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[Film] Blonde Ambition (2007)

Wo wir gerade bei den Star-, beziehungsweise: Sternchen-Vehikeln sind, schauen wir uns doch flugs BLONDE AMBITION an, den Papa Simpson für seine Tochter Jessica produziert hat und der auf sage und schreibe acht Kinoleinwänden in Texas $1190 Dollar eingespielt hat, bevor er dann ohne großes Aufsehen auf den DVD-Markt geschoben wurde. Man kann also nicht ruhigen Gewissens behaupten, daß die Anzeichen auf ein bemerkenswertes Film-Erlebnis hindeuten.

Jessica tritt hier als Landpomeranze Katey auf, die mit Großpapa Willie Nelson in Oklahoma lebt, bis ihr Freund nach New York zieht, um dort Model zu werden. Weil Katey monatelang nichts von ihrem Besteiger hört, reist sie hinterher – und erwischt ihn im Bett mit einer anderen! Wer hätte es kommen sehen. Mißmutig wendet sich Katey hilfesuchend an ihre Cousine Haley, die Schauspielerin werden will. Durch diverse Zufälle gerät Katey dann in die Firma C&C, wo sie von zwei intriganten Mitarbeitern als Sekretärin angeheuert wird und so unwissend den beiden falschen Fuffzigern helfen soll, an den Chef der Firma heranzukommen …

Tja, da haben wir’s also: Eine Story, die älter ist als die Zeit und aus Einzelteilen zusammengepuzzelt wurde, die wir schon vielfach gesehen haben – vor allem in LEGALLY BLONDE, wo Reese Witherspoon ebenso als blondes Naivchen wegen zerflossener Liebe in die große weite Welt geworfen wurde, wo sie sich durchbeißen mußte. Der Unterschied? LEGALLY BLONDE war witzig, und Reese Witherspoon kann schauspielern.

Okay, letztere Bemerkung mag recht harsch sein, da sich Jessica hier gar nicht so schlecht schlägt, wie man vielleicht meinen könnte. Auch Reese oder sonst eine brillante Mimin hätte in diesem Skript wenig Chancen, irgendwelches Talent zu zeigen: In BLONDE AMBITION ist einfach jede Entwicklung und jede Situation so unnachgiebig vorprogrammiert, daß es schon als schauspielerischer Pluspunkt gewertet werden kann, wenn die Darsteller nicht hemmungslos gähnen.

Jessica jedenfalls gibt ihr Bestes und hat dabei leider das Problem, daß sie mit einer Tonne Make-Up und völlig unpassenden Klamotten herumlaufen darf – und zwar sowohl am Anfang als naives Landei und auch später als stadtgerecht verpackte Businessfrau. Meine Güte, was sieht die Frau permanent hergerichtet aus! In einer Szene sitzt sie zuhause bei einem gemütlichen Abend auf der Couch und trägt dafür knalligen Lippenstift, perfekt gestyltes Haar und schwarze Stiefel mit zentimeterhohem Absatz. Wenn der Look der Hauptdarstellerin schon für unfreiwillige Heiterkeit sorgt, kann auch das schönste Skript nicht mehr viel ausrichten.

Der Rest der Cast setzt sich aus einigen bekannten Gesichtern zusammen, die großteils nicht viel Aufregendes beisteuern können: Rachael Leigh Cook als Cousine Haley hat kaum etwas zu tun, Willie Nelson ist sowieso nur wegen seines Status als Country-Altstar bemerkenswert und nicht wegen seines darstellerischen Talents, und Penelope Ann Miller und Andy Dick als Bösewichter können dem Ganzen auch nicht mehr Farbe geben. Weil der Film als Romantic Comedy konzipiert ist, gibt es einen jungen Mann, der sich für Katey interessiert – und der wird von Luke Wilson dargestellt, der diesen netten, anständigen Kerl genauso spielt, wie er das in den meisten seiner anderen Filme auch macht: sympathisch und relativ farblos. Nur Larry Miller als zynischer und doch recht nachgiebiger Chef kann in seinen Szenen punkten.

So plätschert also alles recht unauffällig vor sich hin, und nur gelegentlich sind die Entwicklungen so richtig doof: Da wird Katey zum Beispiel angeheuert, eine Geburtstagsfeier für die kleine Tochter eines wichtigen Geschäftspartners anzuheuern, und die beiden Finsterlinge sabotieren die Feier unter anderem damit, daß sie zwei männliche Stripper anheuern. Aber warum genau sabotieren die Beiden Kateys Pläne, wenn sie doch über sie an die Geheimnisse des Chefs herankommen wollen? Und warum genau fragt niemand nach, wer die Stripper angeheuert hat – nicht einmal Katey selbst, die brav die Schuld auf sich nimmt?

Nein, grauenhaft ist der Film nicht. Aber wer ihn gezielt ansehen will, muß entweder großer Fan der Beteiligten sein oder gerade wirklich nichts Besseres herumliegen haben. Auch wenn Papa Simpson erläutert, daß dieser Film quasi Jessicas PRETTY WOMAN sein soll: Ambition gibt’s hier wirklich nur im Titel.



Blonde Ambition (USA 2007)
Regie: Scott Marshall
Buch: David McHugh & Matthew Flanagan
Darsteller: Jessica Simpson, Luke Wilson, Larry Miller, Rachael Leigh Cook, Penelope Ann Miller, Andy Dick, Willie Nelson

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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