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FIST OF THE NORTH STAR: Malcolm McDowell in Geldnot

Es ist praktisch, treue Gastautoren zu haben: Die können sich nämlich auch mal billige Anime-Realverfilmungen ansehen, damit ich das nicht selber tun muß. Im folgenden Text berichtet der unerschütterliche Don
Arrigone kurz und schmerzhaft von seiner Begegnung mit der Kinoversion von FIST OF THE NORTH STAR …

Zu
sagen, FIST OF THE NORTH STAR von 1995 wäre ein weiterer
Endzeitschinken, der mit niedrigem Budget verbrochen wurde, und dessen
Produzenten hofften, vom Kultstatus des 16 Jahre zuvor erschienenen MAD
MAX zu profitieren, wäre treffend, greift aber zu kurz. Präziser ist es
zu sagen, daß FIST OF THE NORTH STAR ein weiteres Endzeitdesaster ist,
das mit niedrigem Budget in die Welt gespien wurde, und dessen
Produzenten verzweifelt hofften, vom Kultstatus des 12 Jahre zuvor
erschienen Manga bzw. des 11 Jahre zuvor erschienenen Anime zu
profitieren – wobei diese wiederum von MAD MAX und Bruce Lee inspiriert
wurden. Gemein ist den Ahnen, daß sie allesamt gute Unterhaltung für ihr
Geld boten – ein Urteil, das nicht einmal ein geschenktes Exemplar des
Realfilms für sich beanspruchen kann.

Der
Film beginnt mit einer kryptischen Hintergrundgeschichte über die Fehde zweier Schulen der Kampfkunst und Nahaufnahmen des vollkommen
uncharismatischen und talentfreien Hauptdarstellers Gary Daniels. Danach
gewinnt der Film aber innerhalb von Sekunden gewaltig an Dramatik:
Malcolm McDowell war tatsächlich Mitte der 1990er Jahre verzweifelt und
bedürftig genug, sich für diesen Schund herzugeben. Sich über ein derart
tragisches Schicksal lustig zu machen, wage nicht einmal ich; außerdem
wäre es, wie einem Bewußtlosen zwischen die Beine zu treten – und das
passiert in diesem Film bei Gott schon oft genug. Zumindest stirbt Herr
McDowell nach nicht einmal einer Minute und muss sich fortan nur noch
als körperloser Meister durch dieses Machwerk quälen. Obi-Wan lässt
grüßen.

Malcolm McDowell sinniert betrübt über die Tiefpunkte seiner Karriere.

Danach beginnt die Handlung an sich, die in
etwa dem ersten Erzählstrang der Vorlage entspricht: Shin verliebt sich
unsterblich in die junge Julia, die allerdings bereits mit Kenshiro
liiert ist. Für Shin kein Hindernis: Kurzerhand verprügelt er seinen
Konkurrenten und rammt ihm mittels seiner Spezialtechnik, Nanto Sei Ken,
sieben Narben in die Brust, in Form des Großen Wagens – eben dieses
Sternbild steht für Kenshiros Schule. Daß Julia „Don’t do this!“
schreit, bevor Shin Kenshiro gemütlich zwischen die Beine tritt, ist
allerdings eine Erfindung des Realfilms. Kenshiro überlebt aber,
sinnt verständlicherweise auf Rache und prügelt ab sofort alles tot, was
nicht vollkommen rechtschaffen ist.

Gerade zu Beginn
gewinnt auch die Handlung des Originals keinen Preis für Innovationen;
im Gegensatz zur 1995er Realverfilmung kann der Anime jedoch auch einiges auf
der Haben-Seite verbuchen, beispielsweise monumentale
Landschaftsdarstellungen, einen epischen Soundtrack, coole Dialoge und
vor allem überaus spannend inszenierte und gekonnt stilisierte Kämpfe.
Gerade die Spezialtechniken, die gerne mal Köpfe zerplatzen lassen,
haben es mir angetan.

Bösewicht Shin: Und jetzt trete ich ihm noch in die Familienjuwelen …

Die Vision herausragender
Zeichner und Animateure in einen Realfilm zu wandeln ist zweifellos eine
große Herausforderung – ebenso zweifellos scheitert FIST OF THE NORTH
STAR fast auf der ganzen Linie. Die epischen Shots der Vorlage sind
möglichst kleinen Frames gewichen, um ja nicht zu viel von der
schrottigen Kulisse auf einmal zu zeigen. Die Dialoge sind mies
geschrieben und werden von den meist unbegabten Schauspielern weiter
verhunzt (Ausnahme: Chris Penn als Handlanger des Oberbösewichtes). Die
Kämpfe, die eigentlich den Höhepunkt darstellen sollten, sind vollkommen
lächerlich ausgefallen – gerade Kenshiros Spezialtechnik erinnert eher
an einen kleinen Jungen, der vor lauter Wut gegen eine Wand haut. Von
seinem Gesichtsausdruck dabei zu schweigen: So stelle ich mir eine
Hodentorsion vor (liebe Männer: googelt den Begriff nicht, solltet ihr
ihn nicht kennen).

Darüber hinaus gibt es noch einen Handlungsstrang mit einem Jungen und einem Mädchen. Aber das ist eigentlich auch egal.



Fist of the North Star (USA 1995)
Regie: Tony Randel
Buch: Peter Atkins, Tony Randel
Kamera: Jacques Haitkin
Musik: Christopher L. Stone
Darsteller:
Gary Daniels, Malcolm McDowell, Costas Mandylor, Downtown Julie Brown,
Nalona Herron, Melvin Van Peebles, Clint Howard, Chris Penn, Tracey
Walter

Don Arrigone
Als Kind ausgesetzt und im Kloster zum Heiligen Massacesi aufgezogen. Zeigte schon in jungen Jahren Interesse an jeglicher Art von Film, insbesondere aber an den Genres Horror und Thriller. Studium der Theologie, Magisterarbeit zur Darstellung der Nonne im italienischen Film des 20. Jahrhunderts. Priesterweihe, und Beitritt zum Geheimorden der Fratri Rossi. Tod während einer nächtlichen Orgie, aufgrund seines sündigen Lebenswandels hinabgefahren in die Hölle. Gefangen im 9. Zirkel der Unterwelt und somit gezwungen, bis zum jüngsten Tag Videothekenfutter zu rezensieren.

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