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Schöne Bescherung 2 – Eddie geht baden (2003)

Die VACATION-Reihe mit Chevy Chase gehört ja bekanntlich zu den besseren Filmen, die das „National Lampoon“-Siegel tragen. Das US-Magazin, das ähnlich wie MAD alles und jeden auf die Schippe nimmt, klebt seit Ende der 70er seinen Name auf alles, was auch nur annähernd ins humoristische Programm paßt – darunter glücklicherweise komplett ignorierte Gurken wie GOLD DIGGERS oder nach schwerem Alkoholkonsum schreiende Albernheiten wie SAM & DAVE mit den beiden Coreys. Nach vier VACATION-Filmen, von denen der letzte – VEGAS VACATION – den Rezensionen nach zu urteilen nurmehr bei der Mutter von Chevy Chase Wohlwollen gefunden hat, schieben die frohsinnigen Burschen von National Lampoon eine Art Spin-Off-Sequel zum dritten Film der Reihe nach – auch wenn die Verbindung zwischen SCHÖNE BESCHERUNG 2 – EDDIE GEHT BADEN und den übrigen Filmen eher tangentiell anzusiedeln ist.

Nicht einmal Chevy Chase, der in der letzten Jahren ja nicht unbedingt als vielbeschäftigter Filmstar unterwegs war, schien die Aussicht auf diesen Film hervorzulocken. Somit dreht sich die Geschichte diesmal um seinen Cousin Eddie, der in Teilen 1, 3 und 4 der Reihe für Unruhe sorgte, und dessen Familie. Um den Anschein von Kontinuität weiter zu wahren, spielt Dana Barron – die Griswald-Tochter aus Teil 1 – auch hier als Audrey mit (auch wenn in jedem Film die Griswald-Kinder immer von anderen Schauspielern gemimt wurden), und Eric Idle taucht auch noch einmal als unfallgefährdeter Engländer auf (als wäre ihm EUROPEAN VACATION, Teil 2 der Reihe, nicht schon zu blöd gewesen). Wohlwollend betrachtet ist das ein sehr viel dichterer Zusammenhang mit den vorangegangenen Filmen, als ihn sonstige hurtig heruntergekurbelte Sequels sonst bieten (das gestrengte Auge des Rezensenten ruht gerade auf den WILD-THINGS-Fortsetzungen).

So haben wir also kurz geklärt, daß die Erwartungshaltungen sehr niedrig anzusiedeln sind. Aber ganz egal, wie tief der Zuseher die Latte hier ansiedelt: Der Film schafft es trotzdem, limboartig darunter hinwegzutanzen. SCHÖNE BESCHERUNG 2 ist in keiner Sekunde komisch und dabei nicht einmal schlecht oder albern genug, um die Aufmerksamkeit sonst irgendwie halten zu können.

Der geeignetste Moment, die Handlung nachzuerzählen, käme wohl an dieser Stelle der Kritik – wenn es denn etwas Handlungsartiges zu erzählen gäbe. Also: Weil Eddie seinen Job im Testlabor verliert und von einem Affen ins Hinterteil gebissen wird, schenkt ihm die Firma aus Angst vor einer Klage einen Gratis-Weihnachtsurlaub auf irgendeiner karibischen Insel. Beim Bootsausflug erleidet die Familie Schiffbruch, langweilt sich dann ein wenig auf einer Tropeninsel, feiert dort abgespecktes Weihnachten und kommt wieder heim.

Der Film bemüht dabei eine Abfolge von billigen Schmähs, die allesamt total gerne really hilarious wären: Ein furzender Hund! Ein Haifisch an der Angel! Ein unbedarfter Passant, der von Eddie versehentlich durch die Gepäck-Durchleuchtung geschubst wird! Wer jetzt noch nicht Tränen lacht, dem ist leider nicht zu helfen: Viel mehr kommt nicht. Eine Reihe von Personen begleitet Eddies Familie aus relativ hanebüchenen Gründen auf der Reise, darunter die erwähnte Griswald-Tochter Audrey, ein ständig lüsterner Großonkel, eine ganz knapp bekleidete Reiseführerin. Zu tun hat keiner etwas, aber dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hat jeder dem Regisseur geglaubt, daß das Resultat total komisch wird.

Ein Großteil des Problems ist schon das Konzept, Eddie einen ganzen Film zu widmen: In den anderen VACATION-Filmen taucht er als lästiger Verwandter auf, der als Gegenpol zum häuslich-biederen Chevy Chase funktioniert und durch dessen Augen auf’s Korn genommen wird. Hier darf Randy Quaid in Spielfilmlänge seine trottelige Proletennummer abziehen, ohne daß diese durch ein Gegenüber überhaupt witzig wird. Dabei bemüht sich Quaid durchaus – aber nicht einmal Robert De Niro und Judi Dench hätten dieser traurigen Ansammlung von abgestandenen Blödeleien Klasse verleihen können.

Unser Blick in die Kristallkugel verrät: Es wird nicht der letzte VACATION-Film bleiben. In ein paar Jahren wird Produzent Marty Simmons wieder auf die Idee kommen, irgendwen irgendwohin zu schicken. Wie wäre es – um es eine Fortsetzung nennen zu können – mit der Unterwäscheverkäuferin aus Teil 3 und dem Mechaniker aus Teil 1, die gemeinsam zum Familienthanksgiving nach Iowa fahren? Keine gute Idee? Ach so.

Schöne Bescherung 2 – Eddie geht baden (USA 2003)
Originaltitel: Christmas Vacation 2: Cousin Eddie’s Island Adventure
Regie: Nick Marck
Drehbuch: Matty Simmons
Darsteller: Randy Quaid, Miriam Flynn, Dana Barron, Eric Idle, Fred Willard
Länge: 80 Minuten
FSK: ohne Altersbeschränkung

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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