[Film] König Arthur – Auf den Spuren der Legende (2001)

Uncategorized / 24. Juni 2012

König Artus, Excalibur, Camelot, Merlin – ich liebe diesen gesamten Mythenkreis. Nebst zahllosen Geschichten, Filmen und Büchern rund um den sagenhaften Gründer der Tafelrunde gibt es auch jede Menge Dokumentation, die sich mit dem geschichtlichen Background dieser so tausendfach wandelbaren Sagenwelt beschäftigen – auch wenn, wie jeder Forscher gleich zu Beginn zugeben muß, der faktisch belegbare Teil sehr gering ist: Es ist ungewiß, welche historische Figur Vorlage für Artus war (oder ob es überhaupt eine gab), und es dürfte gar kein Camelot gegeben haben – und da fangen die Probleme für den Historiker ja gerade erst an.

Die Doku KÖNIG ARTHUR – AUF DEN SPUREN DER LEGENDE zeichnet in drei Dreiviertelstunden-Episoden den Wissensstand um Artus, Camelot und Merlin nach und präsentiert dabei diverse Theorien und Informationen, die sich großteils auf die jüngeren Thesen stützen, nach denen der echte Artus ein sarmatischer Reitergeneral war und Camelot sein mobiles Hauptquartier (auch Antoine Fuquas Film KING ARTHUR von 2004 greift diese Theorie auf). Es wird aber auch diskutiert, in welchen Geschichten Artus wie auftauchte, aus welchen Kulturkreisen diese Erzählungen stammten und wie diese miteinander verwoben wurden. Also: Hochinteressanter Stoff.

Nicht gar so überzeugend ist die Inszenierung der Doku selbst geworden – auch wenn die darin wiedergegebenen Inhalte durchaus spannend sind, wirkt die Aufmachung des Dreiteilers doch eher erheiternd. Das fängt bei den Interviewpartnern an: Ronald Hutton, ein Herr von einer Universität, der sicherlich nichts dafür kann, daß er ein bißchen wie Eric Idle aussieht und man deshalb bei seinen Ausführungen stets den Einsatz des Monty-Python-Themas erwartet. Dazu ein älterer Herr namens Nikolai Tolstoy, der per Bauchbinde schlichtweg als „Author“ vorgestellt wird. So gesehen hätten sie natürlich auch Wolfgang Hohlbein, Erich von Däneken oder Hera Lind gleichberechtigt zu Wort kommen lassen können – aber na schön, seien wir mal nicht so: Eine Amazon-Suche verrät mir, daß der Mann eine seriöse Studie namens THE QUEST FOR MERLIN verfaßt hat und daher wohl ebenso wie der Universitätsprofessor als Autorität auf dem Gebiet gewertet werden kann. Vielleicht hat der liebenswürdige Herr Tolstoy ja darum gebeten, kein großes Aufhebens um seine Person zu machen.

Um einiges merkwürdiger mutet da ein dicklicher Waffenmeister namens Magnus an – nicht, daß der Name nicht passen würde, aber einen Vor- oder Nachnamen erwartet man von einer vermeintlich seriösen Quelle ja dann doch, wenn man nicht gerade über Popmusik schreibt und Prince oder Madonna interviewt. Immerhin scheint Magnus aber zu wissen, wovon er redet.

Bizarrster Gesprächspartner aber ist ein gewisser Arthur Uther Pendragon – der vielleicht wegen seines schönen Namens zum Interview gebeten wurde, eventuell aber auch, weil er als „Pagan Priest“ mit lang wallender Robe mit rotem Drachensymbol im Sessel sitzt und hinter ihm ein dickes Schwert an der Wand prangt. Ob die Ausführungen dieses Herren brauchbar sind, vermag ich nicht zu sagen – und es würde mich ehrlich gesagt auch viel mehr interessieren, wo man so einen Gesprächspartner findet. Jedenfalls scheint mir mein Wunsch, einmal im Leben in einer Doku zu sitzen und einfach nur mit dem Wort „Experte“ identifiziert zu werden, plötzlich gar nicht mehr so abwegig.

Weil man ja nun nicht immer Menschen beim Reden zusehen will, gibt es zwischendurch bewegte Bilder zu sehen, die auch manchmal etwas mit dem Thema zu tun haben – nämlich hauptsächlich dann, wenn von Schlachten die Rede ist. Es werden permanent kämpfende Menschen gezeigt, die wahrscheinlich bei der jährlichen Re-enactment-Schlacht zu Cornwall aufgenommen wurden – und man könnte sich darüber amüsieren, daß in der Sounduntermalung immer dasselbe Pferdewiehern in hochfrequenter Wiederholung benutzt wird, wenn man nicht schon damit beschäftigt wäre, in diesen Sequenzen König Arthur zu identifizieren, der ungeschickterweise mit mehreren Darstellern besetzt wurde, die sich auch kein bißchen ähnlich sehen.

Ansonsten passiert es schon gerne mal, daß der Sprecher (der in der deutschen Synchronisation übrigens darauf besteht, daß es „König Ahda“ heißt) uns Informationen vermittelt und dazu schöne Landschaften gezeigt werden. Das paßt zum Beispiel dann, wenn über ein mögliches Camelot gesprochen wird – aber wenn über historische menschliche Überreste gesprochen wird und dazu Sumpfland gezeigt wird, sorgt die Ton-Bild-Schere einmal mehr für Heiterkeit.

Trotz der nicht hundertprozentig seriösen Aufmachung will ich aber mal gnädig sein: Das Thema selbst ist eben doch sehr interessant, und die geäußerten Thesen und Spekulationen – die dankenswerterweise stets als solche identifiziert werden – laden durchaus zur Vertiefung ein. Von daher darf man sich KÖNIG ARTHUR – AUF DEN SPUREN DER LEGENDE (bzw. im englischen Original THE ARTHURIAN LEGENDS) durchaus sozusagen mit aufmerksamem Ohr ansehen. Wer sich langweilt, kann ja zählen, wie oft gewiehert wird.

(Übrigens: Arthur Uther Pendragon heißt eigentlich John Timothy Rothwell, hat einen eigenen Wikipedia-Eintrag und ist der Autor des Buchs THE TRIALS OF ARTHUR. Er heißt so, weil er sich als Reinkarnation von König Arthur sieht. Das hätten wir uns ja auch gleich denken können.)

König Arthur – Auf den Spuren der Legende (UK 2011)
Originaltitel: The Arthurian Legends / The Legends of King Arthur
Regie: Chris Gormlie
Laufzeit: 144 Minuten

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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