[Film / Kickstarter] Finding Sandler

Uncategorized / 9. Januar 2013

Ein recht schräges, aber potentiell witziges Projekt sucht hier die Gunst der Kickstarter-Gemeinde: FINDING SANDLER ist eine Doku, in der Filmemacher David Seth Cohen versucht, Adam Sandler aufzuspüren und sich mit ihm auf einen Drink zusammenzusetzen. Warum? Weil Cohen einst bei Sandlers Film BIG DADDY als Assistent dabei war und eines Abends, als er etwas bei Sandlers Apartment abliefern sollte, von ihm auf einen Drink in die Wohnung eingeladen wurde – was Cohen aber ausschlug, weil unten eine Kollegin im Auto wartete. Und nachdem er sich nun jahrelang über diese verpaßte Chance in den Hintern gebissen hat, macht er sich mit diesem Film daran, diese Gelegenheit nachzuholen – und nebenher seinen Traum zu verwirklichen, selber zum Filmemacher aufzusteigen.

Die Prämisse wirkt etwas bizarr, und das nicht nur, weil ich die zur Schau gestellte Vergötterung von Adam Sandler nicht ganz teilen kann (siehe mein Review zu CHUCK AND LARRY). Natürlich kommt es einem wie eine ausgeschlagene Gelegenheit vor, daß Cohen sich nicht mit Sandler zusammengesetzt hat. Andererseits: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß dieses Gespräch seine Karriere entscheidend beeinflußt hätte? Glaubt Cohen wirklich, daß Sandler ihn nach dem Drink protegiert hätte? Höchstwahrscheinlich wäre es bei dem einen Drink geblieben, es hätte ein nettes Schwätzchen gegeben, und damit wäre Sense gewesen. Oder andersherum: Wenn Cohen seinen Karriereverlauf wirklich von diesem einen Drink abhängig macht, dann fehlt ihm wohl eher der Eifer für seine eigene Karriere – denn selbst wenn Sandler und er ein gutes Gespräch gehabt hätten, hätte Sandler nicht sofort die Brieftasche gezückt oder ihn in den inneren Kreis aufgenommen. Der gute Kontakt ersetzt kein Durchhaltevermögen und keinen Einsatz.

Aber andererseits kann diese Prämisse vielleicht auch einfach nur auf Aufhänger für eine witzige Quest-Doku sein: Jemand hat ein ungewöhnliches Ziel und dokumentiert seine Odyssey mit allen Problemen, Fallstricken und Erkenntnissen. Immerhin macht Cohen mit dem Film einen viel sinnvolleren Schritt zum Filmemacher: Er macht, so banal es klingt, einen Film. Das alleine dürfte wesentlich wertvoller sein als jedes Tröpfchen Alkohol, das er mit Sandler kippen könnte.

Das Vorstellungsvideo ist witzig und kurzweilig, was natürlich den Film selber auch in ein gutes Licht rückt. Merkwürdig muten dagegen Cohens Vermarktungs-Goodies an: Für $5 darf man sein Facebook-Freund sein (sind seine Statusmitteilungen so wertvoll oder verkennt er den Nutzen Facebooks als Marketing-Plattform?), für $25 gibt’s ein signiertes Photo von Cohen (wahrscheinlich für den Fall, daß er mal berühmt wird?), und erst für $50 gibt’s die DVD des Films (Porto nach Europa kostet sage und schreibe weitere $25!). Kein Download, kein Stream, keine sonstige günstige Möglichkeit, einfach nur an den fertigen Film zu kommen. Die höheren Ränge sehen nicht besser aus: Für $500 darf man sich mit Cohen auf einen Drink treffen, für $1000 kommt er ins traute Heim und kocht das Abendessen (die Zutaten darf man aber selber besorgen). Witz oder Selbstüberschätzung?

Immerhin: Mit einem Ziel von nur $35,000 (von denen er bereits $10,000 erreicht hat) und verbleibenden 24 Tagen Projektlaufzeit könnte Cohen seinen Film durchaus realisieren. Und weil die Idee putzig ist und sein Video amüsant, würde ich mir den Film auch prompt ansehen wollen. Wenn er halt eine günstigere Methode anbieten würde als die Mondpreis-DVD …

Link zum Kickstarter: Hier.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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