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Geh, zieh dein Dirndl aus (1973)

Aufgrund positiver Reaktionen auf den jüngsten Ausflug in die Untiefen der deutschen Filmgeschichte – das Review zu AUF DER ALM DA GIBT’S KA SÜND hat dem ansonsten eher anspruchsvollen Kollegen Schwarz die Absichtserklärung entlockt, sich den Film zuzulegen! – legen wir in unbeirrter Heiterkeit noch eine Schippe drauf und sehen uns einen weiteren Jodelfilm an: GEH, ZIEH DEIN DIRNDL AUS, ruft uns der Filmtitel entgegen, und der Spaß fängt schon beim DVD-Cover an, wo neun Schauspieler gelistet werden, von denen acht nachweislich überhaupt nichts mit dem vorliegenden Film zu tun haben – darunter Peter Weck, Sydne Rome und Maria Schneider! Daß der neunte Name dann ein Treffer ist, mag reiner Zufall sein, da er schlichtweg zu „Elisabeth“ verkürzt wurde.

Im Gegensatz zu AUF DER ALM ist die Handlung von GEH, ZIEH DEIN DIRNDL AUS eher lose arrangiert – da gibt es Männer, und es gibt auch Frauen, und die machen dann meistens irgendwas miteinander, wofür sie sich immer vorher ausziehen. Keine Spione, keine Superbenzinformel, kein versteckter Mikrofilm? Macht fast gar nichts, weil das DIRNDL den fehlenden Plot mit krachenden Kalauern und zünftigen Zoten ausgleicht, die nicht selten dazu animieren, den Kopf gegen die Tischplatte zu hauen. „Weißt du denn nicht, daß die Liebe durch den Magen geht?“, will die Bäuerin von ihrer feschen Tochter wissen, die zur Freude der Kostümabteilung die ganze Szene lang im Waschzuber sitzt und sich einseift. „Na, bei mir geht’s a bissl weiter unten nei“, frohlockt das Töchterlein – wer bei jedem beknackten Witz ein Gläschen Schnaps hebt, überlebt den Film nicht, aber wer es nicht tut, kommt wahrscheinlich auch nicht bis zum Ende. Selbst für die richtig billigen Witzeleien aus dem Vorschulalter ist man sich nicht zu schade: „Ich schipp‘ den Mist auf die Erdbeeren“, erklärt der Bauer, und die Preißin wundert sich: „Komisch, ich mach‘ da immer Schlagsahne drauf“.

Wenn die Menschen im Film nicht gerade mit Herumblödeln beschäftigt sind, sind sie nackt und liegen auf- und übereinander. Der erotische Gehalt der mannigfaltigen Besteigungen hält sich freilich in Grenzen, weil der Sex – wie in allen Nackedeifilmchen aus dieser Zeit – hier auch als infantiler Witz mißverstanden wird. Da mögen Kolles Streifen noch so viel Aufklärungsarbeit betrieben haben und die Frauen noch so willentlich barbusig in der Landschaft herumstehen: In der Tiefe ihrer Herzen waren diese Produktionen natürlich ebenso verklemmt und prüde wie die Generation davor. Mit hochrotem Gekicher wird hier ja schon ein gezeigter blanker Hintern zum peinlichen Moment, der von den Filmemachern daher auch stets mit dem „Boing“-Soundeffekt einer Mundharfe bedacht wird. Haha, ein nackter Popo wackelt durchs Gras, boing-boing-boing.

Im Ensemble, wie das neudeutsch ja so schön heißt, spielen übrigens Willy Harlander und Max Griesser, die dankenswerterweise ihre Kleidung anbehalten und sich damit begnügen, in tiefstem Bayrisch irgendwelchen Unsinn von sich zu geben. Alexander Grill ist auch wieder dabei, und eventuell liegt es am Bart, daß er hier nicht so viel herumhampelt wie noch in der ALM. Als Bäuerin sehen wir Elisabeth Volkmann, die später zur Synchronstimme von Marge Simpson wurde – ob sie sich dafür auch so unmotiviert ausgezogen hat, wissen wir leider nicht. Und – man lernt ja nie aus – die mannstolle Zenzi wird von Marie Ekkore gespielt, deren Nachname auf Schwedisch „Eichhörnchen“ bedeutet.

Es gibt sicherlich noch etwas irrsinnig Aufregendes über diesen Film zu berichten, aber der Hund hat meine Notizen gefressen. Der nächste Film, bitte.

Geh, zieh dein Dirndl aus (Deutschland 1973)
Regie: Siggi Götz
Drehbuch: Florian Burg
Produktion: Lisa Film
Darsteller: Elisabeth Volkmann, Alexander Grill, Marie Ekkore, Rinaldo Talamonti, Max Griesser, Willy Harlander
Länge: 84 Minuten
FSK: 18

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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