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HOT DOG – DER TYP MIT DEM HEISSEN SKI: Trickskifahrt mit Schnoddersynchro

In den seligen Videotheken-Achtzigern herrschte ein unglaublicher Optimismus bei Produzenten und Verleihern: Es gab einfach nichts, das man nicht zum Regalerfolg zurechtbiegen konnte. Was macht man als Produzent, wenn man ein paar Ski-Szenen zu einer lahmen Wettbewerbsstory verknüpft hat und das Ganze an den Mann bringen will? Ganz einfach: Man heuert Playmate Shannon Tweed an und baut obendrein einen Wet-T-Shirt-Wettkampf in den Film ein. Und was macht man als deutscher Verleiher, wenn das Vergnügen ungefähr so lustig ist wie der Textteil des Filmplakats? Noch einfacher: Man synchronisiert das Ganze so schnodderig, daß irgendwie doch noch eine Komödie draus wird.

Da reist also der Trickskifahrer Harkin zu einem Freestyle-Wettbewerb in einem Wintersportort, wo er gegen den amtierenden Meister antritt, der sich als aufgeblasener Armleuchter entpuppt. Harkin schließt sich einer Freestyler-Gruppe an, deren Mitglieder den Typ auch nicht leiden können, und dann wird gefreestylt, bis Arzt oder Abspann kommen. Aber halt, es gibt ja noch mehr Handlung: Harkin gabelt zu Beginn an einer Raststätte die blonde Sunny auf, die mit ihm reist – aber trotz flottem Techtelmechtel läßt sich Harkin kurz darauf von besagtem Playmate den Kopf verdrehen. Die VHS-Box frohlockt: „Fragt sich nur, was hier mehr Konzentration und sportliches Know-How erfordert: Hügelige Pisten oder die steilen Kurven von Sylvia“. Ich wähle Option C: 95 Minuten ohne Kaffee durchzustehen.
„Hey, kenne ich dich nicht aus diesem einen Magazin?
War das die Cinema oder der Spiegel?“
Zugegeben, die Ski-Szenen sind schön gefilmt – da wird ausgiebigst gesportelt, dazu tönt dufter Achtziger-Pop in ausführlicher Länge. Die Stuntleute hatten viel zu tun, manches sieht hübsch aus, anderes recht gefährlich, und wenn man ganz großer Freestyle-Fan ist, fiebert man da vielleicht auch auf kleiner Flamme mit. So richtig aufregend wird’s aber nie: Man sieht die Burschen der Reihe nach antreten, man verfolgt lange Stuntsequenzen, und irgendwer gewinnt. Es gibt nichts, was daran dramatische Spannung produzieren könnte – und wenn zum Schluß in einem „Jeder-gegen-Jeden“-Showdown um den Pokal gerungen wird, hält sich das Adrenalin auch in Grenzen, weil man anonymen Skiprofis zusieht und sich hoffentlich gemerkt hat, welche Figur welche Anzugfarbe trägt.
Weil auch das gelegentliche Auftauchen von nackten Mädels den Film nicht mitreißender macht und der Witz wohl im Tal vergessen wurde, hat sich die Synchroregie halt entschlossen, ordentlich nachzuhelfen. „Du bist so helle, sowas darf bei uns nachts rasenmähen“, lobt Sunny gleich zu Beginn Harkin für seine blöden Sprüche. „Was is’n das für ’ne Suppe?“, fragt Harkin wenig später, als ihm auf einer Party ein Glas Champagner in die Hand gedrückt wird. Der schlechtgelaunte Champion bezeichnet unsere Helden als „B-Menschen“ und wird dafür irgendwann später als, Entschuldigung, „vollgeschissenes Wanderklo“ tituliert. Anderswo lernt man hübsche Bezeichnungen wie „Schrottelse“ und „Schlicki“.
Wir könnten natürlich auch Screenshots von den Skiszenen zeigen.

Noch mehr gefällig? Aber bitte: Als Sunny im Wagen eine Kassette einlegt, kommentiert Harkin die Mucke mit „Fenster zu! Die Berge ziehen sich zurück“. Im Hotel werden sie von einer nackten Rezeptionistin empfangen, die gerade dem Whirlpool entstiegen ist und nur ihr Haar im Badetuch trägt (noch ein Playmate: Crystal Smith) – Sunny kommentiert: „Ah, man trägt wieder Kopftuch. Schade, daß sie’n Senkfuß hat“. Als die Dame fragt, „Ein Doppelzimmer?“, antwortet Sunny: „Ja, und zwei Barhocker mit Autoradio“. Und auf einer Party redet einer der Skifahrer eine Frau an: „Ich würd gern ’n Häppchen mit dir schmusen, wie findst’n die Idee?“ Bei so viel deutschem Kohl wähnt man sich schon fast im Bundestag.

Ungefähr 40 Minuten lang glaubt man da noch, das Synchrongeblödel könnte das müde Filmchen so retten wie den Surferunfug HOT SPLASH – auch wenn dessen Sprücheklopferei nie erreicht wird. Aber dann geht auch der deutschen Fassung die Luft aus: Es wird skigefahren, dann wird noch ein wenig skigefahren, und wenn dann wieder ein wenig skigefahren wird, haben halt auch die heitersten Sprecher Pause.

Ach ja, und habe ich erwähnt, daß danach noch etwas skigefahren wird?


Hot Dog – Der Typ mit dem heißen Ski (USA 1983)
Originaltitel: Hot Dog … The Movie
Regie: Peter Markle
Buch: Mike Marvin
Kamera: Paul G. Ryan
Musik: Peter Bernstein
Darsteller: David Naughton, Patrick Houser, Tracy Smith, Shannon Tweed, Crystal Smith
Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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