Wir hau’n die Pauker in die Pfanne – Die Lümmel von der ersten Bank, V. Teil (1970)

Uncategorized / 6. Januar 2007

Schnell – Wie viele Filme fallen euch auf Anhieb ein, in denen ein Affe mitgespielt hat und die komisch waren? Nein, CONGO zählt nicht. Ich vermute, daß wir heute ein großes Mißverständnis ungeahnten Ausmaßes unter Filmschaffenden aller Welt aufdecken können: Trotz sämtlicher andersgearteter Versuche und Überzeugungen seit Anbeginn des Zelluloidbelichtens sind Affen in Filmen nämlich überhaupt nicht komisch. Kein bißchen. Nada. Denken wir beispielsweise an den unsäglichen Blechschaden HIGHWAY 2, in dem ein Schimpanse mit Chauffeursmütze herumfuhr. Oder erinnern wir uns an den hier schon besprochenen SCHÖNE BESCHERUNG 2, in dem Randy Quaid dümmer ist als ein Laboraffe. Wir können uns auch WIR HAU’N DIE PAUKER IN DIE PFANNE ansehen, den fünften Teil der mitunter affigen Reihe um DIE LÜMMEL AUS DER ERSTEN BANK.

Besagter Affe wird hier Oberstudiendirektor Taft vererbt, der auf ihn aufpassen soll. Eingefädelt hat das sein verschollen geglaubter Zwillingsbruder, der sich für eine Ungerechtigkeit aus Jugendtagen rächen will: Er vererbt seinem Bruder und dem Gymnasium die stolze Summe von einer Million Mark, sofern gewisse Auflagen erfüllt werden. Kein Schüler darf im aktuellen Schuljahr durchfallen. Taft muß für ein kleines Delikt 30 Tage im Gefängnis sitzen. Und er muß, jawollja, auf einen Affen aufpassen, der ihm notariell auch noch als Findelkind verkauft wird. Man sieht: Es steckt eine ungewöhnlich komplexe Handlung in Teil 5.

Natürlich werden alle unsere Befürchtungen wahr: Wir müssen den Affen (in einem Mädchenkleid!) in endlosen Sequenzen durch das Schulhaus und durch Tafts Wohnung hopsen sehen und mitverfolgen, wie er Akten vernichtet und Gartenzwerge sammelt. Loben wir kurz den wohlmeinenden Komponisten Rolf Wilhelm, der obigem Mißverständnis freilich so sehr aufsitzt, daß er sämtliche Auftritte des Affen mit einer schwungvollen Drehorgel-Blasmusik unterlegt. Witzischkeit kennt halt in Deutschland keine Grenzen.

Lobend erwähnen müssen wir in Zusammenhang mit diesem Film aber auch noch jemand anderen: Hans Terofal. Terofal, Bruder des Produzenten Franz Seitz (der unter dem Namen „Georg Laforet“ auch als Autor tätig ist), wird auf Wikipedia mit dem Begriff „Trottelrollen“ (den man im Falle von Unwissenheit auch anklicken kann) belegt und spielte sich durch Dutzende von Filmen, als hätte ihm jemand Wäscheklammern an sehr empfindliche Körperteile geheftet. Terofals Pedell Bloch stottert und hampelt durch den Film, daß es eine wahre Wonne ist. Mal in Verfolgung des Affen, mal beim Zusammenrühren chemischer Experimente („Eiweiß und Stickstoff ergibt Schaum“), dann wieder beim Becircen der Schulsekretärin – Terofal ist mit vollem Körpereinsatz dabei und läßt Didi Hallervorden bei NONSTOP NONSENS wie Loriot wirken. Freilich ist Terofal in allen sieben LÜMMEL-Filmen dabei, aber die Verdienstmedaille bekommt er für seinen verstärkten Einsatz und seine erhöhte Präsenz in Teil 5.

Um die eingangs erläuterte Handlung herum sind freilich wieder die Streiche der Schüler – immer noch im Hintergrund dabei: Jutta Speidel – gestrickt, unter ständiger Aufsicht von Oberlümmel Hansi Kraus. Wieder darf Lateinlehrer Knörz an seinem Verstand zweifeln, wieder darf Ruth Stephan diesen großäugigen Gesichtsausdruck aufsetzen, den sie sicherlich beim Patentamt hat anmelden lassen. Der gute Blaumeier wird endlich wieder von Balduin Baas gespielt, und selbst Uschi Glas steht als Schwester Nietnagel wieder in der Gegend herum. Diesmal bandelt sie mit Fritz Wepper an (die vorangegangenen Verlobten aus Teil 2 und 3 wurden offenbar schon von ihr verschlissen), der ihr zum Schluß natürlich brav den Antrag macht. Vor dem Altar haben sie sicherlich geschworen, in guten wie in schlechten Zeiten in ewiger Treue schlechte Fernsehschmonzetten zu drehen.

Freilich ist das alles völlig hirnverbrannter Schwachsinn, absolut grenzdebil und richtig doof. Der Affe ist ja ein deutliches Zeichen. Aber andererseits ist der Film sogar noch kurzweiliger als der klamottige dritte Teil, und gesungen wird auch nicht. Man ist für die kleinen Dinge im Leben dankbar.

Wir hau’n die Pauker in die Pfanne – Die Lümmel von der ersten Bank, V. Teil (Deutschland 1970)

Regie: Harald Reinl
Drehbuch: Georg Laforet (= Franz Seitz)
Produktion: Franz Seitz Filmproduktion / Terra Filmkunst GmbH
Darsteller: Hansi Kraus, Uschi Glas, Rudolf Schündler, Theo Lingen, Hans Terofal
Länge: 81 Minuten
FSK: 6

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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