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[Film] Das gibt Ärger (2012)

Der deutsche Titel ist so eine schöne Vorlage, daß ich dem Einleitungssatz nicht widerstehen kann: Regisseur McG bringt einen neuen Film in die Kinos – DAS GIBT ÄRGER. Ach, dabei gehöre ich gar nicht zu jenen Filmfreunden, die McG leidenschaftlich verachten – ich mochte ja beide Teile von CHARLIE’S ANGELS sehr gern, und man sah, daß der Mann mit dem knappen Namen sich da ganz zu Hause fühlte: Stylischer Look, absurde Action, unbelastet von Tiefgang oder Wirklichkeitsanspruch, ein popkulturelles Spaßbad. Aber dann der vierte Teil der TERMINATOR-Reihe: Mit diesem Dezibelspektakel zeigte McG sehr deutlich, daß er es optisch krachen lassen kann, aber wenig Gespür für Inhalte hat.

Nun kommt er uns also mit DAS GIBT ÄRGER – im Original THIS MEANS WAR – und läßt zunächst Hoffnung aufkeimen, daß er sich wieder auf das konzentriert, was er kann. Die Story jedenfalls ist purer High-Concept-Schaum: Zwei befreundete CIA-Agenten verlieben sich unabhängig voneinander in dieselbe Frau – und kämpfen solange um die Aufmerksamkeit der etwas unentschlossenen jungen Dame, bis darunter ihre Freundschaft zerfällt. Und damit dabei nicht nur eine seichte Romantic Comedy herauskommt, werden die beiden noch von einem deutschen Terroristen gejagt, dessen Bruder sie bei einem Einsatz in Hong Kong getötet haben – will heißen: Es gibt nebenher auch noch seichte Action.

Reden wir nicht lange um den heißen Brei: DAS GIBT ÄRGER ist ein bizarrer Blödsinn, in dem sich nicht eine einzige Figur verhält wie ein echter Mensch. Fangen wir mal mit den beiden Agenten an: Der eine (Tom Hardy) ist ein sensibler geschiedener Vater, der nach einer langfristigen Beziehung sucht, der andere (Chris Pine) ein aalglatter Aufreißer, der sich hauptsächlich durch den Wettbewerb angespornt fühlt. Was machen die beiden, als sie herausfinden, daß sie sich für dieselbe Frau interessieren? Na klar, sie vereinbaren, daß beide baggern dürfen und sie dann entscheiden darf – aber nur bis zu dem Punkt, wo die Freundschaft darunter leidet. Na sicher. Somit sind dann beide stets beschäftigt, sich gegenseitig zu sabotieren, und treiben ihr Spiel so weit, daß der eine die Frau immer noch verfolgt, obwohl er weiß, daß sie schon mit dem anderen geschlafen hat.

Die gute Lauren (Reese Witherspoon), Objekt ihrer Begierde, ist noch viel mehr purer Spielball der Drehbuch-Prämisse: Sie darf sich ganz nach Situation immer für den einen oder anderen der beiden interessieren, und irgendwie ist Witherspoon als Schauspielerin ja gut genug, daß sie es einem beinahe verkaufen kann, daß Lauren eben noch mit dem einen Agenten ins Bett steigt und den nächsten Tag ganz unbefangen mit dem anderen verbringt – wie spielt man sowas, ohne wie eine dumme Tusse oder eine egoistische Schlange zu wirken? Witherspoon setzt auf niedlich und leicht durcheinander, und das ist freilich irgendwie knuffig – aber man fragt sich dann doch, wie das Mädel so einen Krieg bei den Männern auslösen kann, oder warum sie den notorischen Aufreißer plötzlich zu angeblich echten Gefühlen bewegt.

Aber da sind wir ja noch gar nicht beim wirklich absurden Teil angelangt. Die beiden CIA-Agenten verwenden nämlich die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und spannen ihr komplettes Team ein, um Laurens Wohnung zu verwanzen, sie videoüberwachen zu lassen und Informationen über ihre Vergangenheit zu sammeln. Das machen sie einerseits, um herauszufinden, wie sie bei ihr punkten können, und andererseits, um zu schauen, was der jeweils andere mit ihr macht. Mal abgesehen davon, daß dieses Modern Stalking einige Dutzend moralische Probleme aufwirft und ein solcher Mißbrauch einfach nicht niedlich werden will, egal, wie sehr der Film uns das so verkaufen will – die ganze Aktion hat auch das Problem, daß die Agenten ja nie einen richtig echten, ehrlichen Moment mit Lauren verbringen, sondern ihr permanent etwas vorspielen. Und damit wirken die Jungs gleich nochmal eine Spur gruseliger – und Lauren dafür umso blöder, weil sie permanent auf diese falschen Maschen reinfällt. Oh, ich wußte gar nicht, daß du Hunde magst! Du bist toll!

Selbst unter diesen Voraussetzungen ist das Ende dann völlig wirklichkeitsentfremdet: Lauren kriegt irgendwann mit, was gespielt wird, und ist dann circa 15 Minuten lang beleidigt – bis sie sich dann (wer’s nicht wissen will, springt jetzt zum nächsten Absatz) für den Aufreißer-Agenten entscheidet und die beiden küssend ins Happy-End gleiten, während der andere zur Mama seines Sohns zurückkehren darf. Und im Epilog planen Lauren und ihr Bullshit-Stalker noch die Hochzeit. Tja – wer auf so einen Typen hereinfällt und sich nicht mal fragt, ob die ganze vorige Aktion eventuell von diversen schwerwiegenden Charakterproblemen zeugt, der hat so eine Beziehung dann wohl auch verdient.

Im zweiten Absatz habe ich ja auch noch von Action geredet, und die darf natürlich zum beknackten Schluß auch nicht fehlen. Der werte Terrorist (Til Schweiger!) taucht nämlich auf und entführt Lauren mitsamt ihrer besten Freundin, um damit die beiden Agenten in ein abgelegenes Gelände zu locken, wo er sie dann erledigen will. Das resultiert also in einer Hochgeschwindigkeits-Verfolgungsjagd auf dem Freeway, viel Geballer, herumfliegenden Autos und einer Explosion. Mit sowas kennt sich McG aus, und deswegen schaut das alles auch sehr schick aus. Von Plausibilität dagegen hält der Mann ja eher nicht so viel: Nachdem man vorher im Film schon gesehen hat, wie der Terrorist unbemerkt die Jungs beschattet – warum hat er nicht einfach bei ihnen an der Tür geklopft und ihnen drei bis zwölf Kugeln in den Kopf geballert? Vermutlich war es ihm ebenso wie uns dann auch schon egal.



Das gibt Ärger (USA 2012)
Originaltitel: This Means War
Regie: McG
Buch: Timothy Dowling & Marcus Gautesen (story), Timothy Dowling & Simon Kinberg (screenplay)
Darsteller: Reese Witherspoon, Chris Pine, Tom Hardy, Til Schweiger, Chelsea Handler, Angela Bassett

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    2 Comments

    1. Also ich habe mir die DVD letztens erst geholt und finde den Film gar nicht schlecht ^^. Bemerke: Es dient zur Unterhaltung und da finde ich es scheißegal, wie was wann wo oder überhaupt vorrauszusehen ist. 😉
      Die Story an sich ist ja nicht schlecht 🙂 Ist aber glaube ich eher ein Frauenfilm, deswegen wunder ich mich gerade wieso du hier zwischen den ganzen "Karate"- und "Action"-Filmen diesen hier erwähnst :'D

    2. Danke für den Kommentar! Ich wußte, der Film hat mindestens einen Fan 😉

      Nunja, es mag Filme geben, die eher von Männern oder eher von Frauen gesehen werden, aber ich glaube nicht an die Schubladen "Frauenfilm" oder "Männerfilm" – ich kenne genug Kerle, die sich gerne Beziehungsdramen ansehen, und genug Frauen, die gerne Action und Horror schauen. Das kommt halt auf die Person und nicht so sehr auf das Geschlecht an. Ich selber liebe Romantic Comedies (die sind in den Reviews hier etwas unterrepräsentiert, weil ich nicht über jeden Film schreibe, den ich sehe) und sehe mir gerne Beziehungsgeschichten an, aber wenn da Stalkeranwandlungen als Romantik verkauft werden, bin ich weniger begeistert (das hat z.B. auch den Matthew-Broderick-Meg-Ryan-Film IN SACHEN LIEBE völlig ruiniert).

      Meine Kritik dreht sich ja auch nicht um Vorhersehbarkeit, sondern um die Tatsache, daß sich da niemand wie ein echter Mensch verhält. Ja, die Prämisse (Freunde streiten sich um eine Frau) ist reizvoll – aber in einem Film wie MARTHA TRIFFT FRANK, DANIEL UND LAURENCE auch viel wirkungsvoller und witziger erzählt. Was dich freilich nicht davon abzuhalten braucht, bei DAS GIBT ÄRGER Spaß zu haben 🙂

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