Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen

Uncategorized / 14. April 2005

Wenn Filmschauen zur Arbeit wird: Es grassiert zur Zeit bei mir das Boxset-Fieber. Viele, viele wundervolle, wundervolle DVDs in schönen Pappschubern, gespickt mit Bonusmaterial und karriere- oder themenumspannend präsentiert. Da sitzt man schon mal eine Zeit, bei 14 Hitchcock-Filmen (inklusive Dokus zu jedem einzelnen), oder bei der 12-teiligen FROM THE EARTH TO THE MOON (da ist man alleine beim Primärtext-Schauen 640 Minuten dabei), oder bei der Truffaut-Box mit 5 Filmen. Das stapelt sich ja bei mir schon bis unter die Decke, und bis man das alles geschaut (und verdaut) hat, ist man zwar sehr filmgebildet, aber eben auch ein ganzes Stückchen älter. In der Zeit kann man gut und gerne selber einen Film drehen.

Jedenfalls habe ich gestern den letzten Film meiner 5 Filme umspannenden Marx-Brothers-Box gesehen – AT THE CIRCUS. Und der hat, trotz der schwer vorgerückten Stunde, dann doch wieder allen Arbeitsgedanken verdrängt und schlichtweg einen Mordsspaß gemacht. Die beiden letzten MGM-Marx-Filme sind ja nicht so der Hit (GO WEST und THE BIG STORE), auch wenn sie nette Momente haben. Aber der CIRCUS fängt noch einmal wunderbar den anarchischen Humor der Gebrüder Marx ein, mit fantastischem Sprachnonsens und unglaublichen Beleidigungen seitens Groucho („I bet your father spent the first year of your life throwing rocks at the stork“), einer völlig abstrusen Sequenz mit Chico und Harpo, die ein Zugabteil durchstöbern, ohne den darin Schlafenden aufwecken zu wollen, einem politisch nicht ganz korrekten Verhör eines Kleinwüchsigen, einem am Trapez fliegenden Gorilla, und prinzipiell mal allem, weswegen man die Marxes mag. Nur ihren unehelichen Bruder Karl haben sie mal wieder außen vor gelassen.

Somit wäre die Box ja fast abgearbeitet, wären da nicht noch 2 Audiokommentare, diverse Kurzfilmchen, und der Wunsch, den ganzen Krempel noch ein paar Mal zu sehen … seufz …

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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