Was jetzt freilich nicht dahingehend mißverstanden werden darf, daß sie hier gute Arbeit abliefert: Paris spielt mit der vollen Energie eines Sacks Kartoffeln und spricht ihren Text, als hätte man sie gerade nach dem Verzehr einer ganzen Packung Valium um 4 Uhr morgens aus dem Bett geworfen. Aber naja, sie bemüht sich. Viel schlimmer agiert ihr Gegenüber, Hauptdarsteller Jason Mewes – oh ja, Jay aus den Kevin-Smith-Filmen. Mewes hat offenbar keinerlei Ahnung, was die Worte, die da so aus seinem Mund fliegen, überhaupt bedeuten, und deswegen reiht er die Sätze so flach aneinander, als würde er das Alphabet aufsagen. Dabei hat er die meiste Zeit über einen einzigen Gesichtsausdruck – eine finstere, angestrengte Miene, mit der er schlichtweg ständig so wirkt, als hätte er grad gar keine Lust, überhaupt irgendetwas zu machen oder zu sagen. Mewes und Hilton zusammen generieren dann ungefähr den Effekt eines schwarzen Lochs, in das die Energie unnachgiebig hineingesogen wird.

Ebenso fürchterlich ist David Keith als Onkel Earl, der glaubt, es wüßte noch niemand, daß er überhaupt schwul ist. Keith gibt dem Affen so viel Zucker, daß Hiltons Spiel dagegen nuanciert und erfrischend natürlich wirkt. (Begeben wir uns kurz auf das dünne Kritikereis und stellen mal in den Raum, daß Paris in anderen Rollen schon besser war; DIE PARTY ANIMALS SIND ZURÜCK mag ein durch und durch grauenhafter Film sein, aber Paris ist dort wenigstens mit Spaß und Schwung bei der Sache.)

Natürlich versenken die drei sämtlichen guten Ansätze und witzigen Momente, die der Film eventuell haben könnte. Ein paar Lacher überleben: Ganz zu Beginn erklärt Kevin Smith in einem Cameo, was schwule Aliens tatsächlich mit den Menschen machen, die sie entführen. An einer Stelle werfen sich Owen und Earl in Seemannskostüme, um auf eine Party zu kommen, und ihre Namen auf den angebrachten Schildern bringen den Kalauerfreund in mir durchaus zum Kichern. Und wenn Mewes nicht reden würde wie bei der Trockenübung, wäre die eine oder andere Zeile nicht nur in der Theorie lustig.

Eigentlich schade, denn abgesehen vom Einstieg und einem kurzen, wiederum schwer kalauernden Austausch über einen Hollywood-„Fäkaltherapeuten“ („You must be shitting me!“) fällt der Film nie in die Bad-Taste-Falle, wie es vergleichbare Komödien gerne tun. Schön eigentlich auch, daß der Hollywood-Superstar gar nicht überdreht persifliert wird (wie es die leichte, offensichtliche Entscheidung hätte sein können), sondern sich als sympathischer, bodenständiger Mensch entpuppt, oder daß die nach außen hin affektierte High-Society-Freundin eigentlich von der Oberflächlichkeit Hollywoods genervt ist und sich lieber um ein eigenfinanziertes Obdachlosenheim kümmert.

Aber aller guter Willen hilft halt nicht, wenn die Darsteller den Kahn so sehr versenken und die hilflose Regie noch wie ein Betonklotz dranhängt. BOTTOMS UP ist nicht der schlechteste Film aller Zeiten, aber – und da hilft auch der Beschützerinstinkt nichts – schlecht ist er trotzdem.

Bottoms Up (USA 2006)
Regie: Erik MacArthur
Drehbuch: Nick Ballo, Erik MacArthur
Kamera: Massimo Zeri
Produktion: Cameo FJ Entertainment / Synergy Movies
Darsteller: Jason Mewes, Paris Hilton, David Keith, Tim Thomerson, Kevin Smith, Desmond Harrington
Länge: 85 Minuten
FSK: 16

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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