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Another day at the office.

Das Damoklesschwert der Philosophie: Mein motiviert-pünktliches Erscheinen in der Wissenschaftstheorie heute wurde beinahe schwer bestraft, weil schon wenige Minuten nach Vorlesungsbeginn eine Lampe von der Decke fiel, die mich um ungefähr 30cm verfehlt hat. Auch das Mädel schräg hinter mir wurde um 30cm vom schweren Lampenglas verfehlt, und kurz, nachdem ich meinen Schock verdaut hatte, griff sie sich an den Kopf und meinte irgendwie tonlos: „Das Ding ist mir auf den Kopf gefallen.“ Zum Glück war’s nur die blecherne Abdeckung, die auf sie gefallen ist, denn ansonsten hätte einer von uns das Wochenende im Spital verbringen können. Kleinknecht jedenfalls zeigte sich nicht umwerfend mitfühlend, weil er zunächst nichts mitbekommen und dann ein wenig komisch herumgewitzelt hat, während dem Mädel vor lauter Schreck die Tränen aus den Augen gelaufen sind. Ich glaube, nächstes Mal setze ich mich woanders hin.

Und das nach einem Tag wie gestern: Der faule Lenz hat am Donnerstag erbarmungslos zugeschlagen, und richtig fein war’s, sich mit Schwarz & Obi-Wan durch den Tag zu schlagen. Erste Station: LOST 1.21. Da taucht in den ersten paar Minuten Terry O’Quinn mit völlig blutbesudeltem Shirt auf und spielt wie ein junger Gott. Strahlt wieder diese Ruhe aus, diese leise Autorität, und nur ein paar fahrige Gesten zeigen, daß ihm die Geschehnisse doch mehr an die Nieren gehen, als er zugeben will. Richtig gute Episode mal wieder.

Nächste Station: Die Fageralm. Unser Fellowship of the Schnitzel mußte sich diesmal den Sitzplatz schwer erkämpfen, und es war freilich ein klein wenig enttäuschend, daß meine Portion ein bisschen klein ausgefallen war – vermutlich, weil ich schon so wohlgenährt aussehe. Wir müssen jetzt natürlich mal bei der Kronenzeitung anrufen, die da einen Gasthaus-Grand-Prix veranstaltet haben, bei dem es 8 noch bessere Lokale als die Fageralm zu geben scheint. Potzblitz!

Zu den entspannten Murmeleien von Sensational ging’s dann bergab mit uns, und dann gleich der nächste Knüller: KINGDOM OF HEAVEN läuft in der OV am Bahnhof! Ehrlich, der Film war richtig gut. Er hat mir beim Anschauen schon irgendwie ganz gut gefallen, aber bei längerer Überlegung wird er immer besser. Beim Ansehen ist man natürlich visuell erstmal völlig überwältigt, alles ist groß, größer, episch, erstaunlich und fantastisch inszeniert. Die Musik läßt das Orchester ganz groß auffahren, oft genug gesellen sich Chöre dazu, und hin und wieder wird das Pathos doch ziemlich dick. Macht aber diesmal gar nichts: Im Gegensatz zu GLADIATOR geht’s diesmal um etwas. Und nachdem sich die opulenten Eindrücke gesetzt haben, fügen sich die einzelnen Momente nach und nach zu einem starken Gesamtbild zusammen, und man merkt, daß es eigentlich gar nicht so um die Kreuzzüge geht, sondern um den sinnlosen Kampf um eine Stadt, die keinem gehört, und um menschlichen Machtwahn. Stark in Erinnerung geblieben ist die Einstellung, in der in der Vogelperspektive die beiden aufeinanderprallenden Armeen gezeigt werden, und nachdem im Zeitraffer der Tag und der Kampf verstreichen, bleiben in der beinahe statischen Einstellung nurmehr Staub, Waffen und Leichen liegen – die Zeit überdauert alle menschlichen Anstrengungen, und letzten Endes ist es egal, wer gewinnt und wer verliert. Roger Ebert berichtet ja, wie sich sowohl christliche als auch muslimische Fundamentalisten über den Film aufregen, und kommentiert klug: „When you’ve made both sides angry, you may have done something right.“

Letzter Halt: Der Schotte in der Alpenstraße, wo wir zwei Stunden lang einen Tisch am Fenster belagert und Schwarzens Kinderlager-Anekdoten gelauscht haben. Da sind heitere Stories dabei, aber hallo! Ich bin gespannt, welche Eindrücke und Erfahrung er von der diesjährigen Fahrt mitbringen wird. Der Fellowship hat sich dann aufgelöst, und ich habe zu Hause noch je eine Folge ALIAS und 24 gesehen. Beide gut, insbesondere die neue ALIAS-Episode: Die ging, so komisch das bei dieser Serie klingt, richtig ans Herz. Eine interessante Geschichte, die Sydney einen merkwürdigen, aber bewegenden Einblick in ihre Familie gegeben hat, und die sie ihren sterbenden (und sicherlich in ein paar Episoden wieder putzmunteren) Vater in einem völlig anderen Licht sehen ließ. Sehr gut! Heißt das jetzt, daß die nächste Episode wieder fürchterlich wird …?

Naja, und nach so einem feinen Tag wird man dann dafür auf der Philosophie fast erschlagen. So ist’s im Leben: Manchmal frißt du den Bären, und manchmal trifft die Lampe dich. Vorsicht, da kommt ein Schuh geflogen.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    2 Comments

    1. Die Lampe war sicherlich ein göttliches Zeichen. Wie sagte George Newman in UHF: Das ist wichtig. Das bedeutet was.
      Die Schnitzelexpedition des Fellowships erwies sich als voller Erfolg. Ich bin zwar durchtrainiert, aber beim Endspurt musste ich mich schon eingermaßen auf die Kondition verlassen. (Wahrscheinlich werden Gäste, die Kartoffeln zum Schnitzel essen, aus Prinzip mit kleinen Portionen bestraft.)
      LOST schaffte es wieder einmal eine hervorragende Folge vorzulegen. Nachdem 1×20 mit viel Dramatik das Alleroffensichtlichste in Szene setzte (ein Kind kommt nach neun Monaten Schwangerschaft tatsächlich auf die Welt und ein Schwerverwunderter stirbt ohne medizinische Behandlung tatsächlich an seinen Verletzungen) und das Special kaum etwas Neues brachte, sind wir mit 1×21 back in serious business. Jack, der alte Langweiler und Saubermann, ist auf einem ganz bösen Tripp. Shannon zeigt in einer kritischen Situation wieder ihr wahres Ich, während Sayid die Ruhe bewahrt. Er läßt sich nicht manipulieren und schätzt Locke auf seine ganz eigene Weise. Beide verbindet ihre Fähigkeit, in Extremsituationen nicht die Nerven zu verlieren und überlebensfähig zu sein.
      KINGDOM OF HEAVEN war optisch sehr beeindruckend. Vielleicht war ich einfach von den Bildern so erschlagen, dass ich streckenweise irgendwie unbeteiligt im Kino saß. Maybe it grows on me. Im Gegensatz zu TROJA werde ich mir auf jeden Fall die DVD ansehen. Ich möchte hier auch noch GLADIATOR verteidigen. Natürlich macht der Film nichts anderes, als alte Klassiker für die heutige Zeit zu adaptieren. Trotzdem finde ich ihn schauspielerisch ausgezeichnet. Er hat auch, meiner Meinung nach, mehr persönliche Elemente und eine bessere Verknüpfung zwischen den Hauptfiguren als KINGDOM. Die Prinzessin wird zwar den ganzen Film lang immer wieder eingeblendet, hat aber sonst keine Funktion. Irgendwie hat der Film keine klare Linie: am Anfang ist er eine Vater-Sohn Geschichte, dann eine coming-of-age Story, dann eine Studie über Machtpolitik und schließlich erst ein Film über einen sinnlosen Krieg um einen symbolischen Ort.
      Orlando Bloom war jedenfalls großartig für seine jungen Jahre und Scott hat wieder gut gemacht, was Petersen verbrochen hat: einen unglaubwürdigen und total feminisierten Paris.

    2. Ein UHF-Fan! Das ich das noch erleben darf! Natürlich verwies George in besagter Szene auf Spielbergs UNHEIMLICHE BEGEGNUNG, und vielleicht bedeutet das jetzt, daß ich, nachdem ich von fallenden Himmelskörpern erschlagen werde, endlich erfahren werde, ob es Außerirdische gibt und warum sie seit Jahrhunderten Schabernack mit armen Trotteln spielen, denen sie sich ganz kurz zeigen und dann wieder verschwinden. Worum ging’s doch gleich?

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