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[Film] Contamination .7 (1990)

Es ist wohl kein Zeitpunkt geeigneter als jetzt, sich den Film CONTAMINATION .7 anzusehen, der nicht nur unter den Alternativtiteln THE CRAWLERS und CREEPERS unter das Volk geworfen wurde – sondern auch als TROLL 3 vermarktet wurde! Freilich hat dieser Film mit dem kürzlich hier besprochenen TROLL 2 ebensoviel zu tun wie TROLL 2 mit TROLL – absolut gar nichts! – auch wenn er von derselben Produktionsfirma wie TROLL 2 stammt und einige Crewmitglieder identisch sind. Ja, Joe D’Amato hat wieder produziert und Nacktstar Laura Gemser hat sich wieder um die Kostüme gekümmert.

Gleich zu Beginn fährt ein Reisebus durch die malerische amerikanische Landschaft. Im Bus freundet sich Susie, eine leichtbekleidete junge Frau, gerade mit der dunkelhaarigen Josie in der Reihe vor ihr an – „Hast du einen Freund?“ – aber dann hält der Bus kurz an einer Raststätte an, Susie steigt aus und wird dann leider zurückgelassen. „Sie haben mich zurückgelassen“, sagt sie zu einem unsichtbaren Publikum. Offenbar wollte Josie doch ihre Ruhe haben, sonst hätte sie ja vielleicht den Busfahrer auf den fehlenden Fahrgast hingewiesen.

So kommt Josie also in einem winzigen Kaff im Nichts an, in dessen Nähe sich ominöserweise eine Chemiefabrik niedergelassen hat. Sie trifft ihren alten Freund Matt wieder, der ihr und uns verrät, daß er sie das letzte Mal gesehen hat, als sie 16 war, und daß sie damals verlobt waren. Offenbar tut Josie diese Gedächtnisauffrischung aber gut, da sie nur kurze Zeit später wieder mit Matt anbandelt.

Jetzt lernen wir auch noch einen Mitarbeiter der Chemiefabrik kennen, der sich Gedanken um radioaktive Abfälle macht: Dr. Taylor. Taylors Chef mag dessen Nachforschungen aber gar nicht: Er weist den guten Mann darauf hin, daß Alkohol am Arbeitsplatz verboten ist, und zieht dann eine halbleere Flasche aus Taylors Schreibtisch. Wenn das an die Öffentlichkeit dringt, droht Le Chef, dann wird sich die Firma wohl oder übel von Taylor trennen müssen. Der gute Doktor stammelt ein wenig herum und guckt dann in gekrümmter Haltung auf den Boden. Erwischt! Taylor ist so beschäftigt damit, sich zu schämen, daß er an der sofortigen Drohhaltung des Chefs wirklich gar nichts Verdächtiges entdecken kann.

In der Zwischenzeit bittet Susie bei der Raststätte, wo sie sich mit einem netten alten Mann mit Hund unterhalten hat, einen schmierigen Autofahrer, sie per Anhalter in das Kaff mitzunehmen. Der nickt gleich lüstern, und trotzdem ist Susie überrascht, als der Mann während der Fahrt plötzlich näheren Kontakt sucht. Der Lüstling hält den Wagen an und will sich über Susie hermachen, aber die flüchtet in den Wald. Dort saust – wie auch schon bei den Untersuchungen von Dr. Taylor – die Kamera tiefgehalten durchs Unterholz, und es knackt und knuspert dazu beständig auf dem Soundtrack. Was immer da herumschleicht: Es hat wohl eine große Packung Chips dabei.

Susie versteckt sich jedenfalls vor dem aufdringlichen Autofahrer, der geht frustriert wieder zum Wagen, und dann wird Susie von der unsichtbaren Gefahr überrumpelt und aus dem Bild gezerrt. Nur wenig später kommen Josie und Matt vorbei, um beim nahegelegenen Wasserfall zu baden und ihre Beziehung wieder aufzufrischen – aber dann finden sie Susies Leiche, die ihnen einen gehörigen Schreck einjagt. Sie berichten dem Sherriff im Ort davon, aber der glaubt ihnen nicht, sondern meint, die beiden hätten wohl eher etwas geraucht von irgendwelchem Zeug, daß Josie aus der großen Stadt mitgebracht hat. Er läßt sich dann doch überreden, mit in den Wald zu kommen, aber die Leiche ist verschwunden. Potzblitz!

Gott sei Dank erfahren wir nur kurze Zeit darauf, daß der Gesetzeshüter etwa nicht so schroff ist, weil er Menschen aus der Großstadt gegenüber vorurteilsbeladen ist – sondern weil er vom Chef der Chemiefabrik gekauft wurde und die Männer dort entsprechend vorgewarnt hat, damit sie Susies Leiche schleunigst abtransportieren. Zur selben Zeit, an einem anderen Ort: Taylor setzt sich bekümmert in eine Bar und will sich vollaufen lassen, wird aber stattdessen innerhalb von drei Sekunden von der Prostituierten Paula abgeschleppt. Bei ihr zuhause zeigen sich aber Leistungsschwierigkeiten seinerseits („Das passiert vielen Männern, sogar nüchternen“, tröstet Paula), und er erzählt ihr von merkwürdigen Vorkommnissen im Wald. Die bedrücken Taylor derart, daß er glatt seine Landkarte bei ihr liegenläßt, auf der er seine Forschungsergebnisse notiert hat.

Das trifft sich insofern gut, als daß sich Josie und Matt bald streiten – ich bin mir gerade nicht ganz sicher, worüber genau, aber Josie zickt herum, daß sie nie hätte zurückkommen sollen, und Matt fühlt sich dadurch angegriffen – weshalb Matt auch in die Bar läuft, um sich vollaufen zu lassen, und ebenso innerhalb von wenigen Sekunden von Paula abgeschleppt wird. Die zugegebenermaßen nicht häßliche Paula scheint den erfolgreichsten Betrieb im mittleren Westen zu führen. (Immerhin sieht man am Anfang der Szene, wie Paula bei einem alten Herren mit Cowboyhut abblitzt.) Bei Paula – die Schauspielerin wird übrigens im Abspann mit einem schwer nach Tippfehler riechenden Namen identifiziert: Jaymzlinn Saxton – findet Matt dann die Karte von Dr. Taylor, die er schwer interessant findet und mitnimmt.

Was wir bislang unterschlagen haben: Die unsichtbare Gefahr – knurps, knusper, knack, raschel – hat mittlerweile schon dem armen Hund des Tankstellenbesitzers den Geraus gemacht, und in der nächsten Nacht dem alten Herrn ebenso, als der mit Schrotflinte bewaffnet im Wald versucht hat, seinen Hund zu rächen. Das ist aber im Moment gar nicht so wichtig, weil nämlich Dr. Taylor auf einer Autofahrt von einem plötzlich auftauchenden Wagen bedrängt wird. Innen sitzen zwei Männer in schwarzen Anzügen, von denen sich der Fahrer offenbar für den Terminator hält: „Subjekt weigert sich, zu kooperieren“, informiert er monoton seinen Partner, der die Kanone zückt und ihm sagt, er soll die Klappe halten und Gas geben. Nach ein wenig Geballer und Gefahre flüchtet Dr. Taylor in den Wald, wo die beiden sinistren Gestalten dann Opfer des Knuspermonsters werden: Aus dem Boden schießen nämlich plötzlich Wurzeln, die die Burschen festhalten und ihnen die Luft abdrücken. Sapperlot!

Zum Glück kommt jetzt Brian ins Geschehen – der Enkel des verstorbenen alten Tankstellenbesitzers, der sich wundert, daß die Leiche schon begraben wurde und keine Autopsie angeordnet werden kann. Brian trifft auf Josie und Matt, und alle sind davon überzeugt, daß hier merkwürdige Dinge vor sich gehen. Entsprechend schleichen sie sich auch nachts gleich auf den Friedhof, um Großpapas Leiche zu exhumieren. Leider ist die gar nicht im Sarg! Die drei Ameteurdetektive flüchten vor der herannahenden Polizei, und ein armer Beamter wird bei der Aufgabe, das Grab wieder zuzuschaufeln, von den Killerwurzeln begrüßt.

Und jetzt kommt der bislang sehr gemächliche und nur gebremst bescheuerte Film endlich mal in Fahrt. Unsere Helden werden mehrfach von den wildgewordenen, wenig wohlgesonnenen Wurzeln wüst weiter behelligt, können sich aber erfolgreich zur Wehr setzen. Nicht so viel Glück hat der korrupte Polizist, dem eine solche Wurzel in den Mund kriecht (sie kommt beim Auge wieder heraus). Zusätzlich zum Knusperknackcrunch-Geräusch kommt jetzt ein beständig zu hörender Peitschenschlag – ja, immer derselbe – und das paßt freilich wie der Faust aufs Auto, nachdem die Wurzeln ja auch eher wie dicke braune Schläuche aussehen, oder wie schleimige Tentakel. Knurps! Knister! Ka-zisch!

Brian versucht, verschiedene Dorfbewohner zu warnen, aber die mögen wohl keine Fremden, weil er mit Gewehrsalven empfangen wird. Und so geht’s dahin bis zum Tagesanbruch. Unsere Helden konferieren, was getan werden sollte. Weil Brian auf der Karte von Dr. Taylor die darauf gekritzelten Zahlen als Ergebnisse eines Geigerzählers identifizieren kann, beschließen alle, den Chef der Chemiefabrik aufzusuchen und über die Geschehnisse zu informieren. Auf dem Weg dorthin gabeln sie auch Dr. Taylor selbst auf, der die Truppe dahingehend informiert, daß der radioaktive Müll der Firma nicht ordnungsgemäß abtransportiert wurde, sondern einfach im nahegelegenen Wald abgeladen wurde – während Le Chef die zwei Millionen für die Entsorgung selbst eingestrichen hat. Die Truppe konfrontiert den Chemieboß auch gleich mit diesen Vorwürfen, und der kriegt – die schönste Szene des Films – plötzlich einen Lachanfall, zückt dann die Pistole, bedroht die Heldengruppe und erschießt sich dann mit den Worten „Die kriegen mich nie“ selbst. Oh ja, die Großindustriellen gehen über Leichen, notfalls auch über ihre eigenen.

Jetzt sitzen die Helden also wieder herum und fragen sich, was zu tun ist. Die Polizei informieren? Die Nationalgarde? Den Umweltschutz? Die Presse? Ach quatsch! Lieber selbst nach dem Endlager für den Atommüll suchen! „Ich wünschte, jemand würde kommen und uns helfen“, jammert Josie, und da kommen sie schon: Diverse Dorfbewohner fahren herbei und schwingen ihre Schaufeln. Selbst die Prostituierte Paula ist dabei! Wie schön, daß auf dem Land noch zusammengehalten wird. Dr. Taylor und Brians Papa setzen sich in einen bereitstehenden Hubschrauber und überfliegen das Gelände, bis sie einen Punkt finden, wo diverse gelbe Fässer herumliegen. Sicherheitshalber landen sie, Dr. Taylor staunt noch, wie viele Fässer da sind, und dann wird er auch schon von fiesen Wurzeln verknuspert. Brians Papa kann gerade noch eine Leuchtrakete abschießen, bevor die Wurzeln seinen Hubschrauber umklammern und den Startversuch so vereiteln, daß der komplette Helikopter explodiert.

Zum Glück sehen die Dorfbewohner die Leuchtrakete und eilen zur Unfallstelle, wo sie erstmal nach dem abgestürzten Hubschrauber suchen (ich persönlich würde mich ja am Rauch orientieren, aber das geht hier schlecht, weil die Explosion offenkundig aus einem anderen Film stammt). Und dann sehen sie die Fässer mit dem radioaktiven Abfall und machen sich mit vereinten Kräften daran, diese aus dem Boden zu holen und auf einen Laster zu packen. Also, ich kenne mich da ja nicht so gut aus – aber ist es wirklich so klug, Fässer mit radioaktivem Müll ohne Schutzkleidung (nicht einmal Handschuhe tragen die!) anzufassen? Und überhaupt: Wenn der Abfall für die Mutation der Vegetation verantwortlich ist, was hilft dann noch der Abtransport der Fässer?

Bei den Arbeiten werden verschiedene Dorfbewohner, darunter auch die gute Paula, von bösen Wurzeln angegriffen. Klugerweise arbeiten diese Menschen nämlich auch immer alleine. Einmal haut jemand mit einer Schaufel nach einer Wurzel. Irgendwo ist eine Kettensäge zu sehen, aber die kommt nie zum Einsatz. Mal sehen, was sonst könnte man gegen solchen Wildwuchs einsetzen? Feuer vielleicht? Ach, lieber von den peitschenden Wurzeln wegziehen lassen, sonst passiert ja nichts.

Als es schon dunkel wird, taucht plötzlich Brian mitsamt einer ganzen Armee an Planierraupen auf (also drei Stück). Die Fahrer der Fahrzeuge tragen allesamt Gasmaken. Und so werden die Wurzeln plattgefahren – und die Fässer vor sich hergeschoben, oder mit Erde zugeschüttet, oder sonstwie beseitigt. So genau kann man das nicht sehen, weil einfach immer nur vorwärtsfahrende Planierraupen im Bild sind, und ein wenig Geäst und gelbe Fässer davor.

Ende gut, alles gut? Von wegen! Beim nächsten Weihnachtsfest will es sich Josie nämlich gerade auf dem Sofa gemütlich machen, als der Weihnachtsbaum verdächtig zu knuspern beginnt …

Contamination .7 (I 1990)
Alternativtitel: Creepers / The Crawlers / Troll 3
Regie: „Martin Newlin“ (= Fabrizio Laurenti)
Drehbuch: „Daniel Steel“ (= Daniele Stroppa), Albert Lawrence
Kamera: Larry Revene
Musik: Carlo M. Cordio
Kostüme: Laura Gemser
Produktion: Filmirage (laut VHS-Cover: „David Hills“ = Aristide Massaccesi)
Darsteller: Mary Sellers, Jason Saucier, Bubba Reeves, Chelsi Stahr, Vince O’Neil, Edy Eby

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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