Hundert Jahre alte Spiele!

Uncategorized / 28. September 2005

Jaja, ich weiß schon – ich blogge auch immer seltener. Das liegt vielleicht daran, daß man, je mehr man sich an Arbeit aufspart, immer weniger Lust hat, diese abzuarbeiten. Bei all den Filmreviews, Kommentaren, Spinnereien und sonstigen Geschehnissen der letzten Zeit hätte ich da eine gute Woche durchzubloggen. Vielleicht ist der Grund aber auch der, daß ich jeden Tag ganz brav ein bißchen am SCHLAFLOS-Schnitt sitze, dann ein bißchen übersetze, ein paar (zumeist geschäftliche) eMails erledige und mich dann freue, nichts mehr tun zu müssen.

Egal! Schon lange wollte ich – angeregt durch den Nostalgie-Trip, den ich mit Schwarz beim Schmuggler vor den spöttischen Augen der Bloggerin Tarmina (Name v.d.Red. geändert) begonnen habe – über die Freuden des guten alten Commodore 64 bloggen. An diesem verhängnisvollen Tag schwärmten wir einmal wieder von den alten Zeiten, und weil unsere Erinnerungen an den Klassiker IMPOSSIBLE MISSION so greifbar waren, hab‘ ich am Abend dann den C64 angeworfen, die Disk hervorgekramt und mich der ersten Fremdsprache bedient, die ich damals gelernt habe: Basic.

LOAD“MISSION BOOT“,8,1

So hieß das früher, wenn man etwas laden wollte. Man mußte dann noch RUN eingeben, damit der Computer auch weiß, daß man nicht etwa das Listing ansehen möchte oder einfach nur spaßeshalber die Floppy beschäftigt hat. Nur wenige Minuten später – was war Spielen damals noch gemütlich, wenn jedes Nachladen 5 Minuten dauert! – baut sich das Spiel auf, und ich bin mittendrin. In meiner Kindheit nämlich.

Das erste Spiel verlief eigentlich nicht so toll – da hab‘ ich eher wie meine letzte Unterhose gespielt. Der zweite Anlauf aber war wie beim Fahrradfahren: Man verlernt das wirklich nicht. Die korrekten Bewegungen und Spiel-Strategien waren quasi im Unterbewußtsein vergraben – das funktioniert ohne Nachdenken. Und, Mann, was erinnert mich dieses Gelb an meine Zeit im Büro meines Vaters, in einem geräumigen Kellerraum in Espenau, wo ich mit 6 Jahren wochenlang vor diesem Spiel saß.

Geschafft hab‘ ich das Ding damals nie. Nachdem man alles abgegrast hat, muß man irgendwelche blöden Puzzleteilen zusammenstecken, und das hab‘ ich nie gerafft, weil’s einem keiner erklärt. Nachdem sich Schwarz aber an die richtige Strategie erinnern konnte, hab‘ ich mich lange hingesetzt und das Ding endlich durchgespielt. Hat ja bloß 21 Jahre gedauert!

Mal sehen, als nächstes könnte ich mir KATAKIS oder ARMALYTE oder irgendein anderes Spiel vorknöpfen, das ich damals nie zu Ende gebracht habe …

Schwarz himself wollte dann übrigens auch in die Nostalgie abtauchen, und er kommt jetzt regelmäßig vorbei und zockt bei mir IMPOSSIBLE MISSION. Mit ein bißchen Übung darf er sich vielleicht auch bald in die Highscore-Liste eintragen, in der noch meine Highscores von vor 20 Jahren stehen. Wird schon noch, Kollege Schwarz.

Die Überraschung bei uns beiden ist die: Das Spiel ist wirklich gut. Und das nicht nur wegen der Nostalgie. Es ist sauschwer, aber auch immer noch immens spaßig.

In der Computerbranche ist ein Jahr ja wie 5 Jahre im Kino. Ein Spiel von 1984 entspricht also ungefähr einem 105 Jahre alten Film. So ähnlich kommt es einem vor, die Minimal-Grafiken zu sehen und dem Schmalspur-Sound zu lauschen. Aber hier wie dort halten sich manche Klassiker einfach, weil sie etwas Besonderes sind und immer noch begeistern können.

1988 kam übrigens ein Nachfolger – IMPOSSIBLE MISSION II. Den habe ich damals sogar gekauft (mal ehrlich, kennt ihr jemanden, der sich Spiele für den C64 gekauft hat?) und durchgespielt. Gnadenlos. Der Schwierigkeitsgrad war so angelegt, daß Menschen, die den ersten Teil im Schlaf beherrschen, beim zweiten ordentlich ins Schwitzen geraten.

Das werd‘ ich mir demnächst mal wieder vorknöpfen. Mal sehen, wie lange ich hierfür brauche – aber wenigstens weiß ich, daß ich es eigentlich ja schon mal geknackt habe. Schwarz, der die Fortsetzung noch nicht kannte, hat übrigens beim Testspiel schwer abgelost und widmet sich jetzt doch nur dem ersten Teil.

Weil’s schon wieder so lang wird, hebe ich mir die Erzählungen über GHOSTBUSTERS, über AZTEC CHALLENGE, über JUMPMAN und die anderen Klassiker für einen anderen Eintrag auf.

Auf den guten alten Commodore.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, handelte von einem Schriftsteller, der eine junge Frau entführt, weil er sie als Inspiration für sein Buch braucht. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, unter anderem für Film & TV Kamera, Celluloid, GMX, den All-Music Guide, 35 Millimeter, Neon Zombie und Salzburger Nachrichten. Er hält Vorträge zu Filmthemen und kuratierte 2014 an der Universität Salzburg eine Filmreihe zum Thema "Erster Weltkrieg".





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