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[TV] Herr S. kommt nicht zum Zuge (1976)

Aus heutiger Sicht mag man staunen über die Popularität von Hallervordens grenzwertigem Klamauk NONSTOP NONSENS, und so neigt man auch dazu, den Stellenwert dieses Publikumsrenners zu unterschätzen. Zumal der Titel so sehr Programm ist, daß das Zusehen teils weh tut, und die einzelnen Sketche obendrein bei nochmaligem Ansehen nicht einmal so gut sind wie in der Erinnerung. Aber in den Siebzigern war Hallervorden einer der beliebtesten Komiker überhaupt – und vielleicht allein deswegen, weil die Konkurrenz dünn gesät war. Otto Waalkes zelebrierte Sprachnonsens und hauptsächlich sich selbst, Loriot bediente die Intellektuellen. Ansonsten gab es niemanden, und schon gar nicht einen Komiker, der so publikumsnah die Unterschicht in halsbrecherich verzerrte Szene setzte.

Zu den Zeiten seiner NONSENS-Höhenflüge, noch vor seinem Start als Kinostar und in einer langen Strecke zwischen seinen frühen und späten Tagen als bissiger politischer Beobachter entstand der etwa 40-minütige Fernsehfilm HERR S. KOMMT NICHT ZUM ZUGE (zu finden als Bonus in der zweiten DVD-Box von NONSTOP NONSENS). Während die Aneinanderreihung von Sketchen hier eine gewisse Handlung vorgaukeln mag – Didi verpaßt seinen Zug und stolpert unfallgefährdet durch den Münchner Hauptbahnhof, während er auf den nächsten wartet – handelt es sich doch um eine Reihe mehr oder weniger willkürlicher Szenen, die wie auf einer Perlenschnur aneinandergereiht sind.

Beim NONSENS wie auch hier ist der Humor streckenweise sehr bemüht, und jeder Sketch hangelt sich von Satz zu Satz. Aber wo die TV-Serie immer wieder in ihrem Wahnwitz alles probierte, um in einem Slapstick-Schlenker Lacher herauszukitzeln, bleibt HERR S. merkwürdig zahm. Es bieten sich Ansätze – eine Szene im Postamt beispielsweise, in der Didi einen Beamten in den Wahnsinn treibt („Wieviel kostet die 50-Pfennig-Marke?“) – aber das von immerhin fünf Autoren zusammengestückelte Drehbuch kneift immer da, wo eine Pointe sitzen müßte, und lotet die Möglichkeiten der einzelnen Situationen überhaupt nicht aus.

Es bleiben ein paar witzige Momente – Roberto Blanco im Bahnhofsschließfach, Gerhard Wollner als fanatischer Reiseplaner – aber nichts davon ergibt ein schlüssiges Ganzes. Man verzeihe uns den müden Wortwitz – passend zum Film – aber der Humor kommt hier einfach nicht zum Zuge. Schade.

Herr S. kommt nicht zum Zuge (Deutschland 1976)
Regie: Klaus Überall
Drehbuch: Dieter Hallervorden, Klaus-Dieter Lang-Hübner, Wolfgang Penk, Manfred Stahnke, Klaus Überall
Produktion: Südwestfunk (SWR)
Darsteller: Dieter Hallervorden, Gerhard Wollner, Rotraud Schindler
Länge: 40 Minuten

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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