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Harte Ware bei Genzel!

Nachdem ich schon letzte Woche jeden Tag mit langem Gesicht in meinen Briefkasten geschaut habe und dort kontinuierlich keine HARDWARE-BluRay fand, ist das gute Stück heute nun endlich eingetroffen. Fürwahr, der Sieg des Guten ist nicht aufzuhalten!

Der Film ist natürlich genauso insanely great wie die fünfhundertsiebenundsechzig Mal, die ich ihn schon davor gesehen habe, und kickt immer noch gewaltig (und ich entdecke immer wieder nette kleine Feinheiten). Der BluRay-Transfer ist vielleicht keiner, mit dem man ein Gerät verkaufen könnte – dazu ist der Film schon zu alt und wurde damals vermutlich auch nicht allersorgfältigst behandelt (und ja schon von vornherein nicht teuer produziert) – aber schön sieht das Bild allemal aus, alles klar und scharf.

Enthalten ist außerdem ein Audiokommentar mit Richard Stanley und Produzent Paul Trijbits, der recht spannend ist – Trijbits erzählt in der ersten Hälfte ziemlich viel über die Entstehung des Films und die Schwierigkeiten des Low-Budget-Shoots; Stanley redet in der zweiten Hälfte mehr und erzählt von seinen Inspirationen und plaudert auch ein wenig aus dem Nähkästchen, wie gewisse Bilder letztendlich teurer aussahen, als sie es waren. Interessant sind die einzelnen Hinweise auf die ursprüngliche Fassung der Geschichte (die Stanley schon in Interviews teils zum Besten gegeben hat) – kaum zu glauben, daß die Story ursprünglich noch viel zynischer und härter war. Er erzählt auch, wie es zwei Crews gab – eine Tagescrew und eine Nachtcrew – und wie er dann teilweise mehrere Tage am Stück gedreht hat, um möglichst viel aus der kurzen Zeit und dem begrenzten Budget herauszuholen. „Every time you go to sleep, you lose another angle“, erklärt er, und fügt dann hinzu: „By the third week, everyone on the film went a little mad“. Man sieht’s.

Es sind ein paar Bonusszenen auf der BluRay – die meisten davon längere Fassungen von Szenen, die im Film sind. Das längere Gespräch zwischen Jill und Mo ist interessant, und es ist auch schön, daß man irgendwo im Archiv (dafür aber in richtig schmumpfiger Qualität) die Originalfassung der Sexszene gefunden hat, wo sich Jill nebenher im Fernsehen Bilder einer Holocaust-Doku ansieht (aus völlig unerfindlichen Gründen ist das nicht in der Endfassung gelandet). Außerdem enthalten: Eine vierminütige Promo von damals, wo Dylan McDermott „it’s exciting“ sagen darf, Stacey Travis noch ganz jung und unverbraucht aussieht, und Stanley mit Hut und schwarzem Mantel erklärt, daß er sich einfach ausgemalt hat, wohin die schlechten Entwicklungen unserer Gesellschaft führen.

Die Disc beinhaltet außerdem vier weitere Stanley-Filme: Einmal RITES OF PASSAGE, über den ich ja unlängst schon gebloggt habe (und der auch als Bonus auf der DVD von €99 FILMS 2 enthalten ist). Dann seine Afghanistan-Doku VOICES OF THE MOON, die auch im DUST-DEVIL-Boxset zu finden ist. Dann noch einen neuen Kurzfilm von ihm: THE SEA OF PERDITION von 2006, in dem eine Astronautin auf dem Mars strandet und dort in einer geheimnisvollen Höhle ihr Schicksal findet. Und zu guter Letzt INCIDENTS IN AN EXPANDING UNIVERSE, Stanleys 40-Minuten-Film von 1987, der einen Vorläufer zu HARDWARE vorstellt: „Es ist dieselbe Story, nur ohne den Roboter“, erklärt Stanley. „Die beiden treffen sich, er leidet an Krebs, die Welt geht zugrunde, und kein Roboter kommt, um die beiden umzubringen, was auf gewisse Art und weise noch deprimierender ist.“ Ich habe mir INCIDENTS heute noch nicht angesehen, werde das aber alsbald nachholen.

Ach ja, und weil das noch nicht reicht: Ein Booklet mit Liner Notes ist enthalten, der originale SHOK-Comic, der eine ähnliche Geschichte erzählt (Stanley sagt, HARDWARE sei unabhängig davon entstanden, aber die Produktionsfirma hat einen Deal mit den Autoren des Comics abgeschlossen, um einen Rechtsstreit zu vermeiden), und dann noch eine Reihe von Comiczeichnungen nach Motiven aus dem Film.

Man könnte sagen, daß es die ultimative HARDWARE-Edition ist. Wenn da nicht im September noch ein US-Release kommen würde, für den offenbar weiteres, neues Bonusmaterial produziert wird, unter anderem Interviews (oder ein Audiokommentar?) mit Kameramann Steven Chivers und Stacey Travis … aber naja, ich hab‘ mir den Film bislang ja auch erst dreimal gekauft.

Einstweilen noch hier in Interview mit Stanley, wo er über den Film und die neue DVD/BluRay-Edition redet und den Streifen fröhlich mit den Worten „it’s a Christmas movie“ vorstellt.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    5 Comments

    1. Wie schon diverse male erwähnt – Ich will ihn gern wieder sehen. Auch auf die gefahr hin, ihn wieder nicht so umwerfend wie dust devil zu finden und weiterhin nicht zu eingeweihten zu gehören.

    2. So. Hab ihn gerade wieder geschaut. Hat mir besser gefallen als beim ersten mal. Viel besser! Und ich hab ganz vergessen, wie sehr es da zugeht, sobald das ding angreift. PUH! Kein Luftholen mehr.

    3. Es besteht noch Hoffnung für dich, junger Schüler der ersten Filmkammer!

    4. Ah schön passender Artikel 🙂 Ich überlege ja auch gerade, ob ich den Streifen nicht auf Blu-Ray hole (bin ja einfach neugierig, gesehen hab ich ihn noch nicht). Aber da kommt mir wohl der René zuvor.

    5. Sobolla lebt!!

      Eventuell zahlt sich's aus, bis zum Herbst zu waren, wie dann die US-Fassung aussieht. Da könnte eventuell noch mehr drauf sein. Es sei denn, du bist so ein Stanley-Fan wie ich, der sich halt einfach dann auch noch zum zehnten Mal den Film wieder kauft …

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