Pitfall: The Lost Expedition (2004)

Uncategorized / 9. Januar 2005

Damals & heute

Mal wieder ein Remake eines Spieleklassikers: PITFALL: THE LOST EXPEDITION bietet bekannte 3D-Plattform-Abenteuer.

Schön langsam sieht es in der Spielebranche aus wie in Hollywood. Nicht, was Budgets und Optik angeht – dort natürlich auch – sondern im Hinblick auf die Tatsache, dass fast alles, was das Licht der Welt erblickt, ein Remake, ein Sequel, ein dritter Teil eines Remakes, oder ein Prequel zum Spin-Off einer Neuauflage der Fortsetzung eines Klassikers ist. Heute im Visier: PITFALL: THE LOST EXPEDITION, Activisions Modernisierung des Oldies PITFALL, seinerzeit auf dem Atari 2600 der Renner schlechthin.

Das war 1982. Und – sind wir uns mal ganz ehrlich – man fühlt sich alt, wenn man die Originale solcher Neuauflagen damals tatsächlich gespielt hat. Wie ja auch bei der aktuellen Wiederbelebung von PIRATES. Aber was war das für ein Erlebnis, den Abenteurer Pitfall Harry (freilich nur ein paar klobige Pixel) durch einen Plattform-Dschungel zu bugsieren, per Lianen über Schluchten, Skorpione und Krokodile zu hechten und im Goldrausch Schätze einzusammeln. PITFALL war wohl das erste Plattform-Jump’n’run-Game, ohne das es Super Mario, Sonic the Hedgehog und (seufz) die Giana Sisters wohl nicht gegeben hätte.

Und heute? Heute sieht Harry natürlich ganz modern aus, im schicken 3D-TOMB-RAIDER-Gewand, mit fabelhaften Lichteffekten und feinen Animationen, und im witzig designten Comic-Stil geht es immer noch um Krokodile und Lianen. Je mehr sich die Dinge ändern, desto größer die Gewissheit, dass alles gleich bleibt. In einem ansprechend gebastelten Mix aus Plattform-Game und Adventure rennt man durch verschiedene zusammenhängende Welten – Dschungel, Eishöhlen, unterirdische Passagen. Mit den Gegenständen, die man so findet, kann man weitere Bereiche erschließen: Erst mit einem abseits versteckten Eispickel beispielsweise kann man eine Eiswand hinaufklettern.

Und so sucht man im Dschungel von Peru Harrys Kollegen, die sich bei einem Flugzeugabsturz per Fallschirm gerettet haben und nun über die gesamte (Spiel-)Welt verteilt sind. Das ist nicht extrem schwierig, aber unterhaltsam gestaltet. Und wer ganz genau sucht, findet als Schmankerl 1:1-Emulationen des Originalspiels und seiner Fortsetzung PITFALL II – sicherlich ein ästhetischer Schock für Spieler, die mit einem N64 großgeworden sind, aber ein Edelstein für die Nostalgiker unter uns.

Lange braucht man nicht, um das neue PITFALL durchzuspielen. Die feine Grafik, die immer wieder eingestreuten Gags und das leichtfüßige Gameplay aber sorgen für Kurzweil. Mit leichtem Kopfschütteln und dem Wunsch, mal wieder etwas wirklich Originelles im Spielesektor sehen zu wollen, kann PITFALL: THE LOST EXPEDITION für Neulinge wie für vereidigte alte Hasen empfohlen werden.

Hinweis: Dieser Text erschien zuerst am 9. Januar 2005 bei Fritz!/Salzburger Nachrichten.

—————–
4 8 15 16 23 42






Avatar-Foto
Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





You might also like