[Film / Gastbeitrag] Krull (1983)

Uncategorized / 22. Januar 2013

Wer glaubt, daß sich Gastautor Don Arrigone heute mit Bekenntnissen von Hochstaplern auseinandersetzt, kennt unseren Trashfilm-Eleven schlecht: KRULL ist ein Fantasy-Spektakel der frühen Achtziger – das den guten Don aber offenbar nicht wünschen läßt, er hätte die Dekade tatsächlich miterlebt. Erzähl doch mal, werter Don, was können wir von KRULL erwarten?

Dies ward mir zu wissen gegeben: Viel Kohle konnte gescheffelt werden in den Achtziger Jahren mit Science-Fiction und Fantasy. Und auch dies ward mir zu wissen gegeben: Daß alle ein Stück abhaben wollten von dem großen Kuchen, auch Peter Yates. Aber eins kann ich nicht wissen: Ob tatsächlich jemand KRULL, diesen Bastardsohn von STAR WARS und EXCALIBUR, sehen will.

In der Eingangssequenz, die derer von STAR WARS IV frappierend ähnlich sieht, erfahren wir, daß ein außerirdischer Bösewicht, der in der deutschen Fassung den tollen Namen „Unbeschreibliches Ungeheuer“ trägt, sich anschickt, die Welt Krull zu erobern. Die beiden Herrscher dieser Welt haben sich zwar verbündet und ihre Kinder, Prinz Colwyn und Prinzessin Lei– Lyssa, verheiratet, aber damit allein läßt sich das Unbeschreibliche Ungeheuer – ich kann das gar nicht oft genug tippen – nicht aufhalten. Ohne große Probleme stürmen dessen Lakaien, die Slayer, die Burg – wobei ihnen ihre Laserwaffen einen kleinen Vorteil gegenüber den Rittern von Krull gewähren, auch wenn sie fairerweise immer nur ein, zwei Schuß abgeben, bevor sie zum Nahkampf übergehen. Sie metzeln die Verteidiger der Burg nieder, entführen Lyssa und lassen Colwyn schwer verwundet zurück.

Kaum ist das Massaker vorüber, erreicht auch der weise Ynyr (man versuche bitte, den Namen laut auszusprechen) die Burg und läßt alte HERR-DER-RINGE-Fans an Gandalfs Ausspruch zweifeln, Zauberer kämen nie zu spät. Zumindest schafft er es, Colwyn zu heilen. Und danach tut er, was er am besten kann: Er sagt, wo’s langgeht. Denn der Weg zur Feste des Unbeschreiblichen Ungeheuers ist kompliziert, und wie in jedem guten Quest-Narrativ muß man zuerst etliche andere Orte bereisen, um dort Abenteuer zu erleben, Weisheit zu erlangen, und Experience Points abzusahnen.

So findet Colwyn beispielsweise das unglaublich mächtige „Fünfklingenschwert“ – eigentlich eher eine Art magischer Bumerang. Aus nicht näher genannten Gründen darf er die Superwaffe allerdings vor dem Finale nicht einsetzen, auch wenn er damit so manchem Kameraden das Leben retten könnte. Gut, daß er sich als König keinen Wahlen stellen muss. Nicht, daß es noch viel Volk gäbe, das ihn wählen könnte: Außer ein paar Banditen, die sich dem charismatischen Prinzen sogleich anschließen, kommen kaum Menschen vor.

Im Gegenzug schüttelt KRULL allerdings ein reiches Repertoire an Fabelwesen aus dem Ärmel: Da haben wir den unfähigen Magier, der für comic relief sorgt, den blinden Seher sowie den Zyklopen Rell. Letzterer sieht zwar vollkommen lächerlich aus, hat aber zumindest einen spannenden Hintergrund: Eigentlich hatten die Zyklopen der Welt von Krull einmal zwei Augen, doch haben sie dem Unbeschreiblichen Ungeheuer eines gegeben, um im Gegenzug die Zukunft sehen zu können. Das Ungeheuer hat sie aber betrogen, und die einzige Zukunft, die sie sehen, ist der eigene Tod. Eine durchaus gute Idee, die auch in einem besseren Film noch geglänzt hätte.

Colwyn und seine Gefährten bereisen also nun fleißig all jene Orte, die eine ambitionierte Abenteurergruppe nun einmal bereisen muß: Berge, Sumpf, Berge, Höhlen, Sumpf, Berge, Wald, Wüste. An jedem Ort erleben sie selbstverständlich Abenteuer – wobei die zum Großteil wenig beeindruckend ausfallen. Einzig Ynyrs Besuch bei der „Witwe im Netz“ ist spannend inszeniert, auch wenn die Riesenspinne, die ihn dort verfolgt, wohl auch zu Beginn der Achtziger Jahre nicht mehr auf der Höhe der Zeit war. SINBAD läßt grüßen.

Schließlich machen sich Colwyn und sein bereits geschrumpftes Gefolge auf Flammenrossen, den schnellsten Pferden auf Krull, auf den Weg zur Feste des Unbeschreiblichen Ungeheuers. Trotz einer wiederum brauchbaren Idee ist dies eine der lächerlichsten Szenen im Film – sieht doch ein Blinder, daß Pferde und Reiter nicht im Entferntesten etwas mit dem im Hintergrund im Zeitraffer abgespulten Film zu tun haben. Außerdem stellt sich natürlich die Frage, wieso man nicht von Anfang an auf dem potentiellen Leberkäse geritten ist.

Dann erreichen unsere Helden die Nobelhütte des Ungeheuers, wo es zum großen Showdown kommt. Und eben jene Burg, die sogenannte Schwarze Festung, gehört noch zu den großen Stärken von KRULL: Der Ort ist herrlich surreal und wirkt daher tatsächlich furchteinflößend und bedrohlich. Man bekommt tatsächlich Lust auf einen epischen Endkampf zwischen Gut und Böse – nur leider verläuft dieser, soviel sei noch verraten, eher enttäuschend.

Es gibt also durchaus unterhaltsame Passagen in KRULL, und auch technisch wird zumindest solides Mittelmaß geboten: Die Kulissen sind oft mit großer Detailverliebtheit und Sorgfalt gestaltet, die Schauspieler können sich, zumindest teilweise, durchaus sehen lassen (z.B. Liam Neeson und Robbie Coltrane, leider nur in Nebenrollen), und der Soundtrack von James Horner ist auch nicht zu verachten. All dies ändert nur leider nichts daran, daß KRULL von den erwähnten Höhepunkten abgesehen stinklangweilig ist. Bei mehr als der Hälfte der Figuren kann ich mich nicht einmal an den Namen erinnern, und so ist es mir herzlich egal, wer da grade wie stirbt. Auch die Hauptcharaktere lassen kaum Tiefe aufkommen und verbleiben mehr oder minder in ihren archetypischen Rollen. Die größte Schwäche ist die Struktur, die nicht einmal versucht, die unterliegende Quest-Erzählung als logisches Ganzes zu präsentieren. So kommt leider keine epische Stimmung auf. Schade, denn Potential hätte KRULL gehabt – so sind es leider zu wenige Glanzpunkte für zwei Stunden Film.



Krull (UK/USA 1983)
Regie: Peter Yates
Buch: Stanford Sherman
Musik: James Horner
Darsteller: Ken Marshall, Lysette Anthony, Freddie Jones, Francesca Annis, Alun Armstrong, Liam Neeson, Robbie Coltrane

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Don Arrigone
Als Kind ausgesetzt und im Kloster zum Heiligen Massacesi aufgezogen. Zeigte schon in jungen Jahren Interesse an jeglicher Art von Film, insbesondere aber an den Genres Horror und Thriller. Studium der Theologie, Magisterarbeit zur Darstellung der Nonne im italienischen Film des 20. Jahrhunderts. Priesterweihe, und Beitritt zum Geheimorden der Fratri Rossi. Tod während einer nächtlichen Orgie, aufgrund seines sündigen Lebenswandels hinabgefahren in die Hölle. Gefangen im 9. Zirkel der Unterwelt und somit gezwungen, bis zum jüngsten Tag Videothekenfutter zu rezensieren.





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