[Buch] Malcolm-Jamal Warner & Daniel Paisner: Theo and Me – Growing Up Okay (1988)

Buch / 21. Dezember 2012

Über dieses fast vergessene Buch bin ich nur zufällig gestolpert: Malcolm-Jamal Warner – besser bekannt als Theo aus der COSBY SHOW – wendet sich in THEO AND ME: GROWING UP OKAY an seine Fans und nimmt deren Briefe als Ausgangspunkt für Gedanken und Ratschläge zu den Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens. Als treuer Cosby-Fan (alle acht Staffeln stehen bei mir im Regal) war ich natürlich neugierig – auch wenn ich altersmäßig wohl nicht mehr ganz zur Zielgruppe des Buches gehöre.

Erschienen ist das Buch 1988, also auf dem Höhepunkt der Popularität der Sendung: Die vierte Staffel hatte es – wie schon die beiden davor, und auch die beiden danach – auf Platz 1 des Nielsen-TV-Rankings geschafft und über 30 Millionen US-Haushalte erreicht. Und das ganz zu recht: Selbst rückblickend betrachtet bleibt die COSBY SHOW eine hervorragend geschriebene, witzige und sehr herzige Sitcom, die sich nicht nur auf lustige Sprüche und Situationskomik konzentrierte, sondern nebenher Figuren zeichnete, deren Umgang miteinander sich echt anfühlte. Malcolm-Jamal Warner spielte Bill Cosbys Sohn Theo (den einzigen Jungen neben vier Schwestern), und seine Figur gehörte zu den beliebtesten der Serie – kein Wunder, kosteten die meisten Folgen doch seine Pubertätsnöte mit liebevollem Augenzwinkern aus: Alleine für die Folge, wo Theo eine Freundin seiner älteren Schwester Denise beeindrucken will, die zu Besuch im Haus ist, und sich dafür mit weit offenem Hemd und einer Tonne Rasierwasser wie ein Pfau produziert (und nebenher plötzlich sein Zimmer aufräumt, von familiärer Verantwortung faselt und seinen Vater demonstrativ fragt, ob der sich etwa seinen Rasierapparat geliehen hat), muß man den Burschen ins Herz schließen.

Auch wenn der Titel THEO AND ME eine Art Autobiographie erwarten ließe oder eine Ansammlung von Anekdoten rund um die Show, hat das Buch wie eingangs angedeutet eher einen pädagogischen Ansatz: Warner schreibt hier über diverse Teenager-Probleme – leichte und schwere – und versucht, Tips und Hinweise zu geben, wie man mit diesen Fragen umgehen kann. Aufhänger dazu sind Ausschnitte aus seiner Fanpost – weil die Trennlinie zwischen Figur und Schauspieler ja ohnehin im Fernsehen gerne mal verschwimmt und Theo für viele Jugendliche eine gewisse Vorbildfunktion hatte, erhielt Warner tatsächlich hunderte von Briefen, in denen sich Kinder und Teenager mit ihren Problemen an ihn wandten.

Natürlich fragt man sich angesichts des Konzepts zunächst mal, was Warner – ein Schauspieler, kein Psychologe oder Pädagoge – zu solchen Lebensproblemen fabrizieren könnte. Aber er zerstreut diese Bedenken gleich im ersten Kapitel: Er betont mehrfach, daß er kein Experte ist, sondern selber ebenso ein Teenager mit Sorgen und Problemen. Seine Lebensumstände mögen etwas anders aussehen, aber dennoch sieht er sich in seinem Leben ebenso mit Fragen zu Freundschaften, Liebe oder Sexualität konfrontiert. Und so antwortet er auf die in den Briefen angesprochenen Gedanken ganz einfach als (beinahe) Gleichaltriger.

In der Tat funktioniert der Ansatz sehr gut, gerade weil Warner nie eine Art von Autorität demonstriert, sondern einfach aus seiner Erfahrung spricht und sich Gedanken macht. Gerade bei den späteren Kapiteln, in denen schwierigere Probleme angesprochen werden – Tod und Verlust, ungewollte Schwangerschaft, Drogen – will er nie vorgeben, wie gut er sich mit diesen Fragen auskennt, sondern zeigt sich fast mehr als Zuhörer für diese Sorgen. Wo es z.B. um schwere Krankheiten geht, spricht er einfach darüber, warum es für ihn schwer ist, Freunde im Krankenhaus zu besuchen – und letztlich macht wohl genau dieser Gesprächston ohne aufgesetzte Mach-dies-und-mach-nicht-das-Haltung seine Tips umso effektiver, als es vielleicht in einem professionellen Ratgeber möglich wäre.

Warners Stil hat den angenehmen Nebeneffekt, daß man hier und da auch etwas über seine Person erfährt – an einer Stelle fließt sein Werdegang mit ein, an anderen Stellen erzählt er ein bißchen von seiner Familie. Im Buch finden sich auch zwei Photoblöcke mit Kinder- und Jugendbildern von Warner. Und mit ein bißchen Augenzwinkern demonstriert er auch immer mal wieder, daß er sich selber nicht allzu wichtig nimmt – wie zum Beispiel mit diesem schönen Fanbrief:

„You are my eighteenth favorite star. Ahead of you is Lisa Bonet, Michael J. Fox, Michael Landon, Magic Johnson, Eric Dickerson, Pee Wee Herman, the guy from ‚Growing Pains,‘ ALF, Christie Brinkley, Bill Cosby, Bruce Springsteen, and some others I can’t remember.“ – Aaron, 13



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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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