ARACHNOQUAKE: Der Syfy-Channel spinnt sich wieder Unfug zurecht

Film / Wühlkiste / 9. Juni 2014

Lieber Griff!

Wir vom Syfy-Channel freuen uns, dir hiermit die Regie bei unserem jüngsten Programmfüller anbieten zu können: ARACHNOQUAKE. Wie du ja weißt, sind Katastrophen-Kombinationen derzeit in, und so wollen wir auch diesmal wieder wie zum Beispiel bei ALIEN TORNADO, SHARKTOPUS oder PIRANHACONDA zwei Katastrophen zur Lauflänge von einer bieten. Da du, werter Griff, ja schon Erfahrung mit billig produziertem Unfug hast – zum Beispiel dank 100 MILLION BC oder SWAMP SHARK – qualifizierst du dich optimal für diesen unseren jüngsten Schrott.

Dank des Titels erklärt sich die Handlung ja eigentlich schon von selber, und mehr mußt du dir auch gar nicht ausdenken – Ideen sind kostbar, und wir wollen nicht mehrere auf einen einzelnen Film verschwenden. Unsere Hauptfigur, mit der unsere wahllos zusammengewürfelten Opfer gegen die vom Erdbeben aufgeweckten Riesenspinnen ins Feld ziehen, ist ein unzuverlässiger, gern schon in der Früh dezent alkoholisierter Busfahrer. Da haben wir natürlich sofort an Edward Furlong gedacht – du weißt schon, der war in der Fortsetzung von diesem einen Achtziger-Jahre-Hitfilm, welcher war das gleich … ach ja: FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE II – aber Edward wollte lieber den anderen Busfahrer spielen, der mit einer Ladung junger Softball-Spielerinnen durch die Gegend gurkt. Um Eddie zu zeigen, wer hier der Boß ist, haben wir seine Szenen prompt auf das Notwendigste reduziert.

Die restliche Besetzung steht auch schon, aber ist es eher unwahrscheinlich, daß du da wen kennst. Was ziemlich egal ist, weil den Plunder, der im Skript steht, ohnehin jede Käsereibe spielen könnte. Eine Ausnahme dazu: Wir konnten Tracey Gold anheuern – du weißt schon, die aus UNSER LAUTES HEIM. Sie spielt die Ehefrau von Edward Furlong. Da haben wir ein bißchen überlegt, weil sie ja irgendwie älter ist als er und auch optisch nicht so super zu ihm paßt, aber dann sind wir draufgekommen, daß sie ja auch mal ein Alkoholproblem hatte und sich deswegen prächtig mit Eddie verstehen dürfte.

Die kleinen und großen Monsterspinnen werden wir natürlich alle in der Postproduction per CGI einfügen. Aber was erzählen wir dir da? Das machst du ja eh immer so. Unser Budget sieht dafür $137.50 vor, also mußt du halt hier und da Abstriche machen, was den Realismus der Animationen angeht. Dafür haben wir das beste FX-Team zusammengetrommelt, das man für kein Geld kriegen kann: Die Jungs haben unter anderem schon an ANACONDA 4 und MIAMI MAGMA gearbeitet. Und für den Soundtrack hat unser Hausmusiker Andrew Morgan Smith auch schon richtig laute Orchestermusik downgeloadet, mit der wir Aufregung und Spannung vortäuschen können.

Lieber Griff, wie üblich können wir dir nicht viel zahlen, aber dafür mußt du dich auch wirklich nicht anstrengen. Du weißt ja: Wir haben zwei Arten von Zusehern. Die einen haben keine Ahnung von Film, und die anderen kommen sich total ironisch vor, wenn sie den einmalig öden Quatsch gucken, den wir ihnen als Kult verkaufen. Beiden Gruppen kochen wir nachhaltig das Hirn weich, damit sie entweder weiterhin brav unsere BluRays kaufen oder für die im Fernsehen dazwischengeschaltete Kreditkartenwerbung empfänglich werden.

Übrigens, Griff: Falls das mit dem ARACHNOQUAKE reibungslos abläuft – und wir sehen keinen Grund, warum es das nicht tun sollte, schließlich mußt du ja nichts leisten – dann haben wir schon gleich den nächsten Auftrag für dich im Kopf. Und zwar: GHOST SHARK! Super, oder? Also, mach hin mit den Spinnen und viel Spaß im Sumpf. Meine Leute sagen mir dann, wie der Film war. Ich selber würde mir den Mist ja nie freiwillig anschauen.

Mit herzlichen Grüßen,
M. Moneysac
Chefetage Syfy Channel

 

Arachnoquake (USA 2012)
Regie: „G.E. Furst“ (= Griff Furst)
Buch: Eric Forsberg (Story), Paul A. Birkett
Kamera: Lorenzo Senatore
Musik: Andrew Morgan Smith
Darsteller: Edward Furlong, Tracey Gold, Bug Hall, Megan Adelle, Olivia Hardt






Avatar-Foto
Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





You might also like