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[Film / Gastbeitrag] Oblivion 2: Backlash (1996)

Es ist ja nun nicht so, daß es im Genzel HQ zu wenig Filme gäbe. Und doch schaffen es gerngesehene Gäste wie Don Arrigone immer wieder, obskuren Schmumpf mitzubringen, von dem ich bislang noch nicht einmal etwas gehört habe. Für einen schon etwas länger zurückliegenden Filmabend, bei dem auch Arrigones Kontaktmann nach Norddeutschland, ein gewisser Casi, anwesend war, brachte der gute Don einen billigen Science-Fiction-Ausflug namens OBLIVION 2: BACKLASH mit – den wir uns in knallhart anarchischer Manier angesehen haben, ohne OBLIVION 1 überhaupt zu kennen! Don Arrigone darf berichten:

Science-Fiction meets Western. Taufrisch war die Idee 1996 nicht mehr: Gerade Ende der 80er hatten diverse Zeichentrickfilme die Formel bereits erprobt – man erinnere sich nur an SABER RIDER AND THE STAR SHERIFFS oder die GALAXY RANGERS. Diese Serien haben es in das kollektive Gedächtnis einer ganzen Generation geschafft und bringen noch heute (Männer-)Augen zum Leuchten; man kann sie fast in einem Atemzug mit HE-MAN oder TRANSFORMERS nennen. OBLIVION 2, der auf demselben Genremix basiert, kennen allerdings wenige.

Alles beginnt in einer kleinen, heruntergekommenen Bar mitten in der Pampa. Dort will der Möchtegern-Desperado Crowley gerade einen Deal mit der mäßig hübschen, aber in Lack und Leder gehüllten Lash abschließen: die Karte zu einer Derconium-Mine (hierbei handelt es sich um ein besonders wertvolles Mineral) gegen gewisse Gefälligkeiten in der Horizontalen. Eigentlich will die junge Dame ihn ja übers Ohr hauen, muß dann aber entsetzt feststellen, daß er die Wegbeschreibung auf sein bestes Stück hat tätowieren lassen. Dementsprechend kann man sie nur entziffern, wenn er sich ganz doll freut – für Lash kein Grund, ihn nicht einfach abzustechen und einen Handlanger mit der Aufarbeitung der Daten zu betrauen. Wie das nun ganz genau funktioniert, erfahren wir glücklicherweise nicht.

Währenddessen herrscht in der Westernstadt Oblivion hellste Aufregung: Der Kopfgeldjäger Sweeney hat sich angekündigt. Dieser ist derart gefürchtet, daß ganze Saloons verstummen, wenn auch nur sein Name fällt – würde das doch auch mit „Don Arrigone“ funktionieren! Umso größer ist die Überraschung bei seiner Ankunft: Der vermeintlich raue Revolverheld entpuppt sich als elegant gekleideter Gentleman. Einige Rabauken finden das äußerst unterhaltsam und provozieren Sweeney gleich mal ein wenig, woraufhin er sie in „Zeitlupe“ mit seinem Gehstock verprügelt. Die Anführungszeichen haben ihre Berechtigung: Der Effekt wirkt derart rucklig, daß ich mir kurz um den PC Sorgen gemacht habe. Zumindest, bis mir wieder bewußt wurde, daß ich mir gerade OBLIVION 2 ansehe.

Sweeney ist auf der Suche nach einer Spionin, aber leider weiß er weder, wie sie aussieht, noch kennt er ihren Namen. Ansonsten hätten seine Auftraggeber wohl auch einfach im Telefonbuch nachschlagen können. Die lokale Bevölkerung hält Lash für höchst verdächtig, außerdem mag die ohnehin niemand. Insofern wird es schon nicht die Falsche treffen. Doch auch Miss Kitty, die Besitzerin des örtlichen Freudenhauses, scheint irgendetwas mit dem Fall zu tun zu haben …

So jagt man nun abwechselnd Frauen, Derconium und wieder Frauen. Außerdem mischt sich mit Jaggar noch ein Alien in SS-Uniform ein, frei nach dem Motto: Achtung, der ist böse, fast schon wie die Nazis. Sein verstorbener Bruder Redeye war der Liebhaber von Lash, nun will Jaggar selbst mit dem kleinen Leder-Luder anbandeln. Der Aufgabe fühlt er sich mehr als gewachsen und erwähnt, daß seine Standhaftigkeit die des Bruders übertrifft. Mir drängt sich natürlich die Frage auf, wieso er darüber so genau Bescheid weiß. Wobei … nein … eigentlich will ich das gar nicht so genau wissen.

So dümpelt der Film vor sich hin, ohne daß rechte Begeisterung aufkommen will. Die Handlung ist nicht nur weitgehend unspektakulär, sondern weist auch grobe Fehler und Lücken auf. Beispielsweise findet auch wirklich jeder dahergelaufene Idiot – und bei Gott, davon gibt es in diesem Film genug – die angeblich so geheime Mine. Gegen Ende stirbt Miss Kitty und kehrt dann überraschend wieder von den Toten zurück. Warum, wird nicht erklärt – die Bewohner von Oblivion geben sich mit „Freibier“ als Antwort zufrieden. Mir verweigerte die DVD leider Gratisgetränke. Dementsprechend bin ich etwas skeptischer und bezeichne das einfach böswillig als an den Haaren herbeigezogener Twist. Ha, das habt ihr jetzt davon.

Auch sonst kann OBLIVION 2 nicht wirklich überzeugen. Daran ist natürlich nicht nur das Drehbuch schuld, obwohl es für sich genommen schon ein Verbrechen darstellt. Auch die SchauspielerInnen müssen zu den Schuldigen gezählt werden: Entweder agieren die Damen und Herren hölzern – Jimmie F. Skaggs als Indianer Buteo – oder sie wirken wie die Muppet-Show auf LSD: ein wohl sehr verzweifelter George Takei als Doc Valentine. Gesundes Mittelmaß findet sich kaum.

Das zugegebenermaßen interessante Setting allein kann den Film dann auch nicht mehr retten, dafür wird zu viel Potential verschenkt. Denn über Kostüme und den Soundtrack gehen die Western-Anleihen nicht hinaus: Sowohl spannende Überfälle auf atomar-betriebene Postkutschen, wie auch zünftige Schlägereien im Saloon sucht man vergebens. Nicht einmal ein ordentliches Revolver-Duell gibt es; kann man sowas eigentlich noch guten Gewissens Western nennen? Was bleibt, ist ein fader Genremix, den man am besten gleich wieder vergißt. Oder man macht es wie mein Kumpel Casi und pennt beim Filmabend einfach nach 10 Minuten weg. Ich kann es ihm nicht verdenken.

Danke für den Beitrag, Don! Merkwürdigerweise hat Casi dir dann beim Aufwachen nicht mal geglaubt, daß er etwas verpaßt hat. Hilft aber nichts: Abschalten oder wegpennen bei solch rezeptpflichtigen Schmerzmitteln ist einfach feige.


OBLIVION 2 funktioniert über seine lange Laufzeit genauso wie eine Folge von LEXX: Überforderte Schauspieler stehen in der Gegend herum und geben schlecht synchronisierten Unfug von sich, während die Kamera statisch draufhält; gelegentliche Gaststars, die ihre Miete zahlen müssen, lassen vergeblich auf übersehene Qualitäten hoffen. Hat sich dann nicht auch die geheime Mine zum Schluß als lebendige Riesenschildkröte entpuppt? Man will ja gar nicht wissen, durch was für Gänge die dann gelaufen sind.


SF-Western haben übrigens noch längere Tradition: Denk mal an OUTLAND von 1981, oder an Michael Crichtons WESTWORLD von 1973. Aber vielleicht meintest du ja grauenhafte SF-Western.



Oblivion 2: Backlash (USA 1996)
Alternativtitel: Badlands / Galaxy Hunter / Kopfgeldjäger und Aliens
Regie: Sam Irvin
Buch: Charles Band, Mark Goldstein, John Rheaume, Greg Suddeth, Peter David
Ausführender Produzent: Charles Band
Darsteller: Richard Joseph Paul, Jackie Swanson, Andrew Divoff, Meg Foster, Isaac Hayes, Julie Newmar, Carel Struycken, George Takei, Musetta Vander, Jimmie F. Skaggs, Irwin Keyes, Maxwell Caulfield, Brent Huff

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Don Arrigone
Als Kind ausgesetzt und im Kloster zum Heiligen Massacesi aufgezogen. Zeigte schon in jungen Jahren Interesse an jeglicher Art von Film, insbesondere aber an den Genres Horror und Thriller. Studium der Theologie, Magisterarbeit zur Darstellung der Nonne im italienischen Film des 20. Jahrhunderts. Priesterweihe, und Beitritt zum Geheimorden der Fratri Rossi. Tod während einer nächtlichen Orgie, aufgrund seines sündigen Lebenswandels hinabgefahren in die Hölle. Gefangen im 9. Zirkel der Unterwelt und somit gezwungen, bis zum jüngsten Tag Videothekenfutter zu rezensieren.

    2 Comments

    1. Feige?! Ich bin meinem Körper und meinem Geist immer wieder auf's Neue dankbar, dass er mich schon bei so manch schlechtem Film (oder Flim, und in der Sprache Don Arrigones zu bleiben) in eine gnädige Ohnmacht sinken ließ. Neben oben beschriebenem Machwerk gehörten dazu auch "Sharknado", "Hitler geht kaputt" (zweifelsohne ein Film, der auch ihre werte Aufmerksamkeit genießen sollte, falls Sie ihn nicht bereits kennen, Herr Genzel), "Inception" oder jüngst "Pakt der Rache". In keinem dieser Fälle war auch nur irgendeine Spur von Feigheit im Spiel; vielmehr führte die Erkenntnis, dass mit dem zweifelhaften Genuss dieser cineastischen Schwerverbrechen wertvolle Lebenszeit verblasen wird, die viel besser zur körperlichen Regeneration genutzt werden könnte, zu einer unbewussten Flucht in Morpheus' Arme.

      Dennoch: Sollten sich unsere Wege wieder einmal kreuzen, können wir gern einen weiteren Versuch starten. Dann aber bitte mit einem anderen Film. Don Arrigone erzählte einmal von der Wiederbelebung einer kannibalistischen Gottheit, deren (Zitat) "Körper aus Schlampen geformt werden muss". Das wäre doch mal einen Versuch wert. Ansonsten kommt nächstes Jahr aber auch eine Neuverfilmung des Blobs (mit Samuel L. Jackson, Regie: Simon West) in die Kinos. Ich freue mich drauf.

      Herzlichst
      Casi

      1. Der Don meint damit sicherlich Jackie Kongs BLOOD DINER, eine wundervoll schräge Horrorkomödie aus dem Jahr 1987. Die ist in ihrer geschmacklosen Schnodderigkeit und ihrem Wahnwitz tatsächlich sogar sehr gut und wird über kurz oder lang auch hier auf dem Dachboden gewürdigt werden.

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