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[Film] Witchcraft – Das Böse lebt (1988)

Das nächste Spukhaus, bitte! WITCHCRAFT – DAS BÖSE LEBT heißt dieser schöne Italo-Horror aus dem Jahr 1988, den man nicht etwa mit dem Film HEXENBRUT – WITCHCRAFT verwechseln sollte, der fast zeitgleich veröffentlicht wurde (und mittlerweile sage und schreibe 12 Fortsetzungen nach sich gezogen hat). Der vorliegende Streifen heißt nämlich im Original LA CASA 4 (und manchmal auch GHOSTHOUSE 2), weil er als Quasi-Fortsetzung zu GHOSTHOUSE (Original: LA CASA 3) gedacht ist, der wiederum als italienisches Pseudo-Sequel zu Sam Raimis EVIL-DEAD-Filmen (in Italien: LA CASA) ins Rennen geschickt wurde. Alles klar, ja? Nicht? Macht gar nichts: Dieser WITCHCRAFT hier ist wie alle anderen Filme dieser „Reihe“ komplett eigenständig.

Die Besetzung jedenfalls läßt aufhorchen: Die Hauptrollen spielen Teufelskind Linda Blair und Bademeister David Hasselhoff – wobei The Hoff seinerzeit ja noch gar nicht am Strand aktiv war, sondern mit sprechendem Auto für die Foundation für Recht und Verfassung arbeitete. Auch Davids damalige Ehefrau Catherine Hickland ist in einer Nebenrolle zu sehen (wundervolle Trivia-Anmerkung: Hickland heiratete 1992 einen Mann namens Michael Knight). Und ebenso dabei: „Sünderin“ Hildegard Knef, die damals in den Staaten lebte und fast komplett abgeschrieben war.

Gar so ein Trash-Spektakel, wie man angesichts der Darsteller und der Vita von Produzent Joe D’Amato vermuten könnte, ist WITCHCRAFT aber doch nicht geworden. Kümmern wir uns flugs mal um die Handlung: Auf einer kleinen Insel nahe der Küste von Massachusetts steht ein verlassenes Hotel, in dem einst eine exzentrische alte Schauspielerin lebte. Seitdem ranken sich Legenden um Hexenspuk und unheimliche Vorgänge um den Ort. Da weiß man doch schon, was passieren könnte, wenn unsere kleine Protagonistengruppe dort die Nacht verbringt: Die schwangere Jane (Linda Blair) mit ihrem kleinen Bruder und ihren Eltern, die das Anwesen kaufen möchten; der Immobilienmakler mit seiner Freundin (Hickland); und der Photograph Gary (Hasselhoff) mit seiner Bekannten Leslie, die irgendwelche Nachforschungen über Zauberei und übernatürliche Phänomene anstellt und deshalb ständig in einem, grusel, deutschsprachigen Buch liest.

Es dauert eine gewisse Zeit, bis der handwerklich durchaus gut gemachte, aber etwas behäbige Film in die Gänge kommt – aber dafür passiert dann so einiges, was den Horrorfreund entzücken dürfte: Zum Beispiel werden Janes Mutter die Lippen zugenäht, danach wird sie kopfüber in den Kamin gesteckt – und kurz darauf von ihrer unwissenden Familie bei lebendigem Leibe geröstet! Oh ja, die Angelegenheit ist mitunter richtig blutig und reichlich grausam, und drumherum ist der Spuk atmosphärisch dicht verpackt. Erst gegen Schluß wird das Prozedere dann viel zu lang und auch reichlich beliebig: Da laufen die Leute rauf ins Haus, dann wieder raus, dann wieder rauf, dann ins Wohnzimmer, und einmal mehr nach oben, bis man dem Trimm-Dich-Programm nurmehr wenig abgewinnen kann. Überall ein bißchen gestutzt und hinten etwas stringenter konzipiert, dann würde die Story komplett tragen.

Nicht gar so gut bestellt ist es um die schauspielerischen Leistungen: Die sind nämlich bestenfalls adäquat, aber mitunter auch ganz große Heuler. Hasselhoff kommt da noch am besten weg – wenigstens wartet man nicht beständig darauf, daß er in seine Uhr spricht und endlich den Turbo-Boost-Button drückt. Linda Blair bemüht sich, aber wenn sie später vom Hexenspuk besessen mit hochaufgestellten Haaren die Augen kullern läßt, mag man das knuffige Persönchen eher umarmen, als sich vor ihr zu fürchten. Leslie Cumming, die die Hobbyforscherin spielt, ist höchst angenehm für das Auge, nuschelt aber ihren Text, als würde sie mit sich selber reden. Ganz schlimm ist der kleine Junge, der soviel Mühe mit seinen Zeilen hat, daß er tendentiell zurückgeblieben klingt. Und die Knef hat selbst in billigem Italohorror eine gewisse Klasse, sieht aber unter Tonnen von Make-Up aus wie ein trauriger Zirkusclown.

Die Freude an WITCHCRAFT ist also – wie so oft im Billighorrorbereich, und vor allem im italienischen Sektor – stark von der eigenen Toleranz gegenüber holprigen Handlungsentwicklungen und ebenso wackligen Darbietungen abhängig. Und wenn man bei der Auflistung „Linda Blair + David Hasselhoff + Hildegard Knef“ nicht automatisch Interesse entwickelt, sollte man sich dann wohl eher mit Vorsicht nähern. Also, ich muß sowas ja quasi sofort sehen – aber es soll ja Leute geben, die da anders ticken …

Witchcraft – Das Böse lebt (Italien 1988)
Originaltitel: La casa 4
Alternativtitel: Witchcraft / Witchery / Evil Encounters / Ghosthouse 2 / Ghosthouse 5 – Das Böse lebt
Regie: „Martin Newlin“ (= Fabrizio Laurenti)
Buch: Daniel Davis
Produktion: Filmirage
Darsteller: Linda Blair, David Hasselhoff, Catherine Hickland, Annie Ross, Hildegard Knef, Leslie Cumming, Robert Champagne, Michael Manchester

Hinweis: Die „Red Edition“ von Laser Paradise ist leider um einige Sekunden geschnitten. Die UK-DVD von Stax (unter dem Titel WITCHCRAFT) ist ungeschnitten, ebenso wie die US-DVD von Shriek Show (WITCHERY). Ebenso ungeschnitten ist die Neuauflage von X-Rated, die auch unter dem Titel GHOSTHOUSE 5 – DAS BÖSE LEBT erschienen ist.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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