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Laura II – Revolte im Frauenzuchthaus (1983)

Ein Knüller! Ein Knüller! Man kann es gar nicht anders beschreiben, was unser Favorit Bruno Mattei uns hier unter dem Titel EMANUELLE FUGA DALL’INFERNO auftischt – bei uns LAURA II – REVOLTE IM FRAUENZUCHTHAUS, obwohl der Film eigentlich keine Fortsetzung von LAURA – EINE FRAU GEHT DURCH DIE HÖLLE ist, aber praktischerweise vom selben Team offenbar zeitgleich mit denselben Schauspielern (aber in anderen Rollen) gedreht wurde. In der IMDB wird der Film gar als siebter und letzter Teil der ohnehin nur durch Hauptdarstellerin Laura Gemser zusammenhängenden BLACK-EMANUELLE-Reihe gelistet, aber so begegnungsfreudig wie in den anderen Filmen ist die gute Laura hier auch nicht mehr: Sie sitzt im Gefängnis, weil ihre Nachforschungen gegen einen finsteren Bezirksanwalt bezüglich Drogenschieberei auf wenig Gegenliebe stieß.

Da öffnet der Film gleich mit einer merkwürdig anmutenden Theateraufführung im Knast, wo sich drei angemalte Mädels – darunter auch Laura – dramatisch vorstellen. Nach den Ansprachen postiert sich aber die Gefangene Albina vor der Bühne, die sich mimisch offenkundig von den Sternstunden Klaus Kinskis inspiriert fühlt, und die erbost fragt, wie lange alle diesen Käse noch ertragen müssen (eine Positionierung dieser Szene zu einem späteren Zeitpunkt hätte eine schöne Metaebene geschaffen). Aus Protest wirft sie mit Tomaten nach Laura, woraufhin plötzlich auch alle anderen Zuseherinnen mit Gemüse und Salatblättern bewaffnet sind und diese Richtung Bühne feuern. Aber natürlich freuen wir uns, daß die Ernährung in diesem Gefängnis höheren Standards folgt als in Jess Francos FRAUENGEFÄNGNIS, wo es ja nur unidentifizerbares Gulasch mit Rattenbeilage gab.

Wir erfahren flugs die eingangs erwähnte Hintergrundgeschichte der Reporterin Emanuelle und bewegen uns sogleich in den Speisesaal, wo Albina gerade die beiden anderen Darstellerinnen der Aufführungen anpöbelt: „Take my advice and die!“, knirscht sie einer entgegen, aber die weiß zu kontern: „I’d like to bite your nipples off! And I’ll do it!“ Laura fordert Albina zum Armdrücken heraus, und so drücken sie sich beide eine Zeitlang hin und her – Laura Gemser mit der ihr eigenen transzendent unbeweglichen Miene auf der einen Seite, Albina-Darstellerin Ursula Flores mit den fast aus dem Kopf herausfallenden aufgerissenen Augen auf der anderen. Das Vergnügen wird noch gesteigert durch die Oberwärterin Franca Stoppi, die nach Lauras Sieg mit bebendem Körper zur Ordnung ruft und schreit, daß es hier schon genug Gewalt gäbe.

Wenig später im Waschraum sind Lauras zwei Freundinnen eifrig dabei, nackt aneinander herumzuspielen. Die anderen Insassinnen sehen eher mißbilligend zu, bis dann Albina die Wärter ruft, die die beiden Mädels ein paar Mal mit dem Kopf ins Wasser tunken. Weil die eine danach etwas dampft, kann davon ausgegangen werden, daß das Wasser heiß war. Zurück auf der Zelle sind die beiden Frauen jedenfalls verstimmt, und eine äußert die Theorie, daß alle gegen sie sind.

Da muß Laura bzw. Emanuelle natürlich für das Wahre, Gute und Schöne eintreten. Sie erklärt der Gefängnisleiterin, daß sie weiß, was im Waschraum vorgefallen ist – woraufhin auch sie prompte Bekanntschaft mit dem Waschbecken machen darf. Nachdem die Wärterinnen abgezogen sind, kommt Albina zu Laura und wird erneut unfreundlich, was dazu führt, daß Laura sauer wird (mit zusammengebissenen Zähnen und herumfuchtelnden Armen, als wäre ihr gerade nach dem Staubsauger auch noch das Bügeleisen eingegangen) und sich mit Albina am Fußboden balgt – und schwupps, schon hält Laura Albinas blonde Perücke in den Händen und lacht sie aus, was der Beziehung der beiden auch nicht gerade hilft. Nur wenig später kämpfen die beiden auf dem Gefängnishof miteinander (eigentlich eher ein ungemähter Rasen hinter dem Haus), und Laura kann Albina das Messer abluchsen und es ihr in den Oberschenkel rammen.

Aber wer nun gedacht hat, daß der Zickenterror zwischen Emanuelle und Albina abendfüllend wäre, der irrt gewaltig! Wir schneiden nämlich prompt zu einem Gefangenentransport, wo vier üble Rabauken, bewacht von einem bärtigen Cop mit Pumpgun, zu einer neuen Strafvollzugsanstalt überbracht werden sollen. Der Transport wird aber von einer Gruppe Leute angegriffen, die als Polizisten getarnt sind – inklusive Polizeiautos! – und dabei werden die beiden Fahrer tödlich verletzt, woraufhin der Cop die vier Jungs offenbar ins nächstgelegene Gefängnis bringen muß: Jawohlja, unser Frauengefängnis. (Wer sich nun fragt, warum der Cop nicht einfach per Funk Verstärkung oder eine neue Transportmöglichkeit anfordert, oder warum die angreifenden Pseudopolizisten dann doch nicht die Gefangenen aus dem Transport befreien, sondern einfach verschwinden, zeigt eindeutig zu wenig Verständnis für die Autoren, die so mühevoll eine so schöne überraschende Wendung konstruiert haben.)

Schon steht das Quartett also im Frauenknast und wird uns vorgestellt: Crazy Boy Henderson, Helmut von Bauer (der darauf besteht, arischer Abstammung zu sein!), ein Mann namens Geronimo, und ein vierter Schurke, dessen Name offenbar weniger einprägsam war – allesamt mehrfache Mörder und Vergewaltiger. Ha! Man darf noch einmal den Autoren auf die Schulter klopfen, daß sie hier nicht etwa eine langweilige Bande von Wirtschaftskriminellen oder Steuerhinterziehern antanzen lassen.

Nur wenige Momente später überwältigen Henderson und Helmut die Oberwärterin und die Gefängnisdirektorin und halten sie als Geiseln, um den bärtigen Polizisten zum Niederlegen der Waffe zu zwingen. Nun könnte der sich ja völlig zu Recht überlegen, was wohl zwei unbewaffnete Männer mit Handschellen den Mädels antun könnten, und dann flott herübermarschieren und beiden den Kolben der Waffe an den Kopf kloppen, aber stattdessen wird der Cop unsicher. Vor allem, als Helmut seiner Geisel die Kehle anknabbert (offenbar mit einer im Mund versteckten Rasierklinge – vielleicht aber auch einfach so) und die tot umfällt. Brav legt der Polizist also seine Pumpgun nieder und sieht zu, wie Henderson die Waffe aufhebt und ihn damit wegpustet, ohne derweil nach seiner deutlich im Gürtel sichtbaren Pistole zu greifen. Ach, die Ausbildung italienischer Polizisten ist wohl auch nicht mehr das, was sie einmal war. Und alle anderen Wärter haben offenbar heute frei.

So haben die Männer also nun den Knast übernommen und vergnügen sich mit den anwesenden Frauen. Einer schnappt sich die strenge Gefängnisdirektorin und zwingt sie dazu, sich auszuziehen, und freilich trägt Frau Direx unter der Uniform schwarze Reizwäsche mit Strapsen. Geronimo lernt derweil Albina kennen, und die beiden verstehen sich auf Anhieb (und auf ihrer Matratze) prächtig. Weniger harmonisch läuft die Begegnung zwischen Henderson und Emanuelle ab, die sich um den angeschossenen Cop kümmert. Henderson haut dem Polizisten erst ein paar Mal mit der Hand auf die Schußwunde, bevor er Emanuelle dann vergewaltigt. Völlig zusammenhanglos dürfen wir übrigens protokollieren, daß Henderson von Laura Gemsers Ehemann Gabriele Tinti gespielt wird.

Mit einer Art Funktelefon in der Größe eines mittleren Reisekoffers diktiert Henderson alsbald seine Forderungen nach einem Fluchtauto und viel Lösegeld an die Polizei. Natürlich ist die derweil nicht untätig und schickt heimlich ein SWAT-Team ins Gefängnis, die quasi mit einem granatenstarken Trick einsteigen: Sie sprengen eines der Fenster und klettern in den Bau. Die Gangster lassen flugs einige Mädels in Männerkleidung auf den Gang rennen, wo diese prompt von den zu schnell reagierenden SWAT-Schützen erschossen werden. Bevor die Jungs aber noch „hoppla“ oder „ach, herrje“ sagen können, stürmen schon die Gauner hinterher und nieten das gesamte Team um. Immerhin wird einer der Rabauken beim Feuergefecht auch erschossen, aber man darf trotzdem als Manöverkritik festhalten, daß das SWAT-Team bessere Chancen gehabt hätte, wenn ihr viertes Mitglied mit einer Waffe anstatt mit einer Fernsehkamera ausgestattet worden wäre.

Während die übrigen drei Herren dann also auf das Fluchtauto warten, vertreiben sie sich ihre Zeit damit, daß sie Emanuelle und Albina russisches Roulette spielen lassen. Albina bleibt dabei leider nur zweite Siegerin, und rote Soße verteilt sich auf Hendersons Gesicht. Aber auch anderswo wird Blut gelassen: Eine der Insasinnen präpariert sich selbst an empfindlichdster Stelle mit einer in einen Korken gedrückten Rasierklinge und sagt beim Hereinschieben kurz „au“. Als also der arische Herr von Bauer sich an ihr zu schaffen macht, ist er auch angesichts des einschneidenden Erlebnisses angemessen überrascht und erwürgt sie. Bevor er dann mit rotgetränkter Hose verbluten darf, stolpert er noch in einer endlos langen Einstellung an diversen Zellen vorbei, wo anonyme Insasinnen ihm das Gesicht zerkratzen (eigentlich sieht es eher danach aus, als wollten sie ihn begrapschen, aber daran hat er aus wohl nachvollziehbaren Gründen kein Interesse mehr).

Endlich ist das Fluchtauto da, und die beiden letzten Gauner stolpern mit Emanuelle, der Direktorin sowie dem bärtigen Cop als Geisel nach draußen. Dort steht der Herr Bezirksanwalt, der Emanuelle erkennt und sich per Flashback daran erinnert, wie sie ihm bei der Verurteilung geschworen hat, daß sie weiter gegen ihn vorgehen würde, sobald sie wieder draußen ist. Ergo greift der nette Anwalt also zur Waffe eines Polizisten und ballert ziellos in die Gruppe, wobei er aber nicht Emanuelle, sondern die Frau Direktorin sowie Geronimo erwischt und prompt auch selbst das Zeitliche segnen muß.

Im Fluchtauto herrscht Henderson dann vom Beifahrersitz aus den fahrenden Polizisten an, endlich schneller zu fahren, während er Emanuelle und den Cop auf dem Rücksitz in Schach hält. Leider stirbt der Motor irgendwo im Wald ab, und der Fahrer zückt eine kleine Pistole, mit der er Henderson anschießt. Der schießt mit der Pumpgun zurück, woraufhin der Fahrer mitsamt der Tür nach draußen geschleudert wird. Dann läuft er davon, verfolgt vom Bärtigen und Emanuelle. Die Verfolgsjagd mit den beiden angeschossenen, langsam humpelnden Herren und der besorgten Frau hinterher, die sich bemühen muß, keinen der beiden zu überholen (und gleichzeitig ein Gesicht macht, als wollte sie dem Polizist die vergessenen Butterbrote hinterhertragen), ist wahrlich ein Bild für die Götter. Als der Cop Henderson einholt, gibt es noch eine flotte Montage mit den schönsten Gewaltszenen, bevor der Ganove dann überwältigt werden kann.

Der Film schließt mit einer kurzen Einstellung, wie Emanuelle wieder in eine Gefängniszelle gesperrt wird. Ich fürchte, nach soviel Trubel wird ihr jetzt fürchterlich langweilig im Bau werden.

LAURA II kann mit all den Qualitäten aufwarten, die schon Matteis DIE HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN so vergnüglich machten: Die Schauspieler grimassieren fürchterlich oder regen selbst bei Mord und Totschlag keine Miene, es wird mit rudernden Armen gestorben und mit haarsträubendster Logik geradezu fahrlässig geplottet, und alles ist so wunderbar billig inszeniert und doch so actionreich abstrus und, ähem, aufregend, daß man nur noch staunen kann. Viel Freude macht übrigens auch die Musik von Luigi Ceccarelli, die nach Goblins Synthrock klingt, aber hier mit viel hypnotischer Orgel unterlegt wird. Sehr schade, daß es nie einen Soundtrack gab.

Tja, was kann man noch sagen? Ein Knüller!

Laura II – Revolte im Frauenzuchthaus (Italien/Frankreich 1983)
Originaltitel: Emanuelle fuga dall’inferno
Alternativtitel: Women’s Prison Massacre / Emanuelle in Prison
Regie. „Gilbert Roussel“ (= Bruno Mattei)
Drehbuch: Claudio Fragasso, Olivier Lefait
Kamera: Henry Froger (= Henry Frogers)
Musik: Luigi Ceccarelli
Produktion: Jean Lefait
Darsteller: Laura Gemser, Gabriele Tinti, Franca Stoppi, Lorraine De Selle, Ursula Flores

Die auf Amazon angebotene Fassung von Carol Media ist stark geschnitten (Laufzeit: 71 Minuten!). Die auf OFDB angebotene Version von X-NK dagegen ist ungekürzt (Laufzeit: 85 Minuten).

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    2 Comments

    1. Ach das Plakat ist auf alle Fälle sehr cool 🙂 Und alles andere, ja, klingt nach einem großen barbusigen Knüller. 😉 Aber irgendwie vermisse ich neuere Werke dieser Art so mit italienischem Einfluss.

    2. Mattei hat 2006 noch einen solchen Film namens THE JAIL: A WOMAN'S HELL gedreht – ansonsten bin ich aber auch nicht auf dem Laufenden, inwieweit Italien dieses Genre noch bedient.

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