Musik

Transformers – The Album (2007)

Musik, zu der sich Roboter kloppen könnten.

Momentan geht im Kino ja wieder einiges zu Bruch, und viele Menschen beschweren sich hinterher darüber, daß der Film dumm war, weil sie irgendwie erwartet haben, daß ein Michael-Bay-Streifen über Roboter, die sich in Autos verwandeln können und die Welt bedrohen, intellektuell stimulierend ausfallen würde. Passend zum Spektakel der TRANSFORMERS wird freilich eine Soundtrack-Compilation auf den Markt geworfen, die das klangliche Äquivalent zum Blechschaden bietet: Music to watch robots destroy each other by.

So bietet das TRANSFORMERS-Album musikalisch exakt das, was man erwartet: Scheppernde Gitarren, lauter Indie-Rock, ein wenig Elektronik, viel Brachiales und wenig Langsames. Vorne sind die ganzen großen Namen, weiter hinten dann unbekanntere Acts: Eingestiegen wird mit Linkin Park und ihrer neuen Single „What I’ve Done“ (prinzipiell kein übermäßig aufregender Song, aber dafür ein rechter Ohrwurm), danach die Smashing Pumpkins mit „Doomsday Clock“ von ihrem Wir-nennen-es-spaßeshalber-Reunion-Album ZEITGEIST. Nichts Exklusives also, aber dafür solider Breitwandrock, dessen Subtilität sich dem der filmischen Vorlage angleicht.

Eigentlich gibt es auf dem Album nur zwei verzichtbare Tracks: Die Baukasten-Powerballade „Before It’s Too Late“ von den Goo Goo Dolls (gleichzeitig die ausgekoppelte Single aus der vorliegenden CD) und der dräuerliche Schauergoth von HIM („Passion’s Killing Floor“). Umgekehrt heißt das aber, daß von 12 Tracks zehn Laune machen – kein schlechter Schnitt für eine willkürlich zusammengewürfelte Compilation. The Used drücken auf’s Screamo-Gaspedal („Pretty Handsome Awkward“), Disturbed schmieden kraftvolles Metall („This Moment“), die Ross-Robinson-produzierte Indie-Band Idiot Pilot sägt mit Energie durch „Retina and the Sky“. Schwer unterhaltsam auch „Second to None“ von Styles of Beyond mit Gastauftritt von Mike Shinoda – sicherlich ist ihm bei seinem Hauptgig Linkin Park momentan dank Wegrationalisierung der Raps langweilig – sowie der Elektro-Cyborg-Rock’n’Bass von Orgy-Seitenprojekt Julien-K: Beide Tracks katapultieren einen zurück ins Jahr 2000, wo exakt diese Klänge gerade richtig modern waren.

Natürlich hat die Zusammenstellung der CD wenig mit dem tatsächlichen Leinwandspektakel zu tun. Diverse Stücke tauchen erst gar nicht im Film auf, die meisten anderen erklingen kurz im Radio oder sind über den Abspann gepflastert. Nüchtern betrachtet wäre jeder andere Querschnitt durch Aggro-Rock, Elektronik und NuMetal ebenso tauglich, als TRANSFORMERS-Album durchgehen zu können. Tauscht im Plattenladen mal die CDs von TRANSFORMERS und DAREDEVIL aus – es wird niemand merken.

Aber da wollen wir mal nicht quengeln: Die „Inspired-by“-Zusammenstellungen gehören mittlerweile zum Spiel, und was zählt, ist einfach nur, ob die Compilations gute Musik bieten und als Album funktionieren. Und da kommt selbst bei den TRANSFORMERS kein Schrott heraus.

Dieser Text erschien zuerst am 23.8.2007 bei Fritz!/Salzburger Nachrichten.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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