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[Musik] Killswitch Engage: The End of Heartache (2004)

Musik auf Knopfdruck 

Manchmal merkt man gar nicht, daß alles neu ist: Das neue Album von Killswitch
Engage macht genau da weiter, wo der Vorgänger aufhörte.

Hin und wieder treffe ich auf Studentenfesten einen hochsensiblen Metal-Freak, der öfter auf Metallica-Konzerte geht als Lars Ulrich himself. Mit schönster Regelmäßigkeit kann man diesen guten Mann auf die Palme bringen, indem man ihm vorschwärmt, daß Paul Di’Anno der beste Maiden-Sänger sei und es überhaupt sehr schade ist, daß Blaze Bailey aus der Band ausgestiegen ist. „Sakrileg!“

Was genau hat das nun mit der Band zu tun, um die es uns heute geht? Nun, auch bei Killswitch Engage, einer der Speerspitzen der überschwenglich genannten „New Wave of American Heavy Metal“, gab es einen Sängerwechsel. Jesse David Leach wollte wohl mehr Zeit mit seinen Liebsten verbringen, und so schreit sich jetzt Howard Jones, Ex-Frontmann von Blood Has Been Shed, durch das Getümmel. Emotionale Reaktionen wie die obig beschriebene wird man aber vergeblich suchen: Hätte es uns niemand gesagt, hätten wir gar nicht gehört, daß es ein neuer Frontmann ist.

Und so bleibt bei der New Wave alles beim Alten. Alles, was über den (vielseits gelobten) Vorgänger ALIVE OR JUST BREATHING gesagt wurde, trifft wohl auch auf das neue Album THE END OF HEARTACHE zu. Statt „My Last Serenade“ gibt es diesmal „When Darkness Falls“, und auch der Rest geht mit dem Schon-Gehörten streng konform. Ein bisschen Melodic Death Metal hier, ein wenig Hardcore-Geschrubbe dort (Schubladen sind praktisch), viel Gröhlen kurz vorm Rachentod, viel epischer Gesang in den Refrains. Alles kompetent produziert vom hauseigenen Saitenhauer Adam Dutkiewicz.

Wir wollen mal nicht undankbar sein: THE END OF HEARTACHE ist handwerklich sauber, kracht mit Druck aus den Boxen und hat genauso feine Tracks wie sein Vorgänger. Wer den mochte, ist hier immer noch gut beraten. Alles schön und gut, nur ist an der „neuen Welle“ mittlerweile nicht mehr viel Lack. Chimaira, ebenfalls eine der zu dieser Strömung gerechneten Bands, sind immerhin suchend unterwegs. Killswitch Engage dagegen meißeln sich ihren eigenen, statischen Monolithen. Vielleicht sollte da nochmal jemand aussteigen, damit endlich jemand „Sakrileg!“ rufen kann.



Dieser Text erschien zuerst bei Fritz!/Salzburger Nachrichten am 11. Mai 2004.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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