Mann, ich komme ja mit dem Bloggen gar nicht mehr hinterher. Jedenfalls habe ich vor zwei Tagen endlich die Autobiographie von Joe Eszterhas ausgelesen, die HOLLYWOOD ANIMAL heißt und satte 892 Seiten (und das in einer großen gebundenen Ausgabe) stark ist. Viel Stoff, viel Leben.
Aber spannend und unterhaltsam war’s auf jeden Fall. Wenn man eines merkt beim Lesen, dann das: Eszterhas weiß, wie man Geschichten erzählt. Das kann er ohne Zweifel. Er zieht einen beständig in sein Leben hinein, und während manches banal ist, anderes ein wenig aufgeblasen, so ist man doch immer dabei, immer neugierig darauf, der Geschichte weiter zu folgen. Spannend und teilweise bestürzend seine Kindheit, wo er als Kind zusammen mit seinen Eltern aus Ungarn nach Amerika geflüchtet ist, weil im Heimatland die Irrungen und Nachwehen des Krieges zu deutlich spürbar waren. Dort hat sein Vater, ein ungarischer Schriftsteller und Gelehrter, für einen Hungerlohn erst gekellnert und dann für eine Zeitung geschrieben, die von einer Gruppe Franziskaner herausgegeben wurde, während seine Mutter irgendwann geisteskrank wurde und ihrer Familie immer wieder religiöse Verfehlungen vorgeworfen hat. Eszterhas erzählt teils in ganz kurzen Anekdoten und Episoden, teils auch in lang ausholenden Blöcken, und der Erzählrhythmus hat eine gewaltige Sogwirkung.
Primär liest man eine solche Hollywood-Autobiographie natürlich wegen dem Insider-Tratsch, wegen den mal komischen, mal abstrusen Blicken hinter die Kulissen, und hier enttäuscht Eszterhas freilich nicht. Paul Verhoeven scheint beim Drehen von SHOWGIRLS tatsächlich das Hirn in die Hose gerutscht zu sein, und die Tatsache, daß er und sein Sternchen Elizabeth Berkley ein Verhältnis hatten, mag erklären, warum er sich nicht mehr auf die Qualität des Werkes konzentrieren konnte. Richard Harmon hat im Streit mit Eszterhas einen Herzanfall gekriegt, während Michael Ovitz gegen ihn in den Krieg gezogen ist und damit drohte, seine „Fußsoldaten“ auf Eszterhas anzusetzen. Bei all dem mag sich Eszterhas selber natürlich sehr gerne und stellt sich mit Vorliebe als stets ehrlichen, stets seine Meinung sagenden Querdenker hin, der in der Scheinwelt Hollywood natürlich immer wieder aneckt. Aufgefangen wird dies durch die Tatsache, daß er wohl auch um seine arrogante Unausstehlichkeit weiß und beinahe mit ihr kokettiert. Neben den Selbstverständlichkeiten, die er im Umgang mit den Hollywood-Größen an den Tag legt, und der mehrfachen Betonung, daß er der bestbezahlte Drehbuchautor Hollywoods sei, überrascht er aber auch immer wieder mit introspektiven Gedanken und Selbstkritik.
Lesenswert ist das Buch aber alleine wegen einem Kapitel: Dem Kriegsverbrecherprozeß gegen seinen Vater, der auf unheimliche Weise Eszterhas‘ Skript MUSIC BOX, das kurz vorher verfilmt wurde, widerspiegelt. Es ist spannend, wie der Prozeß verläuft, bewegend, wie Eszterhas über die Lügen seines Vaters nachdenkt, und traurig, was ans Tageslicht kommt.
Und jetzt, 892 Seiten Hollywood später, kann ich endlich das nächste Buch lesen, das schon seit ein paar Wochen auf mich wartet: THE CATCHER IN THE RYE. Ich werde berichten!
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