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… und sowas muß um 8 ins Bett (1965)

Zum Glück muß unsereins nicht schon um acht ins Bett, weshalb dieser Film gestern als zweiter Teil der großen Peter-Alexander-Nacht auf BR3 aufmerksam studiert werden konnte (nach DIE ABENTEUER DES GRAFEN BOBBY, vor IM WEISSEN RÖSSL). UND SOWAS MUSS UM 8 INS BETT kam 1965 ins Kino, präsentierte sich in altmodischem (und wohl billigerem) Schwarz-Weiß und führt den guten Peter durch ein Schulspektakel, das als Aufwärmrunde für die spätere Reihe DIE LÜMMEL VON DER ERSTEN BANK verstanden werden darf. Alles unter inszenatorischer Aufsicht von Werner Jacobs, der zuvor schon diverse Alexander-Filme und andere Schlagerlustspiele, zum Beispiel mit Freddy Quinn, drehte und später das Kinopublikum mit Heintje, „Lausbubengeschichten“, Heinz-Erhardt-Streifen und natürlich den erwähnten Paukerfilmen … was wäre hier das richtige Wort? ah ja: … verzauberte.

Dr. Frank (Peter Alexander), leicht verschrobener Biologielehrer an einer Jungenschule, wird hier unversehens an ein reines Mädcheninternat versetzt, wo er die teuflische Oberprima in den Griff bekommen soll, die immerhin schon vier Klassenlehrerinnen verschlissen hat und keinerlei Anstalten macht, sich um das drohende Abitur zu kümmern. Dr. Frank ist leider etwas tolpatschig und hat nicht viel Erfahrung mit Frauen, weshalb es auch eine Zeitlang braucht, bis er dem Sauhaufen sowie dem rein weiblichen Lehrkörper mit, wie er anfangs postuliert, „Liebe und Zuneigung“ beikommen kann.

Und was für ein Haufen unreifer Gören sitzt da! Allesamt sehen sie natürlich aus wie mindestens 25, kichern keck durch den Unterricht hindurch und verschrecken noch gleich am Anfang des Films die arme Rosl Mayr, der sie mit einer Fliegenfänger-Apparatur die Perücke vom Haupt ziehen. Als Dr. Frank anrückt, fällt die Direktorin gerade dem alten Scherz zum Opfer, bei dem unter der vordersten Bankreihe eine Reihe von Haarfönen installiert ist, die der netten Frau Direx den Rock hochwehen. Unser tapferer Peter will ihr sogleich zu Hilfe eilen und die Geräte beseitigen, woraufhin er massiv unter Strom gesetzt wird. Wenigstens übersteht er den Streich mit den hunderten von Regenwürmern in seiner Schublade, über die er sich als passionierter Angler und eifriger Biologielehrer natürlich sehr freut.

Daß die Klasse derart schwierig ist, könnte auch daran liegen, daß die pädagogischen Maßnahmen des Lehrkörpers eher gering ausfallen. Natürlich sind sämtliche der spießigen Paukerinnen heillos überfordert und geraten bei jedem Streich schwer aus der Fassung – wie ja auch später bei DIE LÜMMEL VON DER ERSTEN BANK. Frau Direktorin darf auch ein- oder zweimal panisch die Arme hochreißen und prompt in Ohnmacht fallen – beispielsweise dann, wenn sich die jungen Damen beim Sportunterricht ihre Trainingsanzüge ausziehen und in ihrer Unterwäsche durch die Gegend joggen. Wenn Peter Alexander nicht so kreuzbrav wäre, hätte er an dem Streich wohl mehr Freude.

Vergessen wir mal nicht die nette junge Sportlehrerin (die aus einem unerfindlichen Grund nie unterrichtend gezeigt wird, nicht einmal beim Sportunterricht, den ja offenbar auch Dr. Frank veranstalten muß), die unser Peter schon bei der Anreise zum Internat kennengelernt hat, als er morgens aus dem Wohnwagen ausgestiegen und sein Kumpel Dr. Gunther Philipp dann einfach ohne ihn weitergefahren ist – da wurde der liebe Peter mit Regenschirm und Sträflingsschlafanzug an der Autobahn nämlich von einer freundlichen Frau mit einem Motorroller mitgenommen, die sich später als Pädagogin an eben jenem Internat entpuppt. Sie gibt Peter dann den gut gemeinten Rat, sich doch einmal mehr mit der Psychologie der Frauen auseinanderzusetzen, weshalb Peter dann diverse Ratgeber wälzt und ein schönes Lied dazu vorträgt: „Eine Frau ist stets das, was der Mann aus ihr macht“. Alice Schwarzer dreht sich dabei sicherlich schon zu Lebzeiten präventiv im Grabe um.

Natürlich gibt es Komplikationen. Gitte Haenning, die Anführerin der frechen Mädchen und eine waschechte Prinzessin, verguckt sich in Peter, weshalb sie in einer Traumsequenz „Gib mir Unterricht in Liebe“ mit ihm zusammen singen darf. Dabei ist Gitte, die ein wenig so redet, als wäre sie 12, und den Haarschnitt „Trockenhaube“ mit dem Hutmodell „Saftpresse“ verbindet, ansonsten gar nicht lieb und schreibt in Zusammenarbeit mit der restlichen Klasse fingierte Liebesbriefe an Peter, der wiederum glaubt, daß diese Briefe von der von ihm angebeteten Sportlehrerin stammen. Peter singt daher einmal ergriffen „Schenk mir ein Bild von dir“, überläßt dann aber großzügig die Bühne für zwei Darbietungen von Gitte: „Ich sag ja zu der Liebe“ und „Come Back – Komm zurück zu mir“. Schmacht, hust.

Weil Dr. Frank die Mädels irgendwann in einem Anflug pädagogischen Eifers als Strafe für einen Streich eine Woche lang um acht ins Bett schickt (und ihr habt sicherlich geglaubt, der Titel hätte gar nichts mit dem Film zu tun!), büxen die Gören aus und besuchen einen Tanzschuppen, wo sie schwofen dürfen und Gitte die obengenannten Nummern zu Gehör bringen darf, bevor Peter sie erbost wieder einkassiert. Dabei werden dummerweise Photos von ihm und Gitte geschossen, die sofort in der Zeitung landen, und prompt reist Hofrat Rudolf Vogel an, der sich freilich besorgt darüber zeigt, daß die Prinzessin in einen Skandal verwickelt zu sein scheint.

Gitte versucht, das vermeintliche Lehrer-Schülerin-Verhältnis rasch aufzuklären: „Er liebt mich nicht“, erklärt sie dem Hofrat mit Schmollmund, worauf der meint: „Das spricht für ihn“, und man merkt, daß er sich dabei bemühen mußte, nicht mit den Augen zu rollen. Dr. Frank wird gefeuert, die Prinzessin soll sofort nach Hause gebracht werden, aber dann trifft sich die Sportlehrerin mit dem Hofrat zu einer Unterredung. Sie erklärt ihm, daß sie Dr. Frank nämlich so sehr liebt, daß sie es nie zulassen würde, daß er ihr von einer anderen Frau weggeschnappt werden könnte. „Sie sind eine tapfere kleine Bürgerin“, spricht Rudolf Vogel und setzt dazu einen Gesichtsausdruck auf, als würde er sich gerade vorstellen, daß er als Alternative selber Peter Alexander heiraten müßte.

Somit bleibt also Dr. Frank an der Schule, aber dann wollen die Mädels, die freilich mittlerweile allesamt den guten Knaben ins Herz geschlossen haben und gegen seine Entlassung protestiert haben, ihren Streich mit den fingierten Liebesbriefen wiedergutmachen und schicken einen letzten Abschiedsbrief. Peter ist schwer getroffen von der Nachricht und besäuft sich zusammen mit Zahnarztfreund Gunther Philipp, der dann in einer langen Sequenz mit ihm „Schick die Weiber auf den Mond“ singt: „Ein Mann kam in die Küche / Er wollt sein Abendbrot / Seine Frau war vor dem Fernsehen / Er starb den Hungertod“. Das Zusammenspiel der beiden Kasperl mitsamt all den bescheuerten Wortwitzen, dem besoffenem Torkeln und eifrigem Herumalbern allein ist so wundervoll beknackt, daß sich der Film schon für diese zehn Minuten lohnt.

Aber ob es ein Happy End gibt und sich Dr. Frank und die Sportlehrerin doch noch kriegen, verrate ich jetzt nicht. Ätsch.

Weil’s so schön ist, hier die Sequenz mit Peter und Gunther (leider nur das Lied, das Geblödel vorne und hinten fehlt):

… und sowas muß um 8 ins Bett (Deutschland/Österreich 1965)
Regie: Werner Jacobs
Drehbuch: Janne Furch, Eckart Hachfeld
Kamera: Sepp Ketterer
Musik: Johannes Fehring
Darsteller: Peter Alexander, Gitte Haenning, Ingeborg Schöner, Marianne Schönauer, Gunther Philipp, Rosl Mayr, Raoul Retzer

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    1 Comment

    1. "Ein Kavalier ist ein Mann, der Sophia Loren beschreiben kann ohne die Hände zu benützen."
      Word!

      "Ich hab immer gedacht du bist ein Armleuchter. Aber jetzt sehe ich, du bist eine Stehlampe."
      Puh!

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