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[Film] Monster (2008)

Yeah, MONSTER! Das ist der Film, für den Charlize Theron einen Oscar gewonnen hat, weil ihre Darstellung eines Krakentiers sehr glaubwürdig war und sie dann ganz unhollywoodtypisch Tokyo niedergewalzt … hmm, wartet mal. Ich glaube, das war’s nicht ganz.

Also nochmal von vorn: MONSTER (dieser hier) stammt aus der Produktionsschmiede Asylum und ist als CLOVERFIELD-Rip-Off in den Staaten ganz brav drei Tage vor Kinostart des Vorbilds in die Videothek gekommen. Bei uns ist er auch unter dem Titel EARTHQUAKE IN TOKYO erschienen. Und ja, er übernimmt den CLOVERFIELD-Stil mit der wackligen, subjektiven Handkamera eins zu eins – freilich unter Verzicht auf Nebensächlichkeiten wie Geld, Dramaturgie, Spannung, Stringenz oder Talent. Es geht ja auch nicht immer alles in einem einzigen Film, nicht wahr.

Wir folgen hier also den beiden Amerikanerinnen Sarah und Erin Lynch, die eine Dokumentation über die globale Erwärmung drehen möchten und deswegen nach Japan reisen. Bei den Reisevorbereitungen erörtern sie noch einige wichtige Fragen, wie zum Beispiel die, ob sie ihr Glätteisen für die Haare mitnehmen sollten. In Japan treffen sie sich dann zum Interview mit einem Umweltminister, dessen Büro die Größe einer Besenkammer hat und mit exakt einem Gegenstand bestückt ist: einem Schreibtisch. Dieser nette Japaner macht beständig ein Gesicht, als wäre er mit dem Gesagten schwer überfordert, und schon nach nur wenigen Minuten qualvollen Gesprächs wackelt plötzlich alles: Ein Erdbeben!

Die weitere Filmhandlung besteht daraus, daß die Mädels panisch irgendwohin laufen, ausgiebig ihre Situation ausdiskutieren, sich dann entscheiden, zur amerikanischen Botschaft vorzudringen, dann panisch irgendwohin laufen, ausgiebig ihre Situation ausdiskutieren … und so weiter. Gleich nach dem ersten Erdbeben (oder war es überhaupt eins? Einsatz der AKTE-X-Musik jetzt!) stehen die Frauen mit einigen Japanern in einem Kellerraum, der mit exakt keinem Gegenstand bestückt ist, und sprechen diverse japanische Businessleute an, von denen keiner auch nur einen Brocken Englisch versteht. Nur ein jüngerer Herr kann sich in Wortbruchstücken äußern und zieht dabei eine Fresse, als wären ihm entweder die Mädels zu häßlich oder das Sushi vom Mittag gar nicht bekommen. Vielleicht beides.

Und ja, das Prozedere ist wirklich ganz und gar und absolut und vollständig und durch die Bank langweilig. Die Kameraführung der beiden Mädels wackelt wie Parkinson im Endstadium, es werden beständig Mauern und Wände gefilmt, und niemand schafft es jemals, eine Person oder einen Gegenstand vollständig ins Bild zu kriegen – stattdessen werden gerne die Köpfe abgeschnitten und die Oberweiten der Frauen ins Bild geschoben. Um den Eindruck des „authentischen Materials“ zu unterstreichen, werden beständig Pixelfehler und Störeffekte ins Bild gerechnet, die exakt so aussehen, als würde jemand mit dem MovieMaker herumexperimentieren. Man muß sich schon sehr anstrengen, einen Film derart billig auszusehen zu lassen.

Nicht, daß etwas mehr Aufwand die Chose gerettet hätte: Die Frauen stolpern ohne Sinn und Verstand durch Tokyo und debattieren dabei endlos ihre Befindlichkeiten – wenn sie nicht gerade zum hundertzwanzigsten Mal jemandem erklären, daß sie Amerikaner sind (ach was!), oder fragen, wo denn die Botschaft sei. Die Aneinanderreihung von Lokalitäten, die dabei durchlaufen werden, folgt keinerlei erkennbaren Struktur, und Überraschungen oder gar ein dramaturgisches Konstrukt dürften gleich beim Vorspann in einer Erdspalte verschwunden sein. Dabei ist völlig unklar, was die Frauen überhaupt in der amerikanischen Botschaft wollen: Glauben die, daß da eine Limosine für die bequeme Heimreise auf sie wartet? Hoffen sie auf eine Person, die ihnen endlich mal auf Englisch erklärt, daß Tokyo gerade den Bach heruntergeht? Oder möchten sie doch einfach nur endlich einen Ersatz für das zuhause liegengelassene Glätteisen?

Das Monster, das man dann irgendwann einmal sieht, besteht übrigens aus drei Tentakeln, die offenbar aus einem Gulli in der Mitte von Tokyo zu kommen scheinen. Mann, jetzt stellen wir uns mal vor, wie groß die Zerstörung gewesen wäre, wenn das Biest vier von den Dingern hätte!

„Wir sollten das alles hier filmen“, sagt eine der beiden Frauen irgendwo in der Mitte des Films. Keine gute Idee. Ehrlich nicht.

Monster (USA 2008)
Alternativtitel: Earthquake in Tokyo
Regie: Erik Estenberg
Story: Erik Estenberg, David Michael Latt
Drehbuch: David Michael Latt
Darsteller: „Sarah Lynch“ (= Sarah Lieving), „Erin Lynch“ (= Erin Evans), Justin L. Jones

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    1 Comment

    1. Sie ist Jungfrau und hört Kelly Clarkson. Sowie ein wenig Johnny Cash.
      Wenn der Film übrigens authentisch ist, sind die Japaner überwiegend recht beschränkt.

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