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KILLER NINJAS infiltrieren ein bis drei Archivfilme!

Hat schon einmal jemand einen Ninja-Film gesehen, der auch nur annähernd so großartig war wie sein Videocover? Es ist schwer, die Faszination in Worte zu packen, die man vor allem als Jugendlicher vor solchen VHS-Motiven wie dem von KILLER NINJAS entwickeln konnte: Das mußte man doch einfach sofort sehen. Dicke Wummen, muskelbepackte harte Burschen, Hubschrauber, Panzer, Action pur, alles in schicken Farben – und mitten drin auch noch Ninjas! Ninjas machen einfach alles cool. Naja, alles außer den Filmen, die sich hinter diesen Covern verbargen.

KILLER NINJAS heißt mittlerweile in der DVD-Version DIE TODESKÄMPFER DER NINJA; im Original heißt der Streifen NINJA IN THE KILLING FIELD. Und wenn da als Regisseur ein gewisser „York Lam“ genannt wird, denkt man sich erstmal gar nichts – und landet prompt in einer der vielen Dutzend Resteverwertungsproduktionen von Godfrey Ho, wo aus alten Schrottfilmen fast ganz neue Schrottfilme zusammengeschnitten werden. Mit Ninjas.

Theoretisch dreht sich KILLER NINJAS um eine „Ninja-Sekte“ unter der Leitung von Oberninja Sears. Der trägt ein knallrotes Ninjakostüm mit aufgeklebtem Stern auf der Kapuze und brummt jedesmal mürrisch, wenn er ins Bild kommt. Sears befindet sich in einem schwarzen Zimmer zusammen mit vielen anderen Ninjas, denen er Instruktionen gibt, und dann sehen sich die Ninjas jedesmal ganz verblüfft an, als würden sie sich wundern, warum hier jeder ein Kostüm trägt. Schon zu Beginn zeigt Sears seiner Gefolgschaft per TV-Schirm einen billigen Actionfilm – es soll ein Mitschnitt eines von der Organisation durchgeführten Raubüberfalls sein, ist aber eigentlich nur ein ganz anderer Film, den Ho halt mal eben hier verwurschteln wollte.

„Hinter diesen Überfällen steckt jemand ganz Bestimmtes“, schlußfolgert derweil ein Polizeiinspektor, der den ganzen Film über sein Gesicht hinter einer gigantischen Sonnenbrille und einem ebensolchen Schnauzer verstecken wird. „Das können nur die Ninjas sein“, spricht ein anderer Polizist im Raum. Von solch präzisen Deduktionsmethoden kann die Salzburger Polizei nur lernen.

Die Ninjas glauben unterdessen, daß sich ein Verräter in ihrer Mitte befindet. Sears verdächtigt den Ex-Freund von Ninja #18 – ein gewisser Steve, der mit Aschenbecherbrille in einem ganz anderen Film herumlümmelt und irgendwie mit dem Polizeiinspektor zusammen an so einer Drogenbande dran ist. Aber sowas kann man ja flugs zusammenschneiden – vor allem, wenn man noch schnell eine Szene dreht, in der Ninja #18 (wie hält Sears seine Ninjas eigentlich auseinander?) sich mit Steve kloppt und dann wieder verträgt. Den Rest des Films wird Ninja #18 leider aussetzen müssen, aber eventuell ist eine der Frauen, die so durch die (räusper) Handlung spazieren, Ninja #18 ohne schwarzes Kostüm. Wer weiß das schon.

Weil dieser Asia-Action-Thriller rund um die Drogengang in recht üppigem Ausmaß wiederverwertet wird, muß man lange Zeit ohne weitere Ninjas auskommen. Nur zwischendurch tritt einmal Agent Richard Jones auf den Plan, der nie mit den anderen handelnden Personen in Berührung kommt, aber prompt bei hellichtem Tag von schwarzgekleideten Ninjas angegriffen wird. Einer surft auf seinem Autodach und sticht mit dem Schwert durchs Blech, aber dann schüttelt Jones ihn ab und fährt ein paar Mal drüber. Es liegen dann allerdings nur noch schwarze Fetzen am Boden, und ein anderer Ninja mit flammendem Pfeil taucht im Straßengraben auf – vielleicht ist es auch derselbe Ninja, der den Ninjakurs „Wie komme ich nicht unter die Räder“ mit Auszeichnung bestanden hat.

Jedenfalls explodiert Jones‘ Auto, nachdem Jones wieder eingestiegen ist – macht aber gar nichts, in der nächsten Einstellung läuft Jones schon wieder durch die Gegend, mit nacktem Oberkörper und jetzt weißer Hose. Er spricht einen herumstehenden Gärtner an, der ihn mit der Heckenschere angreift, und das macht Jones stutzig: „Wer hat dich geschickt, um mich zu töten?“ Bevor der Gärtner aber Protest einlegen kann, landet ein Wurfstern aus dem Gebüsch in seinem Hals. Aufgrund des Informationsdefizits wird Jones an weiten Teilen des Plots nun nicht teilnehmen können.

Derweil fahren Soldaten Panzer auf, die möglicherweise auch wieder aus einem anderen Film entlehnt wurden. Ein Off-Sprecher erklärt: „Um mit den Ninjas fertigzuwerden, brauchen wir die Unterstützung von Marine, Luftwaffe und Armee“. Sehr gut! Weil jetzt aber erstmal dieser Drogenthriller weiter erzählt werden muß, muß die geballte Feuerpower noch eine halbe Stunde lang warten. In dieser Geschichte haben die brutalen Dealer, denen Steve (wir erinnern uns!) auf den Fersen ist, jetzt eine noch brutalere Killerlady angeheuert. An die macht sich der Oberdealer ein wenig heran, und nach etwas Geraufe schmusen sie auch schon miteinander und säuseln folgendes romantisches Geplänkel:

Er: Ich hab‘ noch nie eine Frau getroffen, die so gut kämpfen und küssen kann wie du.
Sie: Du bist aber auch nicht schlecht. Ich bin überrascht, daß ein Verbrecher aus der Unterwelt so zärtlich sein kann wie du.
Er: Hat man dir in den Trainingscamps auch das Bumsen beigebracht?

Was passiert jetzt? Ah ja, es wird viel geballert, viel gestorben, und wenn man genau wüßte, wie das jetzt alles zusammenhängt, wäre das auch sicher sehr dramatisch. Zum Glück droht uns noch ein Showdown zwischen Agent Jones und Oberninja Sears, der aus der Rahmenhandlung flüchten will und mit drei anderen Ninjas davonfährt. Leider bleibt ihr Auto in einem Schlagloch stecken, und während die drei Schergen den Wagen anschieben, schnappt sich Jones hinterrücks einen von ihnen. Das merken die anderen auch fast sofort:

Ninja #1: Wir können weiterfahren. Halt! Wo isser denn hin?
Ninja #2: Er ist verschwunden! Seltsam.
Ninja #1: Wir vermissen einen Ninja!

Leider fragt niemand nach: „Wie sah er denn aus?“ Stattdessen kämpfen sie alle gegen Jones, der sie in einem mehr oder weniger epischen Schlußkampf in den Ninjahimmel schickt. Bemerkenswert ist vor allem der rote Oberninja, der sich im Boden verstecken kann, und dessen Hand, nachdem sie von Jones abgehackt wird, als Raketengeschoß durch die Luft fliegt. Solche Tricks lernt man nicht, wenn man auf der Ninjaschule nur das einfache Bachelorstudium absolviert.

Haben wir eigentlich schon die Musik erwähnt? Da hat man sich bei den billigen Martial-Arts-Streifen ja schon immer gerne im Archiv bedient. Hier hört man elektronisches Pulsieren, das aus einem Tangerine-Dream-Score entstammen könnte, daneben großes Orchester, dann den Beginn von „I’m Only Human“ (von der Synthpop-Gruppe The Human League), und ein bißchen Synth aus dem TRON-Score.

Oh, irgendwie habe ich bei der Handlungsübersicht jetzt vergessen, daß vor dem Endkampf noch Panzer und Jagdflieger gegen Ninjas kämpfen. Es kann gut sein, daß sich die nicht alle im selben Film befinden. Ach ja, und es kann gut sein, daß es gar keine stringente Handlung gibt. Aber dafür Ninjas!



Killer Ninjas (Hong Kong 1984)
Alternativtitel: Die Todeskämpfer der Ninja
Originaltitel: Ninja in the Killing Field / Ninja in the Killing Fields
Regie: „York Lam“ (= Godfrey Ho)
Buch: Dwight Bolinger
Kamera: Jackson Lee
Musik: Tsang Kwong Wah
Darsteller: Stuart Steen, Louis Roth, Jane Kingsly, Henry Steele, Patricia Greenfield, Joe Nelson

Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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